Wie angelt man sich einen Vampir
in seinem Labor daran: an einer Rezeptur, die es einem Vampir ermöglichen würde, wach zu bleiben und auch am Tag seine Stärke zu behalten. Man würde immer noch die brennenden Strahlen der Sonne vermeiden müssen, aber auch so war es eine bedeutsame Errungenschaft. Roman stand kurz vor einem Durchbruch. Wenn er Erfolg hatte, könnte er die Welt der Vampire für immer verändern.
Er könnte fast so tun, als sei er am Leben.
Er sah Shanna an, die in süßer Ahnungslosigkeit dahinschlummerte. Wie würde sie reagieren, wenn sie die Wahrheit über ihn erfuhr? Konnte sie so tun, als sei er lebendig, oder würde die Tatsache, dass er ein toter Dämon war, für immer einen Pflock zwischen sie treiben? Er sackte hinter seinem Schreibtisch zusammen, spürte, wie seine Energie ihn schnell verließ. Es konnte die Sonne sein, die das verursachte, aber er hatte den Verdacht, dass es auch an der Depression lag. Er hatte furchtbare Angst vor dem schreckerfüllten Blick, der auf Shannas Gesicht erscheinen würde, wenn sie die Wahrheit erfuhr.
Scham. Schuld. Gewissensbisse. Es war so ungerecht. Er konnte sie nicht mit hineinziehen. Sie verdiente es, ein glückliches Leben zu führen.
Er nahm sich einen Stift und ein leeres Blatt Papier. Radinka, schrieb er an den Anfang. Seine Sekretärin würde den Zettel auf seinem Schreibtisch finden, wenn sie nach Nachrichten sah. Kauf alles, was Shanna benötigen wird. Größe 42. 80B. Ich will ... Seine Hand fuhr nur langsam über das Papier. Seine Augenlider wurden schwer. ...Farben. Kein Schwarz. Nicht für Shanna. Sie war Sonnenschein - den er schmerzlich vermisste, aber nie erreichen konnte. Sie war wie ein Regenbogen, voller Farben und dem süßen Versprechen auf Hoffnung. Er blinzelte und sah sich das Papier noch einmal an. Und besorg ihr Brownies. Er ließ den Stift fallen und erhob sich schwerfällig.
Mit einem Stöhnen nahm er Shanna in seine Arme. Er schleppte sich aus dem Büro bis an den Treppenabsatz. Langsam begann er den Abstieg, eine Stufe zur Zeit. Am Absatz blieb er kurz stehen, um sich auszuruhen. Sein Blickfeld verschwamm, als versuchte er, einen langen Tunnel hinunterzusehen.
Jemand kam die Treppe hinauf.
„Guten Morgen, Sir", wurde er von einer fröhlichen Stimme begrüßt. Es war Phil, ein Mitglied der Tageswachtruppe aus Sterblichen, die ebenfalls für MacKay Security and Investigations arbeiteten. „Normalerweise sind Sie um die Zeit nicht mehr auf den Beinen."
Roman öffnete den Mund, um zu antworten, aber er brauchte jedes bisschen seiner verbleibenden Kraft, um Shanna nicht fallen zu lassen.
Die Wache machte große Augen. „Stimmt etwas nicht? Brauchen Sie Hilfe?" Er rannte die Treppen hoch. „Blaues Zimmer, vierter Stock", keuchte Roman. „Kommen Sie, lassen Sie mich." Phil nahm Shanna auf den Arm und ging die Treppe wieder in den vierten Stock hinunter.
Roman stolperte ihm nach. Gott sei Dank konnte er dieser Tagestruppe vertrauen. Angus MacKay bildete sie gut aus und bezahlte sie noch besser, damit sie den Mund hielten. Sie wussten genau, was für Kreaturen sie beschützten. Es war ihnen egal. Laut Angus waren auch einige von ihnen Kreaturen.
Phil hielt vor einer Tür im vierten Stock an. „Ist dies das richtige Zimmer?" Als Roman nickte, drehte er den Türknauf und drückte die Tür mit dem Fuß auf.
Sonnenlicht fiel durch den offenen Türrahmen. Roman hielt erschreckt inne. „Die Rollläden", flüsterte er. „Ich mach' schon." Phil eilte in das Zimmer.
Roman wartete. Er lehnte sich gegen eine Wand, außer Reichweite des Streifens aus Sonnenlicht, der auf den Flurteppich fiel. Oh, Blut Gottes, er war müde genug, um im Stehen einzuschlafen. Bald hörte er ein metallisches Klicken, und der Sonnenstrahl verschwand. Phil hatte die dicken Aluminiumrollläden vor dem Fenster geschlossen.
Roman stolperte vorwärts, bis er die Tür erreichte. Dort sah er, dass Phil Shanna auf dem Bett abgelegt hatte. „Kann ich noch etwas tun, Sir?" Phil kam auf die Tür zu. „Nein. Danke." Roman stürzte in das Zimmer und hielt sich an einem Kleiderschrank fest. „Dann einen guten Morgen - oder besser, gute Nacht." Phil sah ihn zweifelnd an und schloss die Tür hinter sich.
Roman schwankte auf das Bett zu. Er konnte Shanna nicht mit Schuhen schlafen lassen. Er zog ihr die weißen Nikes aus und ließ sie auf den Boden fallen. Auch den schmutzigen Arztkittel musste sie loswerden. Er beugte sich vor und brach fast über ihr zusammen. Er schüttelte den Kopf.
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