Wie ausgewechselt
im Grunde erledigt. ›Ich habe vielleicht eine Scheiße gebaut‹, hat er zu mir am Telefon gesagt. ›Das glaube ich auch, dass du Scheiße gebaut hast‹, habe ich geantwortet, ›das kannst du nie wieder gutmachen. Wie kannst du so was über mich behaupten?‹ Da jammerte er: ›Assi, ich war ja so von der Rolle.‹ Darauf konterte ich: ›Vielleicht warst du die ganze Nacht unterwegs.‹ Am Ende des Gesprächs habe ich akzeptiert, dass er sich entschuldigt hat.«
Wieso konnte Assauer Wontorra so schnell verzeihen?
»Bei bestimmten Menschen bin ich lange nachtragend. Aber ich habe ein großes Sportlerherz. Warum soll ich einen wie Wontorra abschießen? Dann lieber nachdenken, was klüger ist. Denn da draußen gibt es viele Ratten. Viele, die versuchen, einem ans Bein zu pinkeln. Ich hätte nach diesem Vorfall mit Wontorra ja sagen können: Der fliegt raus, der Kerl. Die Leute vom Fernsehsender haben mich angerufen und gesagt: ›Herr Assauer, Sie können entscheiden. Wenn Sie sagen: weg, dann fliegt er.‹ Dann habe ich die Herren vom DSF gefragt: ›Was für Chancen hätte der noch, wenn er raus wäre?‹ Die Antwort lautete: ›Keine mehr in Deutschland.‹ Später habe ich mich über meine damalige Milde geärgert, habe durch ihn durchgeguckt, wenn wir uns getroffen haben. Eines Tages in Bremen lief er mir im Weser-Stadion über den Weg und wollte einen auf Kumpel machen. Ich sagte zu ihm: ›Freunde werden wir zwei nicht mehr. Ich habe dir damals den Arsch gerettet. Jetzt geh du deinen Weg und ich meinen.‹ Dann habe ich mich weggedreht.«
Nach dem Rauswurf bei Schalke arbeitet Assauer als Vorstandsmitglied der GelsenTrust Beratungs- und Beteiligungsaktiengesellschaft mit Sitz in Gelsenkirchen. Die fünf Jahre zuvor gegründete Aktiengesellschaft übernimmt klassische Beratungstätigkeiten bei Finanzierungen und Börsengängen. Als Kleinunternehmer unter dem Namen »Assauer-Sportmanagement« verschreibt er sich der Beratung junger Fußballer, hilft Talenten bei ihrem Karriereweg. Endlich kann er sich seine Zeit selbst einteilen.
»14 Stunden tägliche Maloche wie zuvor – das wollte ich mir nicht mehr antun. Nun wollte ich jungen Spielern dabei helfen, Profi zu werden. Wichtig ist, dass ihnen einer sagt, wo es langgeht. Oft sind es auch die Eltern, die rumspinnen. Zudem gibt es viele Berater, die nur auf das schnelle Geld fokussiert sind. Ich habe zum damaligen Zeitpunkt meinem Job keine Spur nachgetrauert. Die haben mir zwar ein Stück meines Herzens rausgerissen, aber die Fans begrüßten mich bei jedem Heimspiel überschwänglich. Ich hatte Angebote von anderen Vereinen, die ich selbstverständlich abgelehnt habe. Mein Herz schlägt auf ewig nur für Schalke.«
»Mir war klar, dass er zu keinem anderen Verein mehr als Manager gehen würde«, sagt Huub Stevens im Rückblick, »was da passiert ist, tat mir weh und vor allem für Rudi leid – auch aus der Ferne betrachtet, da ich damals Trainer in der niederländischen Liga bei Roda Kerkrade war. Solch einen Abschied hat niemand verdient. Das Fußballgeschäft ist so unglaublich hart, es zählt beinahe nur die Gegenwart. Damals habe ich Männi – wie ich ihn nannte – sofort angerufen und ihm gesagt: ›Lass dich nicht ärgern, und tu mir einen Gefallen: Bleib, wie du bist.‹ Das ist ihm gelungen. Nur die Demenzerkrankung hat ihm zugesetzt.«
Ende Juli 2006 holt Rudi Assauer dann seine Sachen und persönlichen Unterlagen aus seinem ehemaligen Büro im dritten Stock der Geschäftsstelle des FC Schalke. Seine langjährige Sekretärin Sabine Söldner wird ebenfalls entlassen und bekommt eine Anstellung im Büro von Assauers neuer Firma.
Der neue Manager Andreas Müller, erst Assauers Auszubildender und später sein Kompagnon, muss fortan sein eigenes Profil schärfen. Er braucht den Erfolg, um aus dem Schatten seines charismatischen Vorgängers zu treten. Plötzlich kämpft er an der Front und sieht sich in der Verantwortung für die Schalker Personalpolitik. Doch auch Müllers Mission ist nur von begrenzter Dauer. Insgesamt 21 Jahre gehört er als Spieler, Komanager und Manager dem Traditionsklub an, im März 2009 wird er schließlich nach einem sportlichen Tief der Schalker Mannschaft von Clemens Tönnies zum Rapport bestellt. Danach bestätigt der Verein die Trennung. Tönnies erklärt: »Herr Müller ist beurlaubt. Das ist ein einstimmiger Aufsichtsratsbeschluss. Wir haben ihm den Rücktritt nahegelegt.« Anders als Assauer drei Jahre zuvor
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