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Wie ausgewechselt

Wie ausgewechselt

Titel: Wie ausgewechselt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rudi Assauer , Patrick Strasser
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Techniker, in beiden Partien mit Abstand der beste Mann auf dem Platz – den wollten wir unbedingt haben, der Mann war ja eine Sensation. 1997 klappte Mandiralis Wechsel noch nicht, aber ein Jahr später haben wir ihn verpflichtet – für schlappe sieben Millionen DM. So viel Geld hatte der FC Schalke bis zu diesem Tag noch nie an Ablöse bezahlt. Allein die Verhandlungen stellten sich als Abenteuer heraus. Der Junge hatte Tausende Berater, jeder wollte was – mitmischen oder Kohle haben. Wir haben es trotzdem durchgezogen. Ich habe mich noch zu dem Spruch verleiten lassen, der mir dann lange nachhing: ›Hami möchte der erste Türke sein, der sich im Ausland durchsetzt.‹ Er war ein feiner Kerl, aber es lief sportlich nicht bei ihm, auch beim Schalker Publikum kam er nicht an. Ihn plagte Heimweh, sein Vater starb – ein schwerer Schicksalsschlag. Ich erinnere mich noch, dass wir ihm zu Hilfe sogar den Amateurspieler Ünal Alpugan in die erste Mannschaft hochgezogen haben, einen Landsmann als Dolmetscher. Und was passierte? Der Amateur Alpugan kämpfte sich in die Stammelf. Wir haben gemerkt: Es macht keinen Sinn mehr mit Hami. Und der jammerte immer, er könne nicht der Hami aus der Türkei sein mit allen Freiheiten im Spiel. Das gab’s bei Huub Stevens natürlich nicht, da musste er auch defensiv malochen – das kannte er nicht. Nur drei Tore in 22 Spielen, das war zu wenig. Schon am Ende der ersten Saison bat er mich, ihn aus dem Dreijahresvertrag herauszulassen. Ich war einverstanden. Er wechselte zurück zu Trabzonspor, in seine Heimat ans Schwarze Meer. Immerhin 4,5 Millionen DM haben wir noch bekommen beim Rücktransfer – alles in allem aber für uns ’ne teure Nummer.«
    Als Assauers Königstransfers gelten Olaf Thon und Andreas Möller, den er im Jahr 2000 direkt vom Erzrivalen Borussia Dortmund verpflichtet. Thon wird dank Assauer sogar zweimal Schalker. Er entdeckt den Teenager Anfang der 80er und holt ihn 1994 vom FC Bayern zurück.
    Thon ist Schalker durch und durch. Ein Kind des Ruhrgebiets wie Assauer – nur aus einer anderen Zeit. Ab Anfang der 80er-Jahre ist das traditionelle, industriell geprägte Ruhrgebiet in seiner ursprünglichen Form nicht mehr das, was es während Assauers Jugend war. Die Industrieanlagen schrumpfen nach und nach, es setzt ein Strukturwandel von der Produktions- zur Dienstleistungsgesellschaft ein. Die maroden, verdreckten Straßen und Hinterhöfe werden nach und nach saniert, Städte wie Gelsenkirchen dadurch aufgewertet. Als Rudi Assauer ein Kind war, konnte er noch auf der Straße kicken – zu viele Autos gab es ja nicht. 30 Jahre später in den 80ern gibt es diese Hinterhöfe kaum noch, in denen auf grobem Aschenbelag oder auf Kopfsteinpflaster gebolzt wird. Die Garagenhöfe sind asphaltiert und Grünanlagen errichtet, stattdessen werden nun Bolzplätze gebaut. Und die Fußballvereine suchen gezielt nach Talenten, dem Zufall wird immer weniger überlassen.
    In diesem neuen Milieu wächst Olaf Thon auf, der am 1. Mai 1966 in Gelsenkirchen, Stadtteil Beckhausen, geboren wird. Mit sechs Jahren beginnt er im Verein seines Vaters, dem STV Horst-Emscher, mit dem Kicken. Am Sportplatz an der Braukämperstraße spielt man auf roter Asche, die Andenken daran kann er immer noch betrachten. »Ich hatte die Seiten meiner Beine regelmäßig offen, darum sehen die bis heute sehr dunkel aus. Bei Endspielen um die Kreismeisterschaft gegen Schalke durften wir auch mal auf den Rasen. In den Partien wollte man auf sich aufmerksam machen, darum hatte ich schon mit zehn, elf, zwölf einige Probetrainingstage bei den Königsblauen.«
    Als Thon 14 Jahre alt ist, meldet ihn sein Vater Günther, 1967 selbst Deutscher Amateurmeister, beim FC Schalke an, dort pöhlt man auf schwarzer Asche. Je ein Jahr in der B- und A-Jugend, dann feiert der 17-Jährige, von Rudi Assauer zu den Profis geholt, im August 1983 sein Zweitligadebüt – als jüngster Spieler der Vereinshistorie. Nebenbei macht er bei den Stadtwerken seine Ausbildung zum Hochdruckschlosser, die er nach einem Jahr abbricht – eine Parallele zu Assauer, dem gelernten Stahlbauschlosser. »Es war Assauer, der mich ans Händchen genommen und beschützt hat und sich um meine ersten Mücken gekümmert hat« , erinnert sich Thon.
    Auf Anhieb wird das Riesentalent Stammspieler und Leistungsträger im Mittelfeld. Sein Stern geht dann so richtig mit einer Partie auf, in der Thon nicht einmal als Sieger vom Platz geht: dem 6 : 6 nach

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