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Wie Blueten Am Fluss

Wie Blueten Am Fluss

Titel: Wie Blueten Am Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
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daß der Mann von furchtbaren Erinnerungen heimgesucht wurde; vielleicht war es etwas, das
    er getan oder zu tun versäumt hatte und dem noch kein erlösendes Vergessen beschieden worden war.
    Was war an jenem schicksalsschweren Tag geschehen, von dem er ihr nichts erzählt hatte? Welche
    furchtbaren Dinge waren, abgesehen von dem Tod einer jungen Frau und Mutter, an jenem Tag
    vorgefallen, die die Macht hatten, die Seele eines Menschen schier zu zerreißen und ihn von
    schwärendem Zorn erfüllt zurückzulassen?
    Das Grübeln über die vielen Möglichkeiten erschöpfte Shemaine total, denn auf ihre Fragen waren
    keine einfachen Antworten zu finden. Mit einem gequälten Seufzer legte sie einen Arm um Andrew,
    zog die Decke über sich und überließ sich der Schläfrigkeit, die sie unwiderstehlich überfallen hatte.
    Ramsey Täte näherte sich der Werkstatt und kündigte sein Eintreten mit einem leisen Klopfen an. Als
    aus dem Inneren der Hütte ein gedämpfter Ruf kam, trat er beherzt ein und zog die Tür leise hinter
    sich zu. Sein Arbeitgeber starrte tief in sich versunken und mit finster zusammengezogenen Brauen
    aus einem der Fenster, und als ihn, Ramsey, ein durchdringender, harter Blick traf, war er sich
    keineswegs sicher, daß seine Anwesenheit an diesem Ort erwünscht
    war.
    »Sly und die anderen haben Angst, hierherzukommen, weil sie glauben, sie würden dich vielleicht
    stören«, sagte der ältere Mann behutsam. »Sie haben mich vorgeschickt, damit ich frage, ob wir uns
    wieder an die Arbeit machen sollen.«
    Gage schnaubte gereizt und warf seinem ersten Gesellen einen noch finstereren Blick zu. »Na, was
    denkst du denn?«
    Ramseys buschige Brauen zuckten in die Höhe. »Na, ich habe den Männern gesagt, daß du gewiß
    möchtest, daß die Arbeit wie gewohnt weitergeht, ganz gleich, wie düster und grimmig deine
    Stimmung sein mag. Ich brauche wohl nicht zu erklären, wie sehr du die junge Frau erschreckt hast.
    Sie dachte, sie hätte dich irgendwie gekränkt, bis Gillian ihr erklärte, daß du nur um deine Frau
    trauerst.«
    Gage schenkte dem Hinweis auf Shemaine absichtlich keine Beachtung. Er wußte besser als irgend
    jemand sonst, daß er das Mädchen erschreckt hatte. Aber der Anblick seiner jungen Dienerin, wie sie
    sich da über den Bug beugte, hatte sich mit quälenden Visionen von Victoria, die dasselbe getan hatte, in sein Gehirn gebrannt. Einen flüchtigen Augenblick lang hatte sich die Wirklichkeit mit einem Netz peinigender Illusionen verwoben, und er durchlitt im Bruchteil einer Sekunde noch einmal die Szene
    ihres Todes, gefoltert von diesen grausam lähmenden Bildern, die sich seit dem Tod seiner Frau
    beharrlich gehalten hatten, die ihn aus den Tiefen des Schlafs rissen und ihn wie ein Tier im Käfig in seinem Zimmer auf und ab laufen ließen. Nur war es diesmal Shemaine gewesen, die in dem Alptraum hilflos auf die Steine unten prallte, während er selbst alles von oben mit angesehen hatte.
    »Meine Laune hat nichts mit meinen Erwartungen zu tun«, gab Gage schließlich zurück. »Ich erwarte,
    daß die Männer heute ge—
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    nauso arbeiten wie an jedem anderen Tag und mir einen gerechten Gegenwert für ihre Löhne geben.
    Ich habe mir angesehen, welche Hölzer sie für die neuen Möbel ausgewählt haben, und ich denke, daß
    da hinsichtlich der Maserung noch viel im argen liegt. Ich ziehe Knollenmaserung für die Türen vor,
    und auch das Holz für die Schubladen muß dazu passen.«
    »Vielleicht willst du uns zeigen, wie es werden soll«, meinte Ramsey freundlich. Er wußte, daß weder
    er noch einer der anderen Arbeiter sich das fertige Produkt so gut vorstellen konnten wie der Meister.
    Ihm war auch bewußt, daß Arbeit ein gutes Heilmittel gegen das war, was Gage Thornton quälte,
    zumindest, bis er beschloß, sich eine Frau zu nehmen.
    »Ruf die Männer rein«, verlangte Gage. »Ich zeige ihnen, was ich will.«
    »Die Morgans auch?« fragte Ramsey unsicher. »Sie werden wissen wollen, ob du heute noch an dem
    Schiff weitermachst.«
    »Flannery muß einige Planken auswechseln«, entgegnete Gage knapp. »Dabei braucht er meine Hilfe
    nicht.«
    Als der Mann schließlich wieder ging, fuhr Gage sich mit der Hand über die Augen und stieß einen
    unglücklichen Seufzer aus. Mit reiner Willenskraft gelang es ihm schließlich, seine Gedanken von
    dem quälenden und allzu realistischen Trugbild, wie Shemaine in den Tod stürzte, loszureißen. Es
    blieb ihm nur, sich abermals zu fragen,

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