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Wie Blueten Am Fluss

Wie Blueten Am Fluss

Titel: Wie Blueten Am Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
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vorstellte. In Ramsey Täte erkannte Shemaine den Mann, der
    ihrem Herrn, am Tag nachdem er sie gekauft hatte, draußen vor der Tischlerei geholfen hatte. Sly
    Tucker, ein großer, ziemlich beleibter Mann mit rotblondem Haar und buschigem Bart, war ein
    weiterer ausgebildeter Zimmermann. Die beiden Lehrlinge waren mit vielleicht zwei-oder
    dreiundzwanzig Jahren ungefähr gleich alt. Einer davon war ein Deutscher namens Erich Wernher, ein
    junger Mann mit ebenmäßigen Gesichtszügen, dunklem Haar und dunklen Augen; der andere war
    Tom Whittaker, ein gutaussehender Siedler mit lohfarbenem Haar und grauen Augen. Flannery
    Morgan war ein bereits ergrauter älterer Herr mit fast so vielen Falten in seinem wettergegerbten
    Gesicht, wie der Nachthimmel Sterne hatte. Und er verfügte über einen beißenden Witz, der den
    anderen unwiderstehlich schallendes Gelächter abnötigen konnte.
    Sie alle behandelten Shemaine mit dem Respekt, der einer Dame zukam; Shemaine schrieb das
    zweifellos der Hochachtung zu, die sie ihrem Arbeitgeber entgegenbrachten. Da sie ein Tischtuch
    mitgebracht hatte, beeilten die Männer sich nun, einige Bretter über
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    Böcke zu legen, und halfen anschließend, Teller und Tassen auf der notdürftigen Tafel zu verteilen.
    Da Sly Tucker bei seltenen Gelegenheiten auch als Laienprediger fungierte, fiel ihm die Aufgabe zu,
    das Tischgebet zu sprechen. Schon bald wurde überschwengliches Lob laut, als die Arbeiter den
    Eintopf kosteten, den sie mit Kartoffeln aßen; über das Brot fielen sie mit wahrem Heißhunger her.
    Der Krug mit dem kühlen Apfelwein wurde mehrmals herumgereicht, um die Zinnbecher zu füllen
    und den Durst der Männer zu löschen. Als schließlich der Gewürzkuchen auf den Tisch kam, konnten
    einige von ihnen nur noch in gespielter Qual stöhnen.
    Zum ersten Mal, seit Gage Thornton sie gekauft hatte, war Shemaine in der Lage, die Portion, die sie
    auf ihren Teller gegeben hatte, auch zu bewältigen, aber die Speisen lagen ihr nachher doch recht
    schwer im Magen und machten sie müde. Sie hätte nichts lieber getan, als Andrew zu seinem
    Mittagsschläfchen in die Hütte zurückzubringen, aber es war unübersehbar, daß der Junge, solange
    Gillian in der Nähe war, nicht ohne weiteres bereit sein würde, schon so bald aufzubrechen.
    Gage hatte sich auf ein geschlossenes Faß, gefüllt mit Nägeln, am Ende des provisorischen Tisches
    gesetzt, und als er schließlich seinen Teller von sich schob, kippte er das Fäßchen leicht zurück und
    lehnte sich gegen das noch rauhe Holz der Reling. Aus diesem Blickwinkel konnte er seine Männer
    einen nach dem anderen betrachten und mit eigenen Augen sehen, wie sehr sie das Mahl genossen. In
    diesem Augenblick hätte Shemaine eine warzenverunstaltete alte Kröte sein können, dachte er, und
    seine Männer hätten sie trotzdem bewundert, allein für ihre Kochkunst.
    Gage gönnte seinen Männern ein paar Augenblicke der Ruhe, bevor sie sich wieder an die Arbeit
    machten, denn es lag auf der Hand, daß sie nach einem so herzhaften Essen eine kleine Pause
    benötigten. Den jüngeren Männern teilte man die Aufgabe zu, das schmutzige Geschirr, den leeren
    Topf und die spärlichen Essensreste zur Hütte zurückzubringen. So konnte Shemaine noch einige
    Minuten mit Andrew an Bord bleiben. Sie wanderte mit dem Jungen umher, sah sich um und
    bewunderte die vollendete Handwerkskunst. Gage sprach unterdessen über die Probleme, die sie mit
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    chend abgelagerten Krummhölzern hatten, die Gillian unlängst aus dem Schuppen geholt hatte.
    »Diese elenden Dinger werden uns in Stücke brechen, noch bevor die Woche rum ist, Käpt'n. Wir
    müssen die Dinger bald rausnehmen und durch andere ersetzen«, riet Flannery Morgan seinem
    Arbeitgeber.
    »Wenn es getan werden muß, dann tun Sie's«, erwiderte Gage mit schlichter Logik. »Es sieht so aus,
    als hätten wir keine andere Wahl.«
    Andrew erspähte eine Möwe, die niedrig über dem Vorschiff kreiste, und lief los, um sie zu fangen.
    Shemaine eilte hastig hinter ihm her, aber der Junge kletterte bereits geschwind wie eine kleine Maus
    über die ersten Balken. Der Vogel schwebte verlockend dicht über ihm, als wolle er den Kleinen
    foppen. Obwohl sie Mühe hatte, ihre eigene Trägheit zu überwinden, stolperte Shemaine hinter ihm
    her, sprang über Balken und Streben und versuchte, den Jungen nicht aus den Augen zu verlieren. Es
    erstaunte sie, daß ein so kleines Kind über solche Energie

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