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Wie Blueten Am Fluss

Wie Blueten Am Fluss

Titel: Wie Blueten Am Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
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hatte. Nachdem er sich flüchtig abgetrocknet hatte, legte er sich das Leinentuch um den Hals. Im Gehen griff er nach seinen abgelegten Kleidern. Shemaine wandte sich um und schlüpfte ohne einen Laut in die Hütte zurück. Sie war bereits wieder auf dem Dachboden, als sie die
    Dielenbretter im Flur knarren hörte. Bei dem Gedanken, daß er nun vielleicht die Treppe
    hinaufkommen werde, begann ihr Herz
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    zu rasen. Dann bewegte sich der Lichtschein, der bis auf den Dachboden heraufgedrungen war, weiter,
    und sie erkannte, daß Gage nur in den Flur zurückgekehrt war, um die zweite Kerze zu holen die er
    kurz zuvor entzündet hatte. Mit zitternden Knien und bohrender Enttäuschung ließ sie sich auf ihr Bett sinken.
    13-Kapitel
    In der Hütte war es ungewöhnlich still. Andrew hielt seinen Mittagsschlaf, und sein Vater war mit
    seinen Männern in der Werkstatt. Drei Tage waren verstrichen seit ihrem Ausflug ins Dorf. Nachdem
    Shemaine mit ihrer Stopfarbeit fertig war, schlich sie auf Zehenspitzen in das Zimmer des Jungen, um
    nach ihm zu sehen. Er schlief fest und kuschelte sich an das Stoffkaninchen, das sie für ihn gemacht
    hatte. Sein Atem ging in tiefen, gleichmäßigen Zügen, und es war wohl nicht damit zu rechnen, daß er
    sehr bald erwachen würde.
    Also trug Shemaine einen kleinen Korb mit schmutziger Wäsche zum Bach vor der Hütte, kniete
    neben einem Felsen in der Nähe des Wassers nieder und begann die dreckverkrusteten Knie von
    Andrews Hosen zu schrubben. Das Zwitschern der Singvögel klang wie ein freudiges Lied auf den
    Frühling. Mit einem glücklichen Seufzer hockte sie sich hin und ließ den Blick über die Baumwipfel
    gleiten, um in Erfahrung zu bringen, welch fremde und wunderbare Vögel dieses Land bewohnten und
    den Tag mit einer solch süßen Melodie füllten. Ihr Geträller verschmolz mit dem sanften Gurgeln des
    Bachs, als leite ein meisterlicher Dirigent das Orchester. Kleine Vögel flatterten zwischen den
    Zweigen der Bäume hin und her, während Scharen von Enten und Gänsen mit stetigem Flügelschlag
    nach Norden zogen. Schneeweiße Silberreiher durchmaßen träge die Höhen oder stolzierten auf der
    Suche nach etwas Eßbarem das Flußufer entlang.
    Shemaine atmete die würzige Luft tief ein und erquickte sich an der Heiterkeit der üppiggrünen
    Lichtung. Hoch über dem dichten Geäst der Kiefern und frisch ergrünenden Eichen segelten flauschig
    weiße Wolken über einen azurnen Himmel wie stolze Schiffe übers Meer. Auf der anderen Seite des
    Baches näherte sich aus einem Dickicht vorsichtig ein junger Hirsch, aber als er sie erspähte,
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    drehte er sich um und sprang hastig in die Richtung zurück, aus der er gekommen war.
    In dieses Paradies drang nun das gedämpfte Wiehern eines Pferdes, und Shemaines Neugier war sofort
    geweckt, denn das Geräusch kam aus den Tiefen des ergrünenden Waldes und nicht von der Koppel
    hinter der Hütte. Sie blickte aufmerksam in die beblätterten Schatten, bis ihre Augen sich an die
    Düsternis gewöhnt hatten. Ein weiteres Wiehern drang an ihre Ohren und lenkte ihren Blick direkt in
    diese Richtung. In einiger Entfernung sah sie einen gesattelten Braunen von recht fragwürdiger
    Qualität an den Zweig eines Baumes gebunden. Ein Gefühl des Unbehagens kroch ihr das Rückgrat
    hinauf, während sie nun Ausschau nach dem dazugehörigen Reiter hielt. Ihre Wachsamkeit wandelte
    sich in jähes Erschrecken, als sie einen massigen Mann in hellem Hemd und dunkler Hose durch die
    Bäume auf sich zuschleichen sah. Die junge Frau, die mehrere Monate lang täglich den Anblick dieser
    riesenhaften Gestalt gefürchtet hatte, erkannte Jacob Potts sofort.
    Mit einem heiseren Aufstöhnen erhob Shemaine sich und brachte mit ihrer Bewegung Potts ebenfalls
    zum Stehen. Seine Haltung nahm augenblicklich etwas Bedrohliches an. Er stellte sich breitbeinig hin,
    streckte beide Arme von sich und packte seine riesigen Hände um den Griff einer Steinschloßpistole,
    um sorgfältig sein Ziel ins Auge zu fassen. Mit tödlicher Gewißheit war Shemaine klar, weswegen der
    Mann hergekommen war. Er würde sie ermorden, wenn er konnte!
    Shemaine war sich ihrer Wehrlosigkeit bitter bewußt. Sie hatte absolut nichts, womit sie sich
    verteidigen konnte. Sie hatte nur eine Hoffnung: Sie mußte sich in Sicherheit bringen, bevor er feuerte.
    Sie wirbelte herum, aber bevor sie noch einen Schritt tun konnte, zerriß die Explosion von
    Schießpulver das friedliche Gurren und

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