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Wie Blueten Am Fluss

Wie Blueten Am Fluss

Titel: Wie Blueten Am Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
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Zwitschern der Vögel, die nun mit zeterndem Tschilpen aus
    Bäumen und Büschen hochflogen. Kaum einen Herzschlag später jagte ein Schuß an ihr vorbei, der ihr
    eine dünne Schicht Fleisch über den Rippen aufriß. Shemaine schrie vor Schmerz auf und preßte sich
    eine Hand auf die linke Seite, wo sie warme Flüssigkeit durch ihre Finger rinnen spürte. In atemloser
    Hast eilte sie nach einem verzweifelten Blick über die Schulter auf die Hütte zu. Potts war damit beschäftigt, seine Pistole
    nachzuladen, aber sie wußte, daß er ihr schon bald folgen würde. Gewiß brannte er darauf, sie
    einzufangen, bevor sie ihm tatsächlich entkam.
    Ein lauter Ruf lenkte Shemaines Aufmerksamkeit auf die Werkstatt, und mit einer Woge der
    Erleichterung erkannte sie Gage und seine vier Männer, die allesamt mit Vorderladern in der Hand aus
    dem Gebäude stürmten. Aus der entgegengesetzten Richtung kamen die Morgans, ebenfalls mit
    Waffen ausgerüstet, die Helling hinuntergerannt. Offensichtlich hatten sie alle den Schuß, ihren Schrei oder beides gehört und sofort begriffen, daß irgend etwas nicht stimmte.
    Als Potts sich umschaute und ein halbes Dutzend Männer auf sich zurennen sah, kam er sofort zu dem
    Schluß, daß es gesünder war, zu verschwinden. Er stürmte auf sein Pferd zu und zerrte dessen Zügel
    los. Dann hievte er sich auf den Rücken des Tiers, wendete es in Shemaines Richtung und drohte ihr
    mit einer muskulösen Faust. »Es ist hoch nicht vorbei, du elende irische Schlampe! Nicht, ehe du tot bist!«
    Potts riß das Pferd herum und bohrte dem Braunen die Absätze in die Flanken, worauf das Pferd in
    halsbrecherischem Tempo durch die Bäume davongaloppierte. Als Gage klar wurde, daß der Matrose
    schon bald außer Reichweite sein würde, blieb er stehen und hob den Vorderlader an die Schulter. Die
    dicht an dicht stehenden Bäume erschwerten es ihm, sein Ziel ruhig anzuvisieren. Ihm war bewußt,
    daß er Potts nur treffen konnte, wenn er die Mündung der Waffe der Geschwindigkeit des fliehenden
    Potts anpaßte. Also verfolgte er die Bewegung seines Ziels, drückte ab, schwenkte die Waffe aber
    weiter. Ein ohrenbetäubender Knall hallte über die Lichtung, während das Blei durch die Bäume
    schwirrte und sein Ziel genau in dem Augenblick traf, als Potts zwischen zwei Eichen hindurchritt.
    Lautes Schmerzgebrüll bewies, daß der Matrose getroffen war. Er sank im Sattel vornüber, während
    sich ein großer, dunkler Fleck auf seinem Hemd abzeichnete. Das Pferd, das von dem sich
    verlagernden Gewicht verwirrt war, verlangsamte seinen Gang, aber Potts, der nun die Treffsicherheit
    des Siedlers zu
    33°
    331
    fürchten gelernt hatte, drosch mit den Absätzen seiner Stiefel auf das Tier ein und trieb es unter wilden Flüchen zu schnellerem Tempo.
    Ramsey stoppte fluchend neben seinem Arbeitgeber, während Gage von seinem deutschen Lehrling
    einen weiteren geladenen Vorderlader in Empfang nahm und abermals zielte. Aber Potts war bereits in
    der Undurchdringlichkeit des Waldes verschwunden.
    »Er ist weg«, stieß Gage verbittert hervor, während er das Gewehr sinken ließ.
    »Aber Sie haben ihn getroffen, Mr. Thornton!« sagte Erich Wernher. »Das hätte keiner von uns
    anderen so hingekriegt!«
    Gage stieß einen bedauernden Seufzer aus. »Ja, aber die Tatsache, daß ich Jacob Potts verwundet
    habe, wird uns nicht annähernd so viel nützen, wie ein Schuß ins Herz es getan hätte.«
    »Ich glaube, die junge Frau ist verletzt«, bemerkte Ramsey und lenkte Gages Aufmerksamkeit auf
    Shemaine, die sich eine Hand auf den blutenden Leib preßte.
    Ohne eine Sekunde zu zögern, warf Gage dem Deutschen sein Gewehr zu und eilte mit fliegenden
    Schritten zu seiner Dienerin; jetzt wünschte er wirklich, er hätte Potts getötet.
    Shemaine trat steif auf ihn zu und versuchte, sich ihren Schmerz nicht anmerken zu lassen. »Ich bin
    schon in Ordnung«, stieß sie ein wenig atemlos hervor. »Es ist nur eine Fleischwunde.«
    Gage war sich da nicht so sicher. Das Blut hatte bereits die eine Seite ihres Mieders durchtränkt und
    breitete sich nun auch auf ihrem Rock aus. Er nahm sie vorsichtig auf die Arme und sagte voller
    Besorgnis: »Wir werden sehen, was passiert ist, sobald ich dich in der Hütte habe.«
    Shemaine zuckte vor Schmerz zusammen, als Gage sie nun den Pfad hinauftrug. Um nicht
    aufzuschreien, biß sie die Zähne zusammen, während sie sich mit einem Arm an seinem Hals
    festklammerte. Dann fiel ihr plötzlich wieder

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