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Wie Blueten Am Fluss

Wie Blueten Am Fluss

Titel: Wie Blueten Am Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
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nichts verloren, aber wenn Potts wirklich irgendwo
    dort draußen lauerte, mußte sie gewappnet sein. Nachdem Gage sie weiter in der Benutzung der Waffe
    unterwiesen hatte, verbesserte sich ihre Zielsicherheit in solchem Maße, daß sie schließlich
    zuversichtlich glaubte, daß sie das Gewehr im Notfall durchaus zu gebrauchen wissen würde.
    Gage seinerseits hielt stets Wache, auch wenn das Ausmaß seiner Sorge seiner jungen Frau verborgen
    blieb. Jeden Morgen und jeden Nachmittag ritten er oder einer seiner Männer in weitem Bogen durch
    die Wälder. Bei anderer Gelegenheit machte einer von ihnen sich unauffällig zu Fuß auf den Weg, um
    festzustellen, ob er jemanden finden oder sogar überraschen konnte. Keiner von ihnen war ein
    erfahrener Fährtensucher, und sie bemerkten nur, was offen zutage trat, und das war sehr wenig. Wenn
    Potts sich tatsächlich zwischen den Bäumen versteckte, ging er mit äußerster Vorsicht zu Werke.
    Nachdem Gage seine Männer gebeten hatte, ein schützendes Auge auf seine Familie zu werfen, fuhr er
    eines Tages noch einmal nach Newportes Newes, um Morrisa zu befragen. Aber die Hure hatte den
    Befehl bekommen, mit einigen anderen Dirnen hinunter zum Hafen zu gehen, um das große Schiff zu
    begrüßen, das gerade einlief. Die London Pride würde bald wieder Segel setzen, jetzt, da ihre Frachträume gefüllt waren, und die Mädchen sollten sich unter den gerade ankommenden männlichen Passagieren und Matrosen neue Kundschaft suchen. Wenn sich ihre Einkünfte verringerten, hatte
    Freida gedroht, würden sie bald nur noch das Allernotwendigste zu essen bekommen. Bis auf ein
    schroffes Leugnen, irgend etwas über den Aufenthaltsort von Potts zu wissen, weigerte Mor—
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    risa sich, noch mehr Zeit für seine »dämlichen« Fragen zu vertrödeln. Falls Gage mehr wollte,
    verlangte sie einen voll bezahlten Abend oben in ihrem Zimmer - mit im voraus bezahltem Honorar,
    denn sie konnte es sich nicht leisten, den Zorn der Bordellwirtin zu erregen.
    »Dieses kleine Würstchen von Myers hat sich bei Freida über mich beklagt, und jetzt muß ich doppelt
    so viele Herren bedienen wie früher, um das elende Weib zufriedenzustellen. Ich tu das nicht, weil ich gern nach ihrer Pfeife tanz'n, verstehn Sie? Ich würd' viel lieber hier bei Ihnen bleiben und Ihnen meine Dienste kostenlos geben. Es wird Zeit, daß Sie begreifen, wieviel mehr Vergnügen ich Ihnen
    schenken kann als dieses kleine Irentrampel, das Sie geheiratet haben. Aber wenn ich Freida um das
    Geld betrügen würd', das ihr ihrer Meinung nach zusteht, will sie mich an einen dieser Trapper
    verkaufen, die manchmal herkommen. Haben Sie eine Ahnung, wie abscheulich gemein diese Bestien
    sein können? Ha! Einer von denen hat mich so gebissen, daß ich geblutet habe. Ich hab' laut geschrien, jawohl!«
    »Nachdem du Potts mit deiner Gunst beehrt hast, müßte dir solches Benehmen eigentlich vertraut
    sein«, bemerkte Gage ohne eine Spur von Mitleid.
    Morrisa kreischte vor Zorn und riß einen schweren Zinnkrug von einem nahen Tisch. Sie holte bereits
    aus, um ihn nach Gage zu werfen, als das ungerührte Lächeln auf dessen Lippen sie plötzlich
    vorsichtig werden ließ.
    »Freida beobachtet uns«, warnte er sie mit größter Befriedigung. Der Zorn der Hure schmolz rasch
    dahin, als Gage eine Hand hob, um ihre Aufmerksamkeit auf die Treppe zu lenken. Dort stand, wie
    eine wohlbewehrte Festung, die Bordellwirtin. Die fahlen, fleischigen Arme über der Brust
    verschränkt, klopfte sie mit der Spitze ihres Schuhs ein zorniges Staccato auf die Treppenstufe.
    Freidas nur allzu deutlich übermittelte Botschaft bestand wohl darin, daß Morrisa auf mehr als nur ein paar Mahlzeiten verzichten müsse, falls sie noch weiteren Ärger stiftete.
    Vorsichtig stellte Morrisa den Humpen wieder auf den Tisch, während Freida die Treppe vollends
    herunterkam und auf sie zuging. Gage hatte nicht den Wunsch, den strengen Tadel zu hören, der der Hure nun bevorstand, und
    trat durch die Tür der Taverne auf den Gehsteig, wo er um ein Haar mit Mrs. Pettycomb
    zusammengestoßen wäre.
    »Na, wenn das nicht Gage Thornton ist!« rief die Matrone überrascht. Dann rückte sie das Drahtgestell
    ihrer Brille auf ihrer dünnen Hakennase zurecht, damit ihren kleinen, dunklen Augen auch nicht das
    winzigste Detail entging. Jeder Mann, der eine Strafgefangene heiratete, mußte in der einen oder
    anderen Hinsicht mit Vergeltung rechnen, wenn er sich nicht den Launen seiner Frau

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