Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wie Blueten Am Fluss

Wie Blueten Am Fluss

Titel: Wie Blueten Am Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
hielt, wie wichtig es doch sei, daß eine wohlhabende Dame kochen lerne. »Wenn du so
    weitermachst, bringst du mich noch in Schwierigkeiten!«
    Gage war sicher, daß er den Sinn der Zurechtweisung verstanden hatte, fragte Shemaine aber dennoch:
    »Was hast du gesagt?«
    Annie tat seine Erkundigung mit einer knappen Handbewegung ab. »Ach gar nichts, Meister. Myliedy
    hat sich bloß geräuspert, jawohl! Das kommt von all diesen Keimen in der Luft hier.«
    »Annie!« Sie stieß den Namen aus, wie ein kochender Kessel Dampf ausstieß, und vielleicht paßte diese Beschreibung auch genau auf Shemaine. Es gefiel ihr ganz und gar nicht, daß man auf solche Weise über sie sprach, ganz so, als sei sie wirklich ein Ferkel, das zum Verkauf feilgeboten wurde.
    Gage, der nun langsam um Shemaine herumging, betrachtete sie von allen Seiten. Selbst in einer
    großen Hütte konnte es unbehaglich eng werden, wenn sie zwei Menschen als Heim diente, die
    einander nicht ausstehen konnten. Gerade in jüngster Zeit war ihm zunehmend deutlich geworden, wie
    schwierig es sein konnte, mit einer Frau fertig zu werden - namentlich mit einer gewissen Roxanne
    Corbin -, die versuchte, ihn mit ihrer Anwesenheit und ihrer Aufmerksamkeit zu erdrücken. Wenn er
    nicht so dringend eine Kinderfrau für seinen Sohn benötigt hätte, während er selbst arbeitete, wäre es ihm überhaupt nie in den Sinn gekommen, sich Roxanne ins Haus zu holen. Und nun erwartete sie weit mehr von ihm, als er zu geben bereit war. In Shemaines Fall jedoch glaubte er, daß es ihm
    vielleicht sogar Vergnügen bereiten würde, sie um sich zu haben und genauer kennenzulernen.
    Gage blieb neben ihr stehen, streckte die Hand aus und ließ seine Finger über die zarten Knochen ihres Handgelenks gleiten. Die Berührung erschien Shemaine bei weitem zu kühn und zu vertraut.

48
    Sie hätte sich kaum unwohler fühlen können, hätte er sie gebrandmarkt. Seine Finger erschienen ihr
    wie eine heiße Flamme, die langsam über ihre Haut züngelte.
    »Bitte nicht!« bat sie und wich vor ihm zurück. Was konnte ein Mann, der so selbstsicher, kräftig und
    gesund war wie er, schon an einer so zerbrechlichen und obendrein schmutzigen Bohnenstange
    finden?
    »Ich wollte dich nicht erschrecken, Shemaine«, entschuldigte Gage sich. »Ich wollte mir nur deine
    Hände ansehen... Darf ich?«
    Es gefiel Shemaine nicht, Gegenstand so genauer Betrachtung zu sein, erst recht nicht, da sie sich so
    durch und durch schmutzig vorkam. Widerstrebend hob sie die Hände und dachte zähneknirschend
    daran, daß ihr nichts anderes übrigblieb. Sie konnte nur dankbar sein, daß er nicht verlangte, ihr Gebiß zu sehen!
    Gage unterzog die schlanken Finger einer sorgfältigen Musterung und stellte fest, daß sie schmutzig,
    aber schön geformt waren. Er strich mit dem Daumen über die zerbrechlichen Knochen ihrer
    Handrücken, drehte sie dann um und inspizierte die Innenseiten, die so weich waren, wie man es sonst
    nur bei hochgeborenen Damen fand.
    »Du scheinst mir nicht gut gerüstet für anstrengende Arbeit zu sein, Shemaine«, bemerkte er. Unter
    seinem suchenden Blick spürte Shemaine, wie sich die Röte in ihre Wangen stahl. »Ich habe keine
    Angst vor der Arbeit, Sir«, sagte sie vorsichtig, denn sie war sich im klaren, daß ihre nächsten Worte ihre Chancen, gekauft zu werden, ungemein verringern konnten. »Ich bin bisher nur nicht sehr vertraut damit gewesen, das ist alles.«
    »Ich verstehe«, erwiderte Gage leicht verblüfft. Eventuell hatte Annie ihm doch die Wahrheit gesagt,
    daß nämlich Shemaine O'Hearn die Erziehung einer Dame genossen hatte. Nur die sehr
    Wohlhabenden konnten es sich leisten, ihre Sprößlinge mit Dienstboten zu verwöhnen, und dies schien
    die einzig plausible Erklärung für ihre weichen Hände und mangelnden Fähigkeiten zu sein. »Ich hoffe
    aufrichtig, daß du das Talent hast, deine eigene Lehrmeisterin zu sein, Shemaine. Ich kann mir keinen
    Lehrer für dich leisten und
    49
    habe auch weder die Zeit noch die Befähigung, dich selbst zu unterweisen.«
    »Ich lerne sehr schnell«, versicherte sie ihm hastig. »Wenn es Bücher gäbe, die über die Pflichten
    einer Haushälterin genaue Auskunft geben, dann könnte ich mir diese Kenntnisse selbst aneignen.«
    »Ich werde ernsthaft nach einem solchen Buch Ausschau halten müssen.«
    »Das wäre sehr hilfreich«, antwortete sie dünn.
    »Kannst du denn wenigstens kochen?« Gage stellte die Frage noch einmal und versuchte, seine

Weitere Kostenlose Bücher