Wie Blueten Am Fluss
kriegt, bin ich so gut wie tot.«
»Ist das der Grund, warum du möchtest, daß ich mit ihr spreche? Weil du Angst vor ihr hast?«
»Ich hab' nicht vor vielen Leuten Angst, Mylady, aber was ich in der Nacht zu sehen bekommen hab',
hat mir einen ganz schönen Schrecken eingejagt.«
»Na gut, Morrisa, ich werde versuchen, Roxanne für meine Pläne zu gewinnen, ohne irgendwelche
Drohungen auszusprechen. Ich werde dir noch heute nachmittag ein Schreiben geben, das du ihr
schicken kannst. Wenn irgend möglich, hätte ich diese Angelegenheit gern bis morgen abend erledigt.
Es wäre mir lieb, wenn mein Enkelsohn weder von meiner Ankunft noch von meiner Abreise
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etwas erführe. Je eher Shemaine stirbt, um so größer sind meine Chancen, unerkannt zu entkommen.«
»Meinen Sie nicht, daß sich die Sache herumsprechen wird, My-lady? In diesem Ort wird mächtig viel
geredet.«
»Das Risiko gehe ich ein. Außerdem - wenn ich wieder weg bin, bevor die Leute im Dorf anfangen zu
reden, kann ich immer noch behaupten, ich hätte nach Maurice gesucht und erfahren, daß er nach
Norden abgereist sei oder etwas in der Art.«
Morrisa feixte. »Sieht so aus, als wäre ich nicht die einzige Lügnerin hier im Zimmer.«
Edith zog indigniert eine Braue in die Höhe.
55°
24. Kapitel
Es war ein Vertrag zwischen Gage Thornton und Nathaniel Beauchamp über den Verkauf der
Brigantine angefertigt worden, die letzteren als zukünftigen Besitzer des Schiffes auswies. Es war ein für beide Männer fairer und gerechter Handel, aber jetzt, da Gage vor der schwierigen Entscheidung stand, seine Tischlerwerkstatt zu schließen und sich nur noch dem Bau von Schiffen zu widmen,
wurde ihm klar, daß er ein Unternehmen aufgab, das sich als überaus einträglich erwiesen hatte. Hinzu
kam die Tatsache, daß Ramsey Täte, Sly Tucker und die beiden jüngeren Lehrlinge ihren
Lebensunterhalt mit der Fertigung von Möbeln verdienten. Wenn er sie nicht weiterhin mit seinen
Entwürfen und seiner Sachkenntnis, vor allem bei den Furnier-und Einlegearbeiten unterstützte,
würden die Männer beträchtliche Schwierigkeiten haben. Sie arbeiteten hart und verstanden sich auf
ihr Handwerk, waren aber nicht besonders kreativ, jedenfalls nicht genug, um sein Talent und seine
Führung der Geschäfte auszugleichen.
Gage hatte seine Pläne nie vor seinen Männern geheimgehalten, und nachdem die Beauchamps sich
verabschiedet hatten, war er in die Werkstatt gegangen, um mit verständlichem Stolz zu verkünden,
daß er sein Schiff verkauft hatte. Die halbherzige Freude der Möbeltischler ließ keinen Zweifel daran, daß sie diese Entwicklung befürchtet hatten. Angesichts ihrer gedämpften Glückwünsche fragte er sich, ob sie ihre eigenen Grenzen nicht erkannt hatten oder es ihnen vielleicht schwerfiel, für sich
selbst zu sprechen. Sie hatten sicher keinen Gedanken daran verschwendet, ihn überreden zu wollen,
seinen langgehegten Traum, ein bedeutender Schiffsbauer zu werden, womöglich aufzugeben. Doch
ihre Begeisterung war überwältigend, als er sie davon in Kenntnis setzte, er habe nach eingehender
Überlegung beschlossen, daß es töricht sei, die Möbel—
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Produktion einzustellen. Er würde daher seinen Ehrgeiz bezüglich des Schiffbaus auf das beschränken,
was er während der letzten Jahre getan hatte, nämlich immer nur ein Schiff zu bauen - langsam, aber
sicher. Und daneben die Möbel zu entwerfen.
Shemaine war nicht minder glücklich über die Neuigkeit, denn sie hätte es nicht verstehen können,
wenn ihr Mann ein Handwerk aufgab, für das er eine solche Begabung hatte. Während die älteren
Leute im Salon Karten spielten und Andrew in seinem Zimmer ein Schläfchen hielt, hatten sie sich
einige Augenblicke der Ungestörtheit in ihrem Schlafzimmer ermöglicht. Maurice hatte die
Beauhamps gebeten, ihn auf ihrem Schiff nach Newportes Newes mitzunehmen, jedoch nicht, ohne
Gage zuvor unmißverständlich zu versichern, daß er am nächsten Tag zurückkehren werde, denn er
wollte Shemaine nicht verlassen, bevor die Angelegenheit zwischen ihnen auf die eine oder andere
Weise geklärt worden war. Bess und Nola waren in der Küche, um das Abendessen zuzubereiten, und
zum ersten Mal seit der Ankunft ihrer Eltern an diesem Morgen konnten Gage und Shemaine das
Glück genießen, einfach nur allein miteinander zu sein.
»Außerdem kannst du sowieso jetzt nicht aufhören, Möbel zu bauen«, erklärte seine Frau ihm. »Du
mußt
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