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Wie Blueten Am Fluss

Wie Blueten Am Fluss

Titel: Wie Blueten Am Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
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hätte sie kaum weniger Grund zur Unruhe gefunden. Seine ungeteilte
    Aufmerksamkeit machte sie grausam nervös, denn sie hatte absolut keine Garantie dafür, daß er sie
    auch weiterhin mit höflicher Zurückhaltung behandeln würde. Schließlich war sie nicht viel mehr als
    eine Sklavin. Es gab keinen sicheren Hafen, in den sie sich flüchten konnte, und niemanden, der ihr
    Schutz gewähren würde. Und tatsächlich, wenn sie die Scheu, mit der die Bewohner des Weilers Gage
    Thornton begegnet waren, richtig deutete, durfte sie wohl von diesen Leuten nicht den Mut erwarten,
    daß sie sich ihretwegen mit dem Mann anlegen würden. Wenn jemand wie Alma Pettycomb zum
    Beispiel sich den Mund zerreißen könnte über die
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    Gefangenen, dann war er möglicherweise den Sträflingen gegenüber ebenso voreingenommen wie
    diese gräßliche Person.
    Schließlich hob Gage den Kopf, um ihr direkt in die Augen zu sehen, und Shemaine wandte sich
    hastig ab, um ihr Erröten zu verbergen. Eilig machte sie sich daran, die Eier in eine Schüssel zu
    löffeln. So sehr sie sich auch bemühte, gelassen zu erscheinen - es gelang ihr nicht. Jede Faser ihres Körpers wußte von seiner Nähe.
    Shemaine, die tapfer versuchte, das Beben in ihrer Stimme unter Kontrolle zu halten, beeilte sich, ihm zu antworten, und hoffte, er würde sich dann abwenden. »Als Sie mich nach meinen Fähigkeiten fragten, Sir, war ich mir keineswegs sicher, an was ich mich würde erinnern können. Sie müssen
    wissen, daß meine Mutter es für überaus wichtig hielt, daß unsere Köchin mich unterwies. Aber ich
    habe ihre Lektionen gehaßt und mir nicht vorstellen können, daß sie mir jemals von Nutzen sein
    würden. Sie haben mich von den Dingen abgehalten, die ich wirklich tun wollte.«
    Mit diesen Worten nahm Shemaine die Schale und die Platte mit dem Fleisch, ging zum Tisch und
    beugte sich vor, um sie zu den beiden Tellern zu schieben, die sie bereits für ihren Herrn und seinen
    Sohn hingestellt hatte. Sie brauchte sich nicht eigens umzudrehen, um zu wissen, wohin der Blick
    ihres Herrn wanderte, denn sie konnte geradezu spüren, wie er ihre Kehrseite abtastete.
    »Und was war das, Shemaine?« fragte Gage, fasziniert davon, wie sich unter Nachthemd und
    Morgenmantel ihr wohlgeformtes Hinterteil abzeichnete. Der Anblick, den sie ihm unwissentlich bot,
    war eindeutig wert, so lange wie nur möglich genossen zu werden.
    »Reiten, Sir«, erwiderte Shemaine und dachte mit flüchtigem Bedauern an ihre Leidenschaft für
    Pferde. Edith du Mercer hatte nur Verachtung für die Vorstellung gehabt, eine junge Frau könne
    verwegen auf dem Rücken eines halsstarrigen Hengstes, mit dem so mancher Mann nicht
    fertiggeworden war, durch Wald und Feld galoppieren. Shemus O'Hearn hatte ihr schon in jungen
    Jahren das Reiten beigebracht und ihr seine Liebe zu diesem Sport vermittelt. Maurice war der einzige
    Mann in ihrer Bekanntschaft, der genausogut reiten konnte wie ihr Vater. »Mein Vater besaß einige
    der schönsten Pferde in ganz London. Er hat mich auf den Rücken
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    einer Stute gesetzt, als ich erst zwei Jahre alt war. Und meine Mutter hat später geschworen, daß
    dieses Erlebnis in den folgenden Jahren mein Untergang gewesen sei. Wahrscheinlich hatte sie in
    gewisser Weise recht. Fest steht, daß der Häscher wußte, wo er mir auflauern mußte, denn es war der
    Stall, in dem er mich festnahm.«
    »Willst du damit andeuten, daß die Großmutter deines Verlobten dem Häscher von deiner Vorliebe für
    Pferde berichtet hat?« hakte Gage nach; seine Enttäuschung, als sie sich zu ihm umdrehte, war nur
    gering. Ihr unter dem losen Gewand deutlich sichtbarer Busen war verführerisch genug, um eine ganze
    Reihe verstohlener Blicke spazieren zuschicken. Die weichen Hügel regten seine Phantasie stärker an,
    als ihm lieb war.
    »Oder zumindest jemand, der in ihren Diensten stand, Sir«, erwiderte Shemaine. »So jedenfalls habe
    ich mir die Dinge erklärt. Schließlich hatte ich seit meiner Verhaftung viel Zeit zum Nachdenken, und
    die Heimlichkeit, mit der sie erfolgte, hat mich zu der Überzeugung gebracht, daß jemand mein
    Verschwinden geheimhalten wollte. Als ich entführt wurde, war niemand in der Nähe. Die
    Stallburschen waren aufs Feld gegangen, um den Stuten dort Futter zu bringen. Wenn ich mich in
    meinen Schlußfolgerungen irren sollte, hätte ich der Dame großes Unrecht getan.«
    »Wenn deine Familie dich finden würde, würde dein Verdacht gegenüber dieser

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