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Wie Blueten Am Fluss

Wie Blueten Am Fluss

Titel: Wie Blueten Am Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
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sie dir stehen, werde ich deinen Rat vielleicht beherzigen und dich heiraten.«
    Shemaine starrte ihn mit offenem Mund an, außerstande, auch nur eine einzige Silbe über ihre Lippen
    zu bringen. Sein Vorschlag machte sie derart perplex, daß sie nicht einmal einen Protest formulieren
    konnte.
    Mit teuflischer Selbstgefälligkeit legte Gage ihr den Zeigefinger unter ihr schmales Kinn und klappte
    ganz langsam ihren Mund zu. »Sieh mich nicht so erschrocken an, Shemaine. Es wäre nicht die erste
    Vernunftehe, die hier in den Kolonien geschlossen wird, und es würde auch nicht die letzte sein. Bei
    einem solchen Mangel an Frauen ist es keineswegs ungewöhnlich, daß ein Mann eine Fremde zur Frau
    nimmt. Wenn er dazu zu schüchtern ist, wird das Mädchen ihm wahrscheinlich unter seiner Nase
    geklaut, bevor er sich zu einem Antrag durchringen kann.«
    Endlich fand Shemaine ihre Stimme wieder und beeilte sich, ihm zu versichern: »Es lag mir fern,
    Ihnen vorzuschlagen, daß wir heiraten sollten, Mr. Thornton... ich meine... ein solcher Gedanke ist mir nie gekommen... ich würde niemals davon ausgehen... ich... könnte nicht... ich war nämlich verlobt...«
    Plötzlich hielt sie atemlos inne, denn ihr wurde klar, daß sie bei weitem zu viel redete.
    »Wir wollen uns zu so später Stunde nicht über solche Dinge unterhalten, Shemaine. Nimm dir eins
    von den Nachthemden und geh zu Bett. Ruh dich aus. Sieh zu, daß du wieder zu Kräften kommst.
    Hoffentlich können meine Männer und ich, bevor allzuviel Zeit vergeht, die Möbel abliefern, die wir
    für unsere Kunden in Williamsburg anfertigen. Wann immer wir fahren, sei es in zwei Wochen oder
    auch erst in einem Monat, möchte ich Andrew gern
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    mitnehmen. Aber ich müßte dich bitten, ebenfalls mitzukommen, um auf ihn aufzupassen. Wir werden
    die Möbel an Land bringen, auf Wagen laden und dann nach Williamsburg befördern. Dabei kann ich
    mich unmöglich gleichzeitig um den Jungen kümmern. Ich bin sicher, du wirst deine ganze Kraft
    brauchen, wenn du dich den lieben langen Tag mit ihm abplagen mußt.«
    »Ich werde versuchen, bei Kräften zu sein, wann immer Sie die Reise antreten wollen, Mr. Thornton«,
    antwortete sie würdevoll und zog sich zurück.
    Gage folgte ihr bis zur Tür, hob dann den Arm und stützte sich am Türknauf ab, während er ihren
    Blick einfing. »Falls du es nicht schon weißt, Shemaine O'Hearn, du sprichst mit einem sehr hübschen
    Akzent. Ich höre es ganz deutlich, wenn du mich bei meinem Nachnamen nennst. Da es dir zu
    widerstreben scheint, meinen Vornamen zu benutzen, bin ich damit einverstanden, wenn du mich auch
    weiterhin Mr. Thornton nennst.« Ein flüchtiges Lächeln blitzte auf, und in seine Augen trat ein
    dämonisches Funkeln. »Natürlich nur bis zu dem Tag, an dem wir heiraten.«
    »Zum Wahnsinn treibend«, murmelte Shemaine irritiert, bevor sie sich energisch auf dem Absatz
    umdrehte. Aber sein Gelächter entlockte ihr dann doch ebenfalls ein Lächeln, während sie mit
    schnellen Schritten auf den hinteren Raum zueilte.
    In der Stille der Hütte lauschte der Mann dem eiligen Klickklack ihrer Schuhe nach und ihren
    Bewegungen auf dem Dachboden. Er war dankbar, daß es etwas anderes für ihn zu hören gab als die
    quälenden Schreie seiner Frau.
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    5. Kapitel
    Im Hause Thornton war es schon lange Sitte, daß die Erwachsenen sich erhoben, bevor die Sonne sich
    über den Baumwipfeln zeigte. Shemaine war das frühe Aufstehen unvertraut, denn in England hatte
    man ihr gestattet, bis weit in den Vormittag hinein zu schlafen. Als einziges Kind ihrer Eltern war sie doch recht verhätschelt worden. Auf der London Pride hatte sie geschlafen, wann immer sie konnte, aber diese qualvollen Versuche waren keineswegs erquickend gewesen. Im Gegensatz dazu hatte ihre erste Nacht in der Hütte der Thorntons sie sowohl körperlich belebt als auch seelisch gestärkt. Als sie jedoch erwachte, sah sie sich augenblicklich der rauhen Wirklichkeit gegenüber: Sie durfte auf keinen Fall im Bett liegenbleiben, solange es ihr behagte. Sie war jetzt eine Vertragsarbeiterin, und man
    erwartete von ihr, daß sie sich auch so benehmen würde, daß sie diente, statt sich bedienen zu lassen.
    Als Gage an diesem Morgen die Schlafzimmertür geöffnet hatte, war Shemaine sich das erste Mal
    vage ihrer Umgebung bewußt geworden, aber als sie dann seine Schritte im Wohnzimmer und kurz
    darauf hinten im Flur hörte, wurde sie schlagartig wach, denn sie erwartete, daß

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