Wie Blüten im Wind: Roman (German Edition)
Zwillinge zusammenzuckten. »Die Insel ist klein«, erinnerte sie sie.
»Aber Kevins Tante ist da«, wandte Zach ein. »Also sind wir nicht ohne Aufsicht.«
»Genau«, bestätigte Mia nickend.
Jude lehnte sich zurück. Natürlich hatte sie gewusst, dass es einmal so kommen würde. Schließlich war sie selbst mal ein Teenager gewesen, und das letzte Highschool-Jahr war der heilige Gral dieser Zeitspanne. Also wusste sie auch genau, was Party bedeutete.
Sie hatte mit den Kindern schon endlos über Alkohol gesprochen und ihnen immer wieder gesagt, wie gefährlich Trinken sein konnte. Zwar hatten sie ihr geschworen, nicht daran interessiert zu sein, aber sie war nicht dumm. Sie gab auch nicht vor, dass ihre Kinder perfekt waren. Für sie zählte nur, ihre Kinder vor den Gefahren der Teenagerzeit zu schützen, auch wenn diese Gefahren selbstverursacht waren.
Jetzt konnte sie es ihnen verbieten. Doch möglicherweise gehorchten sie ihr nicht, und wäre das nicht noch gefährlicher? »Ich rufe Kevins Tante an«, sagte sie langsam. »Und vergewissere mich, dass ein Erwachsener ständig dabei ist.«
»O nein«, wimmerte Mia, »das ist doch total demütigend. Wir sind doch keine Kleinkinder mehr.«
»Ehrlich, Mom«, sagte Zach. »Du weißt doch, dass du uns vertrauen kannst. Ich würde niemals fahren, wenn ich getrunken habe.«
»Mir wäre lieber, du würdest überhaupt nicht erst trinken«, erwiderte sie.
Er sah sie an. »Ein Bier werde ich doch wohl trinken dürfen. Das bringt mich nicht um. Oder soll ich dich anlügen? Ich dachte, das wäre in unserer Familie nicht nötig.«
Damit hatte er sie mit ihren eigenen Worten geschlagen, und zwar vernichtend. Der Preis der Ehrlichkeit gegenüber den eigenen Kindern war, dass man oft Dinge erfuhr, die man lieber nicht gewusst hätte. So wie Jude es sah, gab es für Eltern zwei Möglichkeiten: Entweder bat man um Ehrlichkeit und versuchte, mit unangenehmen Wahrheiten zurechtzukommen, oder man steckte den Kopf in den Sand und wurde angelogen. Zachs Aufrichtigkeit war ein Grund, ihm zu vertrauen. »Ich denke darüber nach«, versprach sie, um das Gespräch zu beenden.
Der Rest der Mahlzeit verging rasch. Kaum hatten sie das Geschirr in die Spülmaschine geräumt, rannten die Kinder nach oben.
Jude wusste, dass sie sich für die Party fertigmachten. Sie gingen davon aus, dass sie die Erlaubnis bekamen – das hatte sie ihnen angesehen.
»Ich weiß nicht«, sagte sie zu Miles. Sie standen gemeinsam am Panoramafenster und starrten hinaus in die Dämmerung. Der Puget Sound war graphitgrau, und der Himmel zeigte einen dunklen Bronzeton. »Wie sorgen wir dafür, dass sie sicher sind und nicht trinken?«
»Wir könnten sie zu Hause anketten. Leider ist das gesetzlich verboten.«
»Sehr komisch.« Sie blickte zu ihm auf. »Wir können nicht verhindern, dass sie trinken – das weißt du. Wenn nicht heute, dann an irgendeinem anderen Abend. So ist das nun mal. Wie schützen wir sie also? Vielleicht sollten wir hier eine Party veranstalten. Wir könnten allen Gästen die Wagenschlüssel abnehmen, damit sie nicht Auto fahren. Oder wir könnten dafür sorgen, dass sie nicht zu viel trinken.«
»Äh, nein. Damit würden wir alles gefährden, was wir aufgebaut haben. Ganz abgesehen davon, wären wir verantwortlich, wenn etwas passieren würde. Außerdem weißt du genau, dass Teenager wie Bakterien sind. Sie vermehren sich so schnell, dass du sie einfach nicht im Auge behalten kannst. Ich fasse es nicht, dass du überhaupt die Möglichkeit in Betracht ziehst.«
Jude wusste, dass er recht hatte. Aber das half ihr nicht. »Erinnerst du dich noch an die Highschool? Ich weiß jedenfalls noch genau, dass jede Woche Besäufnisse stattgefunden haben. Und dann sind wir mit dem Auto nach Hause gefahren.«
»Du musst ihnen vertrauen, Jude. Lass sie langsam ihre eigenen Entscheidungen treffen. Mia ist klug und alles andere als ein Partygirl. Und Zach würde nie zulassen, dass ihr was passiert. Das weißt du doch.«
»Ja, schon«, räumte Jude ein und dachte zum tausendsten Mal über das Ganze nach. Es schien einfach keine gute Lösung zu geben. Nichts, das unwiderlegbar richtig war.
Den Rest des Abends quälte sich Jude mit der Frage, wie man sich als Eltern am besten in dieser Situation verhielt. Um neun Uhr war sie immer noch nicht weiter, da kamen die Kinder die Treppe heruntergerannt.
»Und?«, fragte Zach.
Sie sah ihre Kinder an. Zach, so groß und cool und gutaussehend in seinen Jeans
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