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Wie Blüten im Wind: Roman (German Edition)

Wie Blüten im Wind: Roman (German Edition)

Titel: Wie Blüten im Wind: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Hannah
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Ecke.
    Sie zog den Hocker zum Tisch und setzte sich, etwas unsicher, weil er so kipplig war.
    »Haben Sie einen Lebenslauf?«
    Lexi spürte, wie ihr das Blut in die Wangen schoss. »Nein. Es geht um einen Posten als Verkäuferin, nicht wahr? Ich habe während der Highschool in der Eisdiele Amoré gearbeitet. Ich kann gut mit Geld und noch besser mit Menschen umgehen. Ich bin eine gute Mitarbeiterin und kann jede Schicht übernehmen. Ein paar Empfehlungen könnte ich auch vorlegen.«
    »Wann haben Sie in der Eisdiele gearbeitet?«
    »Von 2002 bis 2004. Ich … habe im Juni nach meinem Abschluss an der Highschool aufgehört.«
    Er notierte sich etwas auf einem Blatt Papier, das wie ein Formular aussah. »Und jetzt haben Sie Ferien vom College? Ist dies ein Ferienjob für Sie?«
    »Nein. Ich suche nach einer Vollzeitstelle.«
    Abrupt sah er auf und zog die buschigen Augenbrauen zusammen. »Sind Sie auf die Pine Island High gegangen?«
    »Ja.«
    »Die meisten Jugendlichen hier arbeiten nicht Vollzeit. Wo haben Sie seit der Highschool gearbeitet?«
    Lexi schluckte hart. »Teilzeit in einer Bibliothek.«
    »In welcher?«
    Sie atmete langsam aus und sackte in sich zusammen. »In Purdy.«
    »Sie meinen doch nicht …«
    »Im Gefängnis. Ich war ein paar Jahre im Gefängnis. Aber jetzt bin ich entlassen. Ich werde gut arbeiten, das verspreche ich Ihnen«, sagte sie, wusste aber, dass es sinnlos war. Denn bei dem Wort Gefängnis war seine Miene versteinert, und jetzt wich er ihrem Blick aus.
    »Alles klar.« Er lächelte zum ersten Mal – gezwungen. »Wenn wir uns entschieden haben, rufe ich Sie an.«
    »Das heißt also Nein danke. « Sie stand auf.
    »Das heißt: Ich rufe Sie an, wenn wir uns für Sie entschieden haben.«
    »Okay.« Sie versuchte, optimistisch zu bleiben; schließlich war das nur der erste von zahlreichen möglichen Jobs. Vielleicht wären andere Arbeitgeber nicht so engstirnig. »Soll ich Ihnen also meine Telefonnummer geben?«
    Endlich blickte er sie wieder an. »Wenn Sie wollen, können Sie sie dalassen.«
    Am liebsten hätte sie Nein danke gesagt und wäre mit einem letzten Rest von Würde gegangen, aber sie musste an Grace denken, daher schrieb sie ihre Telefonnummer auf einen Zettel und verließ den fröhlich bunten Drugstore. Draußen schlug sie die Zeitung auf und sah sich die nächste Stellenanzeige an. In Esmeraldas Mexican Kitchen wurde eine Kellnerin gesucht.
    Den restlichen Nachmittag bemühte sich Lexi, nicht den Glauben an sich zu verlieren, obwohl sich ein Job nach dem nächsten vor ihr in Luft auflöste. Die meisten freien Stellen waren nur Teilzeitjobs ohne Sozialleistungen. Irgendwann hörte sie auf zu zählen, wie oft sie den Spruch hörte, die Wirtschaftslage sei gegen sie. Offenbar war sie in guten Zeiten ins Gefängnis gegangen und in schlechten wieder herausgekommen. Der Mindestlohn betrug nicht mal neun Dollar die Stunde. Damit bekam sie höchstens fünfzehnhundert Dollar im Monat, abzüglich Steuern, und über die Hälfte davon würde die Miete verschlingen.
    Aber auch das war im Grunde unwichtig, weil sie keinen Job bekam. Sie hatte an diesem Tag mit zwölf Arbeitgebern gesprochen, und jedes Gespräch hatte gleich geendet.
    Was haben Sie seit der Highschool gemacht?
    Sie waren im College? Wirklich? Wo denn?
    Wer war Ihr letzter Arbeitgeber?
    Oh (dann der Blick) – die Gefängnisbibliothek …
    Tut mir leid, die Stelle ist schon besetzt … Sie sind zu jung … Wir rufen Sie an …
    Eine Ausrede nach der nächsten. Die Crux daran war, dass sie es ihnen noch nicht mal verübeln konnte. Wer wollte schon eine vorbestrafte Vierundzwanzigjährige einstellen?
    Und als wäre das nicht schon schlimm genug, suchte sie neben einem Job auch noch nach einer Wohnung auf der Insel.
    Es gab nur drei Appartmentkomplexe, und eins war sicher: Sie konnte es sich nicht leisten, dort zu wohnen. Die kleinste freie Wohnung kostete neunhundertfünfzig Dollar pro Monat, zuzüglich zwei Monatsmieten und Kaution im Voraus. Zweitausendvierhundert Dollar, fällig bei Unterschrift des Mietvertrages.
    Warum nicht gleich eine Million?
    Ein paar Anrufe ergaben, dass es in Port George nicht besser aussah.
    Zwar gab es auf der anderen Seite der Brücke mehr Wohnungen, aber die waren immer noch viel zu teuer.
    Der ganze Tag war eine einzige demütigende Niederlage für Lexi. Als sie um sieben Uhr abends schließlich kapitulierte, wollte sie nur noch allein sein. Sie radelte durch den stillen Sommerabend und hielt vor

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