Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wie Blüten im Wind: Roman (German Edition)

Wie Blüten im Wind: Roman (German Edition)

Titel: Wie Blüten im Wind: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Hannah
Vom Netzwerk:
vor Jahren so aufgebracht gewesen, wegen eines kleinen Weißgoldrings mit einem Saphirsplitter. Sie hatte gedacht, ein Ring könnte das Leben eines jungen Mannes aus der Bahn werfen. »Er war so romantisch«, seufzte sie.
    Grace steckte sich den Daumen in den Mund und nuschelte: »Wer denn?«
    »Dein Daddy. Ich hätte wissen müssen, dass Miles und ich einen Romantiker großziehen.«
    Warum hatte sie sich nicht darüber gefreut, dass ihr Sohn tiefe Liebe empfinden und Träume für seine Zukunft haben konnte? Warum sah man erst im Nachhinein, was wichtig und was unwichtig war? »Er hat deiner Mommy diesen Ring zu Weihnachten geschenkt.«
    Jude löste die dünne Goldkette, die sie um den Hals trug. Sie ließ den Diamantanhänger in ihren Schoß fallen, nahm den Ring von Grace, fädelte die Kette hindurch und hängte sie Grace um. »Du siehst wie eine Prinzessin aus.« Sie küsste sie auf die Wange. Doch kaum hatte sie einmal angefangen, ihre Enkelin zu küssen, konnte sie nicht mehr aufhören. Sie küsste und schmuste und streichelte Gracie, bis Grace anfing zu kichern und rief: »Hör auf, Nana, das kitzelt!«
    Da endlich ließ Jude sie los und sah sie an. »Ich hab dich lieb. Das hätte ich dir jeden Tag tausendmal sagen sollen.«
    »Das ist aber oft«, kicherte Grace und hielt sich den Mund zu.
    »Du musst nicht versuchen, dein Lachen zu unterdrücken, Gracie. Es hört sich so schön an.«
    »Das sagt Mommy auch.«
    Mommy.
    Wieso konnte ein ganz normales Wort, das sie früher so oft gehört hatte, jetzt so schmerzhaft sein? Früher warst du die beste Mutter der Welt.
    Reue erfasste Jude, bis sie kaum noch atmen konnte. Doch dann blickte sie auf das kleine Mädchen in ihren Armen und bekam wieder Luft. Langsam schwand die Reue, und an ihre Stelle trat ein Anflug von Hoffnung. »Deine Mom hat ein großes Herz. Das hatte ich vergessen. Und sie hat meine Mia – und deinen Daddy – glücklich gemacht.«
    »Was ist das?«, fragte Grace und zeigte auf das Buch in Judes Hand.
    Jude hatte gar nicht bemerkt, dass sie es noch in der Hand hielt. »Das Tagebuch deiner Tante Mia.«
    »Das darfst du doch gar nicht lesen. Hannah Montana sagt …«
    »Das ist schon okay.«
    »Weil sie tot ist?«
    Jude holte scharf Luft, wartete auf den Schmerz, aber der kam nicht so heftig wie erwartet, sondern schwand so rasch, wie er gekommen war. Überrascht stellte sie fest, dass sie immer noch lächeln konnte. Und vielleicht war es auch besser, sich einer Tatsache zu stellen und sie laut auszusprechen, als sie zu verbergen. »Ja. Das hat sie uns hinterlassen.«
    »Wie war sie denn, Nana?«, wollte Grace wissen, und Jude dachte darüber nach, wie lange Grace diese Frage aus lauter Angst zurückgehalten hatte.
    »Sie war wie … eine wunderschöne, zarte Blume. Bis sie deine Mom kennenlernte, hatte sie Angst vor allem, und sie war einsam … so einsam.« Jude wischte sich über die Augen. »Sie wollte Schauspielerin werden, und ich glaube, das hätte sie auch geschafft. Die Jahre der Einsamkeit waren nicht verschwendet. Mia beobachtete ständig die Leute und die Welt um sich herum. Aber auf der Bühne war sie ein ganz anderer Mensch. Deine Mom half ihr dabei. Ursprünglich hatte Lexi sie dazu gebracht, für ihr erstes Stück vorzusprechen.«
    Da erschien Miles an der Türschwelle. »Was ist das denn? Feiert ihr etwa ohne mich eine Party?«
    »Ja, Grandpa!«, rief Grace und stand auf. Sie rannte übers Bett und warf sich in Miles’ ausgestreckte Arme.
    »Nana hat mir was über Tante Mia erzählt«, erklärte Grace. »Und guck mal, was mir meine Mommy geschenkt hat.« Sie zeigte den Ring an der Kette.
    »Sie hat dir von Tante Mia erzählt?«, fragte Miles und sah zu Jude hinüber. Über Grace’ goldenem Schopf trafen sich ihre Blicke und kommunizierten wortlos miteinander. Sie beide wussten, was es bedeutete, auch nur Mias Namen auszusprechen. Miles kletterte ins Bett seiner Tochter, rutschte zu Jude und legte den Arm um sie.
    »Wie konntest du so stark sein?«, fragte sie ihn.
    »Stark?« Er seufzte, und in diesem Seufzer hörte sie auch seinen Verlust. »Stark bin ich schon lange nicht mehr«, gab er zu. »Aber geduldig, Gott sei Dank.«
    »Es tut mir leid«, sagte sie leise.
    Grace zwängte sich zwischen sie. Dann setzte sie sich auf und reckte fragend ihr kleines, spitzes Kinn. »Wird Dad nicht wütend sein, dass Mommy mir den Ring gegeben hat?«
    Da begriff Jude: Jetzt wusste sie, warum Lexi ihrer Tochter den Ring gegeben hatte. Ich hab

Weitere Kostenlose Bücher