Wie Blüten im Wind: Roman (German Edition)
–, und ich habe diese Stufe vom Verkehrstraining bis zum Berufspraktikum begleitet. Ich habe gesehen, wie Sie Ihre Kinder mit Kindersitzen, Airbags und Fahrradhelmen geschützt haben. Manche von Ihnen denken vielleicht, die größte Gefahr bestünde nun darin, eine Ablehnung vom Wunschcollege zu bekommen, aber es gibt noch eine andere Gefahr, die einige von Ihnen bereits nur zu gut kennen und andere noch gar nicht.
Partys. Sie mögen meinen, dass Ihre Kinder hier auf der Insel, fern von den Gefahren der Großstadt, in Sicherheit sind. Aber diese Gefahr besteht auch hier. Und zwar in jedem leerstehenden Haus und an jedem einsamen Strandabschnitt. In jeder Flasche Bier und Rum. Jedes Jahr aufs Neue fühlen sich die Schüler der Abschlussklasse gleichzeitig unruhig und unverwundbar. Also behalten Sie Ihre Kinder im Auge. Lassen Sie sich nicht von ihnen überlisten. Erklären Sie ihnen, wie gefährlich Partys sein können.«
Als die Eltern begannen, Fragen zu stellen, sah sich Jude nach vertrauten Gesichtern um.
Mit vielen dieser Frauen hatte sie Fahrgemeinschaften gegründet. Viele Jahre lang hatten sie zusammen am Rand des Footballfeldes gefroren, Klassenzimmer für Feste dekoriert und sich als Lesemütter zur Verfügung gestellt. Mit vereinten Kräften hatten sie sich bemüht, ihre Kinder in einem sicheren Umfeld aufzuziehen. Jetzt gab es einen neuen Feind: Alkohol. Sie zweifelte keinen Augenblick daran, dass die Liga der Mütter wieder alle Streitkräfte zusammenziehen und auf Anzeichen möglicher Probleme achten würde.
Als Officer Avery an seinen Platz zurückkehrte, stand Jude auf. »Vielen Dank, Officer Avery, für Ihre wichtigen Ausführungen. Dank auch an Ann Morford für Ihre Informationen über das übliche Procedere bei College-Bewerbungen. Ich bin sicher, wir alle werden uns mit weiteren Fragen an Sie wenden, sobald die Bewerbungsfristen sich dem Ende nähern. Als Vorsitzende des Elternvereins jedoch möchte ich jetzt zum unterhaltsamen Teil übergehen. Sprechen wir über die Abschlussfeier. Wie die meisten von Ihnen wissen, wollen wir hier auf Pine Island völlig ausschließen, dass die Kinder Alkohol trinken und anschließend mit dem Auto fahren. Daher haben wir für die Abschlussklasse eine Nacht voller Attraktionen geplant. Es geht direkt nach der Abschlusszeremonie los, und zwar mit dem Bus. Am nächsten Morgen um sechs Uhr werden sie wieder nach Hause gebracht. Die Attraktionen dieses Jahres sind wirklich sehr vielversprechend …«
Die nächsten zehn Minuten stellte Jude das Programm vor, das sie und ihr Komitee sich ausgedacht hatten. Da Pine Island meinungsfreudige Einwohner hatte, verbrachte sie weitere zehn Minuten damit, Fragen zu beantworten. Dann gab sie eine Liste herum, auf der sich Freiwillige für die Aufsicht eintragen konnten. Am Schluss gesellte sie sich zu ihrer besten Freundin Molly und verließ zusammen mit den anderen Eltern die Aula. Wie immer präsentierte sich Molly mit lässigem Chic: Hüftjeans, ein weißes Männerhemd und eine Kette aus gehämmertem Kupfer und Türkisen. Ihr in diesem Jahr kurzgeschnittenes und platinblond gefärbtes Haar unterstrich ihre dunklen Augen und ihr strahlendes Lächeln. Sie und Jude waren bereits über zehn Jahre befreundet. Da Mollys Sohn Bryson im selben Alter war wie die Zwillinge, hatten Molly und sie die Stationen der Mutterschaft gemeinsam durchlaufen: Kindergartenbetreuung, Klassenausflüge, Indoor-Spielplätze, Geburtstagspartys. Seitdem waren sie beste Freundinnen: Jude war sich sicher, dass sie es ohne Molly und ihre Donnerstagabende mit Margaritas nie durch die Mittelschule geschafft hätte.
Jetzt gingen sie gemeinsam hinaus in den kühlen Abend. Jude wollte gerade etwas zu Molly sagen, als jemand hinter ihr erklärte: »Das Programm klingt großartig.«
Jude drehte sich um und sah Julie Williams. »Hey, Julie.«
»Ich hoffe, Zach geht es wieder besser«, sagte Julie und knöpfte sich den Mantel zu.
Jude suchte gerade im Chaos ihrer Handtasche nach den Wagenschlüsseln. »Was meinst du damit?«
»Marsh hat erzählt, er hätte sich den Knöchel verstaucht. Er war fast die ganze Woche nicht beim Training.«
Jude blieb stehen und drehte sich wieder um. »Zach war nicht beim Football? Wegen seines Knöchels?«
»Ach, nein«, sagte Molly leise.
»Die ganze Woche nicht«, bestätigte Julie.
»Ich glaube, es geht ihm schon wieder besser«, entgegnete Jude, ohne sich etwas anmerken zu lassen. »Ich bin mir sogar ziemlich sicher.
Weitere Kostenlose Bücher