Wie Blüten im Wind: Roman (German Edition)
saßen ihre Zwillinge, die sich so ähnlich waren, dass sie im Tandem zu atmen schienen. Wie sie beide halb ängstlich, halb trotzig dasaßen und sich in Erwartung ihrer Reaktion leicht aneinanderlehnten, wirkten sie wie zwei Teile eines Spiegelbilds. Was sie vor allem schmerzte, war, dass sie es vor ihr geheim gehalten hatten. »Wie lange schon?«
»Ein paar Wochen«, antwortete Zach.
Als Mia zusammenzuckte, wusste Jude, dass sie doch verletzt war, zumindest ein bisschen.
Jude atmete geräuschvoll aus. Das konnte in eine Katastrophe münden. Was wäre, falls – wenn – Zach mit Lexi Schluss machte? Was, wenn Lexi dann nicht mehr herkäme? Mia würde am Boden zerstört sein.
Sorgfältig ihre Worte wählend, sagte sie: »Natürlich will ich dir nicht vorschreiben, mit wem du zusammen bist, Zach. Aber Lexi bedeutet uns allen viel. Du darfst nicht vergessen, dass sie schon Mias beste Freundin war, bevor du mit ihr zusammengekommen bist, und dass sie es nach einer Trennung immer noch sein wird. Außerdem gibt es in unserer Familie keine Geheimnisse. Das weißt du auch. Klar?«
»Klar«, erwiderte er strahlend. Wie üblich rechnete er damit, ungeschoren davonzukommen.
»Was das Footballtraining betrifft, so wirst du von nun an kein einziges Mal mehr fehlen, und für die gesamte nächste Woche ist der Wagen gestrichen. Ich mag es nicht, angelogen zu werden.«
Zachs Lächeln verblasste. »Das ist doch widersinnig.«
»Genauso wie lügen«, konterte Jude.
Scheinwerferlicht durchdrang den Wohnbereich und fuhr über Zach und Mia hinweg.
Dann ging die Haustür auf, und Miles kam mit einer Jacke über der Schulter und einem Buch unter dem Arm herein. Er umrundete den Kamin und sah sie schweigend dastehen. Sofort witterte er Ärger und runzelte die Stirn. »Was ist los?«
»Nichts«, antwortete Zach. Er sah Mia an und ruckte leicht mit dem Kopf. Daraufhin rannten sie die Treppe hoch und verschwanden.
»Was war denn?«, wollte Miles wissen und warf sein Sportsakko auf die Couch. Er ging zu der eleganten verspiegelten Hausbar in der Ecke des Wohnbereichs. Kurz darauf reichte er Jude ein Glas Weißwein.
»Zach hat eine neue Freundin«, erklärte Jude, dankbar über den Wein.
»Schon wieder?«, fragte Miles. »Das ging aber schnell.«
»Es ist Lexi.«
Miles dachte einen Augenblick nach. »Ach. Okay.«
»Nein. Das ist nicht okay. Er hat deswegen das Footballtraining geschwänzt.«
Miles setzte sich zu ihr. »Ich bin sicher, du hast ihm eine deiner Gardinenpredigten gehalten. Morgen ist er wieder auf dem rechten Wege.«
»Aber warum ist er erst mal davon abgewichen? Seit Beginn der Highschool hat Zach jeden Monat eine Neue gehabt. Soweit ich weiß, hat er für ein Mädchen noch nie was geschwänzt. Lexi muss etwas Besonderes sein. Er hat sogar das Wort Liebe in den Mund genommen.«
»Hhmm.«
Besorgt biss sich Jude auf die Unterlippe. »Ich wittere Probleme, Miles. Lexi gehört praktisch zur Familie. Und Eifersucht kann ziemlich grausam sein – weißt du noch, wie sie sich früher wegen der Captain-Hook-Figur gestritten haben?«
»Soll das ein Witz sein: die Captain-Hook-Figur?«
Sie sah ihn an. »Dies ist eine schwierige Situation. Es könnte so einiges schiefgehen.«
Er lächelte nachsichtig. »Genau das liebe ich so an dir, Jude.«
»Was?«
»Du übersiehst wirklich nirgendwo die problematische Seite«, scherzte er.
»Aber …«
»Sie sind doch gerade erst zusammengekommen. Wie wär’s, wenn du erst mal abwarten würdest?«
Jude musste lächeln. Er hatte recht, sie übertrieb es mal wieder. Aber bei dieser neuen Beziehung konnte wirklich eine Menge schiefgehen. Ein Herz war so leicht zu brechen. Andererseits konnte sie nichts dagegen tun. Also lehnte sie sich an ihren Mann, umarmte ihn und sah zu ihm auf. »Du bist mir wirklich überhaupt keine Hilfe.«
S IEBEN
Als Jude am nächsten Morgen aufwachte, war es kühl, doch überraschend sonnig. Während Miles duschte und sich danach anzog, stand sie mit einer Tasse Kaffee am Schlafzimmerfenster und überlegte, wie sie die Staudenbeete in ihrem Garten verändern konnte. Die Linienführung war nicht klar genug, und mit der Farbgebung war sie auch nicht rundum zufrieden. Zu schade, dass sie das nicht schon im September bemerkt hatte. Jetzt, im Herbst mit dem Dauerregen, brauchte man zur Gartenarbeit Taucherbrille und Schnorchel.
Miles trat von hinten an sie heran, nahm ihre Tasse, trank einen Schluck und gab sie ihr zurück. »Lass mich raten: Dir
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