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Wie Blüten im Wind: Roman (German Edition)

Wie Blüten im Wind: Roman (German Edition)

Titel: Wie Blüten im Wind: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Hannah
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gefallen die Rosen nicht, die du letzte Woche gepflanzt hast. Azaleen wären besser gewesen.«
    Sie lehnte sich an ihn. »Du machst dich über mich lustig.«
    »Aber nein. Was hast du heute vor?«
    »Ich esse mit Mutter zu Mittag.«
    Er küsste sie auf die Wange. »Lass dich nicht von ihr tyrannisieren.«
    »Ja, danke. Augen zu und durch.« Sie schenkte ihm ein Lächeln und ging dann ins Bad, um zu duschen. Danach gab sie Miles einen Abschiedskuss und begann ihren Tag. Sie trieb die Kinder zum Frühstück zusammen, räumte hinter ihnen die Küche auf und schickte sie mit Küssen und Umarmungen zur Schule.
    Eine Stunde später verließ sie ebenfalls das Haus. Sie brachte Miles’ Wäsche in die Reinigung, holte ein paar Unterlagen vom College-Berater, dessen Dienste sie in Anspruch nahm, ließ sich die Nägel machen, gab ein paar Filme in der Videothek ab und fuhr am Lebensmittelladen vorbei, um einen Freiland-Biotruthahn für Thanksgiving zu bestellen.
    Wegen all dieser Erledigungen schaffte sie es kaum noch rechtzeitig zum Inselhafen und fuhr direkt auf die Fähre. Die Überfahrt dauerte knapp vierzig Minuten. In der Innenstadt von Seattle fand sie einen Parkplatz, der nur wenige Blocks von der Galerie entfernt lag, und besetzte ihn genau um 12.06. Nur wenige Minuten zu spät.
    Auf dem Bürgersteig vor der Galerie richtete sie sich auf, straffte die Schultern und hob das Kinn wie ein Preisboxer, der einen größeren Kontrahenten mustert. Sie wusste, dass sie mit ihrer taupefarbenen Schurwollhose und dem cremeweißen Kaschmirpullover gut aussah … aber auch gut genug für das kritische Auge ihrer Mutter?
    Sie seufzte. Es war einfach lächerlich, dass sie überhaupt etwas auf die Meinung ihrer Mutter gab. Schließlich interessierte sich Caroline auch nicht für ihre Meinung. Sie rückte den Riemen ihrer Handtasche zurecht und steuerte die Galerie an. Ein dezentes Schild an der Wand neben dem Eingang trug die Aufschrift JACE .
    Sie trat ein. Das Innere der Galerie war ein riesiger Raum mit Backsteinwänden, der von großen Fenstern unterteilt wurde. Wunderschöne, perfekt ausgeleuchtete Bilder hingen dicht an dicht. Wie immer ging von den Kunstwerken eine Stimmung aus, die Jude seltsam traurig fand. Sie waren allesamt in Grün-, Braun- und Grautönen gehalten.
    »Judith«, begrüßte ihre Mutter sie und trat auf sie zu. Sie trug eine schmal geschnittene schwarze Hose und eine rosafarbene Seidenbluse. Eine hinreißende Steinkette brachte ihre grünen Augen zur Geltung. »Ich hab dich schon vor ein paar Minuten erwartet.«
    »Der Verkehr.«
    »Natürlich.« Das Lächeln ihrer Mutter war so spröde wie alte Knochen. »Ich dachte, wir könnten draußen essen. Es ist überraschend nett heute.« Ohne auf eine Antwort zu warten, führte sie Jude durch die Galerie auf die Dachterrasse mit Blick auf den Alaskan Way. Von hier aus hatte man auch eine wunderbare Aussicht auf die Elliott Bay und Pine Island. Riesige Terracottakübel mit großen immergrünen Pflanzen schmückten die Dachterrasse. Ein Tisch war mit Silberbesteck und Kristallgläsern gedeckt worden. Wie üblich war alles perfekt. Nett , wie ihre Mutter gesagt hätte.
    Jude setzte sich und rückte nah an den Tisch.
    Caroline schenkte Wein ein und nahm gegenüber von Jude Platz. »Und«, sagte sie, hob einen silbernen Deckel von einer Schüssel und servierte ihnen Salat Niçoise, »womit beschäftigst du dich derzeit?«
    »Die Kinder haben ihr Abschlussjahr in der Highschool. Das hält mich ziemlich auf Trab.«
    »Natürlich. Was wirst du tun, wenn sie aufs College gehen?«
    Jude fand die Frage ominös. »Ich hab einen Meisterkurs in Gartengestaltung entdeckt, der ziemlich interessant aussah«, antwortete sie, hörte – und hasste es – aber gleich, wie blutleer sie dabei klang. Genau diese Frage würde sie sich später selbst stellen müssen. Was würde sie tun, wenn ihre Kinder aus dem Haus wären?
    Ihre Mutter sah sie an. »Könntest du dir eventuell vorstellen, die Leitung von JACE zu übernehmen?«
    »Was?«
    »Die Galerie. Ich werde auch nicht jünger. Die meisten meiner Freunde haben sich schon vor Jahren zur Ruhe gesetzt. Du hast ein gutes Auge für neue Talente.«
    »Aber … die Galerie ist dein Leben.«
    »Ach ja?« Die Mutter nippte an ihrem Wein. »Mag sein. Warum könnte es nicht auch dein Leben sein?«
    Jude dachte darüber nach. Jahrelang hatte sie mit angesehen, wie ihre Mutter für diese Galerie gearbeitet und alles andere aufgegeben hatte. Sogar

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