Wie Blüten im Wind: Roman (German Edition)
letzter Zeit war sie überhaupt kein anständiges Mädchen gewesen. Sie schluckte hart, lächelte kurz, fast verzweifelt, und dann ging sie.
Kurz darauf ließ der Überlandbus sie auf der Night Road heraus. Sie ging die letzten paar hundert Meter zum Haus der Farradays, das hell erleuchtet in die dunkle Herbstnacht strahlte. Sie schritt durch den sorgfältig angelegten Vorgarten und stieg die Treppe zur Haustür hinauf. Einen Moment lang zögerte sie, dann drückte sie die Klingel.
Eine ganze Weile verging, bis Zach schließlich öffnete. »Lex«, sagte er. Er wirkte niedergeschlagen. »Sie will nicht mit mir sprechen.«
»Sind eure Eltern da?«
Er schüttelte den Kopf. »Sie ist oben.«
Lexi nickte und ging an ihm vorbei die Treppe hinauf. An Mias Zimmer angekommen, klopfte sie nicht mal, sondern stieß einfach die Tür auf und trat ein. Mia stand an dem großen, ovalen Spiegel. Selbst in dem gedämpften Licht konnte Lexi sehen, wie verletzt Mia war. »Mia.« Lexi ging auf sie zu. Sie spürte, dass Zach hinter ihr ins Zimmer trat.
»Ich hab euch vertraut.« Mias Lippen zitterten.
Lexi hätte es vorgezogen, wenn sie sie wütend angeschrien hätte. Alles wäre besser gewesen als dieser stille Schmerz. »Mia, du bist die beste Freundin, die ich je hatte. Ich liebe dich wie eine Schwester, und es tut mir leid, wenn ich dir weh getan habe.«
»Das hast du. Ihr beide habt mich verletzt.«
»Ich weiß. Aber du sollst wissen, wie wichtig du mir bist. Noch nie war mir jemand so wichtig wie du. Das musst du mir glauben. Wenn du willst, dass ich mit ihm Schluss mache, dann werde ich …«
»Sag das nicht«, unterbrach sie Zach und trat zu ihr.
Lexi achtete nicht auf ihn, sondern hielt den Blick auf Mia gerichtet. »Ich mache mit ihm Schluss, ehrlich. Aber ich kann nicht aufhören, ihn zu lieben. Ich wüsste nicht, wie. All das hätte ich dir schon lange sagen sollen.«
Mia wischte sich über die Augen. »Es war schon immer irgendwie komisch, wie ihr euch angesehen habt. Ich dachte, ich würde mir was einbilden … wegen Haley.« Sie seufzte schwer. »Ich weiß, was ich Tyler gegenüber empfinde. Wenn es so ist …«
»Genau so ist es«, sagte Lexi ernst.
»Versprichst du mir, mich nicht seinetwegen fallen zu lassen?«, fragte Mia.
Dieses Versprechen fiel Lexi leicht. Sie ließ Zachs Hand los und ging zu Mia. »Ich verspreche es. Und ich werde dich nie wieder anlügen, das schwöre ich.«
»Und wenn er dir das Herz bricht?«, hakte Mia unbeirrt nach, »wirst du dann immer noch meine beste Freundin bleiben? Denn dann brauchst du mich.«
»Ich werde dich immer brauchen«, versprach Lexi. »Ich würde sterben, wenn ich nicht mehr hierherkommen dürfte. Ernsthaft. Ganz gleich, was aus mir und Zach wird, wir beide werden immer beste Freundinnen bleiben.« Sie trat noch näher zu ihr. »Sag, dass du damit klarkommst, Mia. Bitte.«
Mia zog die Nase hoch. Lexi hätte sie jetzt gerne lächeln sehen, aber vielleicht war das zu viel verlangt. »Ich hab Angst«, gestand Mia.
»Ich weiß«, erwiderte Lexi. »Und es klingt bestimmt komisch, aber du kannst mir vertrauen.«
»Uns beiden«, schaltete Zach sich ein.
»Ich will, dass ihr glücklich seid«, sagte Mia schließlich. »Was für ein Mensch wäre ich sonst? Ich liebe euch doch beide.«
»Und wir lieben dich«, fügte Lexi hinzu. Das stimmte: Sie liebte Mia von ganzem Herzen. Dies hier zeigte, dass ihre beste Freundin eine Kämpferin war. Mia war verletzt worden – zwei Menschen, denen sie vertraute, hatten sie angelogen –, und trotzdem war sie hier, versuchte zu lächeln und wollte, dass sie glücklich waren.
»Wir drei werden zusammen sein, das ganze Abschlussjahr«, erklärte Zach, offensichtlich erleichtert. »Ist das nicht cool?«
»Freu dich nicht zu früh«, bemerkte Mia und sah ihren Bruder an. »Wir müssen es morgen noch Mom erzählen.«
»Aber sie wird doch nichts dagegen haben, oder?«, war Lexi besorgt. »Schließlich mag sie mich doch.«
Da endlich lächelte Mia. »Soll das ein Witz sein? Unsere Mom hat gegen alles was einzuwenden!«
Am nächsten Abend fand um achtzehn Uhr in der Highschool-Bibliothek ein Elternabend speziell für das Abschlussjahr statt. Die meisten Eltern von der Insel waren anwesend.
»Wir alle wissen, dass Pine Island etwas Besonderes ist«, begann Police Officer Roy Avery von seinem Platz am vordersten Tisch. »Ich kenne viele der Schüler dieses Jahrgangs – mein Jüngster hat vor zwei Jahren seinen Abschluss gemacht
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