Wie Blüten im Wind: Roman (German Edition)
College ist teuer«, sagte Lexi seufzend.
»Ich wünschte …«
»Was?«
»Wieso hab ich in all den Jahren kein Geld zurücklegen können? Ich finde es schrecklich, dass ich dich nicht unterstützen kann.«
Lexi überkam eine Welle der Zuneigung zu dieser Frau, die ihr Leben geändert und ihr ein Zuhause gegeben hatte. »Sag doch nicht so was, Eva. Du hast mir das Wichtigste auf der Welt gegeben.«
Eva sah sie an. Sie wirkte besorgt. Die Falten um ihren Mund erinnerten an scharf gezeichnete Furchen. »Ich hab heute mit Barbara telefoniert.«
»Wie geht es ihr denn? Strickt deine Schwester immer noch so viele Decken, dass man ein ganzes Entwicklungsland damit ausstatten könnte?«
Eva nahm Lexi gegenüber Platz. »Sie möchte, dass ich zu ihr nach Florida ziehe – natürlich erst nach deinem Abschluss. Eigentlich würde ich nicht im Traum daran denken, aber … das Klima hier ist Gift für meine Knie. Wir dachten, du könntest vielleicht auch mitkommen. In ihrer Straße gibt es eine Schule für Friseurinnen. Das ist ein zukunftsträchtiges Handwerk. Einen guten Haarschnitt brauchen die Menschen immer.«
Lexi versuchte zu lächeln, aber es fehlte ihr die Kraft. Die Vorstellung von einem Leben ohne Eva war furchteinflößend, aber Florida war so weit weg. Wie sollte sie Mia und Zach jemals wiedersehen, wenn sie in Florida lebte? Würde sie wirklich zwischen den Menschen, die sie liebte, wählen müssen? Gehörte das zum Erwachsenwerden?
»Du denkst wohl an deinen jungen Mann. Werdet ihr denn zusammen aufs College gehen?«
»Nein, aber wir sehen uns in den Ferien. Ich bleibe in Seattle, und er kommt nach Hause, um seine Eltern zu besuchen.«
»Das habt ihr also schon geplant.«
»Ja, es ist alles geplant.«
»Pass auf dich auf, Lexi«, sagte Tante Eva leise. »Ich weiß, was passiert, wenn Jungs kurz davor stehen, aufs College zu gehen. Genau dann treffen Mädchen falsche Entscheidungen. Achte darauf, dass du nicht eins dieser Mädchen bist.«
»Nein, bin ich nicht.«
Eva stand wieder auf. Lexi bemerkte, wie langsam sich ihre Tante bewegte, seit die kalte Jahreszeit angebrochen war. Jetzt tätschelte sie Lexi die Schulter und ging zum Haken an der Eingangstür, wo ihr blauer Walmart-Kittel auf sie wartete. »Wir haben eine Menge Ware für Thanksgiving bekommen.« Sie wandte sich um. »Ich besorge uns einen Truthahn. Dann haben wir ein Festmahl mit allem Drum und Dran. Würde dir das gefallen?«
»Ja, sehr.«
Eva öffnete die Tür und trat hinaus in den dunklen regnerischen Abend.
Kurz darauf klopfte es. Offenbar hatte ihre Tante etwas vergessen oder sich selbst ausgeschlossen.
Lexi ging zur Tür und öffnete.
Zach stand mit einem Strauß roter Rosen auf der obersten Stufe. »Ich dachte schon, sie würde nie verschwinden.«
»Zach! Was machst du hier?«
Er zog sie in die Arme und küsste sie, bis sie sich wie eine Ertrinkende an ihn klammerte. »Ich musste dich sehen«, gestand er schließlich, genauso atemlos wie sie. Dann hob er sie auf seine Arme und trug sie durch den Flur. Der ganze Wohnwagen erzitterte, und irgendwo auf dem Weg ließ sie die Rosen fallen. Er legte sie auf ihr schmales Bett, bedeckte ihren Körper mit seinem und küsste sie. Als er sich an sie presste, spürte sie durch ihre Jeans, wie sehr er sie begehrte.
Seine Zunge spielte mit ihrer, und in ihr erwachte etwas, eine Sehnsucht, ein Verlangen, das neu war, mächtig und fast erschreckend. Ohne darüber nachzudenken, drückte sie ihn an sich, um mehr von seinem Verlangen zu spüren.
Er fluchte, löste sich von ihr und ließ sich von ihr heruntergleiten. Als sie ihn verwirrt ansah, versuchte er zu lächeln, aber seine Augen waren fast schwarz. Ihr eigenes Verlangen spiegelte sich darin. Nur schien er keine Angst zu haben. »Das lassen wir wohl besser«, sagte er unsicher.
»Ja, ich weiß«, erwiderte sie und zog ihren Pulli wieder nach unten. Ihr brannten die Augen, und sie schämte sich, obwohl sie nicht wusste, warum. Sie rollte sich zur Seite, wandte sich von ihm ab. Er schmiegte sich an sie, so dass sie Rücken an Bauch lagen.
»Warum hast du solche Angst vor mir, Lexi? Nicht vor dem Sex. Vor mir . Warum bist du so sicher, dass ich dir weh tun werde?«
»Weil ich dich liebe, Zach.«
»Aber ich liebe dich auch.«
Sie seufzte. Zachs Auffassung von Liebe war von seiner Familie geprägt; ihre war etwas düsterer. Sie wusste, wie es war, von jemandem verlassen zu werden, der einen angeblich liebte. »Halt mich einfach fest,
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