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Wie Blüten im Wind: Roman (German Edition)

Wie Blüten im Wind: Roman (German Edition)

Titel: Wie Blüten im Wind: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Hannah
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Armbanduhr zu erkennen. 3.37 Uhr. Dann ließ sie ihr Handy aufschnappen. Sie hatte eine SMS von Mia.
    Tut uns leid. Sind zu spät. Auf dem Weg. Hdl. Die SMS war um 2.11 Uhr gesendet worden.
    O ja, das würde ihnen noch leidtun! Ganz sicher waren sie zu spät nach Hause gekommen, hatten sich nicht bei Jude gemeldet und vergessen, die Außenbeleuchtung auszuschalten. Dies würde für eine Weile ihre letzte Party gewesen sein. Sie stand auf, schaltete den Fernseher und die Außenbeleuchtung aus und verschloss die Haustür. Während sie die Treppe hinaufging, überlegte sie, ob sie sie aufwecken oder lieber erst morgen anschreien sollte.
    Sie öffnete Mias Tür und machte Licht. Das Bett war leer.
    Wie ein Tropfen Säure auf nackter Haut traf sie die Angst. Sie ging zu Zachs Zimmer.
    Es war ebenfalls leer.
    Ruhig durchatmen, Jude. Sie kamen zu spät, mehr nicht. Sie hatten die Party verlassen wollen und waren dann irgendwie aufgehalten worden.
    Jude rief Mia über Handy an. Nach endlosem Klingeln schaltete sich die Mailbox ein.
    Dasselbe bei Zachs Handy.
    Sie rannte hinunter zum Schlafzimmer. Miles lag im Bett und schlief mit einem aufgeschlagenen Buch auf der Brust. Der Fernseher lief.
    »Es ist schon spät, Miles, und sie sind noch nicht zu Hause.«
    »Dann ruf sie an«, murmelte er.
    »Hab ich schon. Sie melden sich nicht.«
    Miles setzte sich auf, runzelte die Stirn und sah zur Uhr. »Es ist fast vier.«
    »So spät waren sie noch nie dran.«
    Miles fuhr sich mit der Hand durch die Haare. »Jetzt bloß keine Panik. Wahrscheinlich haben sie die Zeit aus den Augen verloren.«
    »Wir könnten hinfahren und nachsehen«, schlug Jude vor.
    Miles nickte. »Ich glaube …«
    Da klingelte es an der Haustür.
    » Gott sei Dank !«, rief Jude erleichtert. Dann überkam sie Zorn. »Die falte ich zusammen«, murmelte sie und verließ das Zimmer.
    Sie trat hinaus in den langgezogenen Flur. Er war dunkel … doch auf einmal sah sie rotes Licht … und dann gelbes. Blinkendes, blendendes Licht durchschnitt die Dunkelheit.
    Polizeiblinklichter.
    Sie taumelte und wäre fast gefallen. Doch da war Miles schon bei ihr und stützte sie.
    Sie spürte, wie sie sich vorwärtsbewegte, aber sie ging eigentlich nicht, sondern driftete wie Treibholz in der Bewegung ihres Mannes mit.
    Vor der Haustür standen zwei Polizisten. Es regnete heftig. Warum fiel ihr das jetzt auf? Sie kannte die Männer, kannte auch ihre Frauen und Kinder, aber sie sollten zu Hause sein, nicht hier, jetzt, mitten in der Nacht, mit blinkenden Lichtern.
    Officer Avery trat mit der Mütze in der Hand vor.
    Sie sah alles nur in Fragmenten und verschwommen, als würde sie eine fremde Brille aufhaben. Aufblitzende Farben, pechschwarze Nacht, Regentropfen, die aussahen wie Asche, die vom Himmel fiel.
    Es tut mir leid, aber es hat einen Unfall gegeben.
    Wörter. Laute. Lippen, die sich bewegten. Schweres Atmen. Fallende Regentropfen.
    Mia … Zach … Alexa Baill.
    Sie konnte es nicht begreifen, konnte einfach den Sinn nicht erfassen. Meine Kinder … Sie sprechen über meine Kinder.
    »Alle drei sind mit dem Hubschrauber nach Harborview geflogen worden.«
    »Geht es ihnen gut?«, hörte sie ihren Mann fragen, und das war ein solcher Schock für sie, dass sie fast von ihm abgerückt wäre. Wieso hatte er seine Stimme unter Kontrolle und konnte etwas fragen?
    Hatte der Polizist geantwortet? Was hatte er gesagt? Jude hörte nichts außer dem prasselnden Regen und ihrem rasenden Herzen. Weinte sie? Konnte sie deshalb nichts sehen?
    Miles blickte sie an, und in seinen Augen sah sie, wie gefährdet, wie zerbrechlich sie beide waren. Dies war in einem einzigen Augenblick geschehen; in der Zeit, die sie vom Schlafzimmer bis zur Haustür gebraucht hatten, waren ihre Kraftreserven geschwunden, ihre Knochen geschwächt worden. Jetzt befürchtete sie, dass seine Berührung einen blauen Fleck bei ihr hinterlassen würde.
    »Ziehen wir uns an.« Er nahm sie am Arm. »Wir müssen los.«
    Die Fahrt zum Krankenhaus schien eine Ewigkeit zu dauern. Da zu dieser Uhrzeit keine Fähren fuhren, mussten sie die Brücke zum Kitsap County nehmen und Seattle umfahren.
    Während der ganzen Fahrt sagten sie kein Wort. Schweigen ging, Reden nicht. Es kostete sie ihre ganze Kraft, nur ein- und auszuatmen, ohne zu weinen.
    Jetzt wünschte sie, sie würde an Gott glauben. All die Spiritualität, die sie kultiviert hatte, half ihr jetzt nicht. Sie brauchte etwas, an das sie glauben konnte, um ihre aufsteigende

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