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Wie Blüten im Wind: Roman (German Edition)

Wie Blüten im Wind: Roman (German Edition)

Titel: Wie Blüten im Wind: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Hannah
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widersprach Eva.
    Ein Anflug von Rührung überkam Lexi. »Komm schon, Eva. Soll ich etwa ungestraft davonkommen, obwohl ich meine beste Freundin getötet habe? Ich hab’s getan, und wir können es uns nicht leisten …«
    »Du wirst nicht auf ›schuldig‹ plädieren«, wiederholte Eva. »Ich hab das Geld aus meiner Altersvorsorge.«
    »Sie lassen sich von Ihren Gefühlen hinreißen«, sagte Scot. »Ich sehe, dass Sie ein anständiger Mensch sind, der das Richtige tun will, aber auf ›schuldig‹ zu plädieren ist nicht das Richtige. Für Trunkenheit am Steuer mit Todesfolge kann es unter Umständen sogar lebenslänglich geben. Glauben Sie mir, Gefängnis ist nicht die Lösung, Lexi. Und bei der derzeitigen Stimmungslage hier … müssen wir für Ihre Freiheit kämpfen.«
    Wie sollte sie sich vor Gericht hinstellen und behaupten, sie sei unschuldig, wenn doch alle wussten, dass das nicht stimmte? »Wir wissen doch, was das Richtige ist. Willst du nicht, dass ich das Richtige tue, Tante Eva?«
    »Du bist zu jung, um zu wissen, was in diesem Fall das Richtige ist, Lexi. Zugegeben, du hast einen schrecklichen Fehler begangen. Aber ist Gefängnis die Lösung? Nein. Du weißt doch, wie es da ist, du hast deine Mutter besucht.« Eva trat zu ihr und umfasste mit ihren aufgesprungenen Händen Lexis Gesicht. »Ich weiß, du machst dir Sorgen um mich. Aber das ist nicht nötig. Wir können uns alles leisten, was nötig ist.«
    »Selbst wenn Sie für ein milderes Strafmaß auf ›schuldig‹ plädieren, muss sich der Richter nicht daran halten. Innerhalb der Vorgaben kann er jedes Urteil verhängen, das er für richtig hält. Und bei dem großen Medieninteresse will er vielleicht ein Exempel statuieren. Unter Umständen könnten Sie ein Leben lang hinter Gittern landen, Lexi.«
    »Aber ich bin ein Exempel«, erwiderte Lexi leise. »Mir ist das Schlimmste passiert, und das sollten andere Jugendliche wissen. Wie soll ich vor Gericht aufstehen und behaupten, ich wäre nicht schuldig?«
    »Sind die Folgen jener Nacht nicht schon schlimm genug?«, fragte Eva.
    »Ende der Diskussion. Sie bezahlen mich für meinen Rat, und der lautet: Wir plädieren auf ›nicht schuldig‹«, sagte Scot entschieden.
    Lexi seufzte. Sie redeten nur über das Gesetz und ihre Zukunft, obwohl es doch gar nicht darum ging. Aber sie wollten sie unbedingt retten. Außerdem wollte sie sie nicht enttäuschen, am wenigsten Eva. »Okay.«
    Jude saß zwischen ihrem Mann und ihrem Sohn im Gerichtssaal. Zach hielt sich vollkommen gerade, so wie sie es sich immer von ihm erbeten hatte. Der verspielte, lässige Junge von einst war verschwunden. Jetzt zog er sich die Hose hoch, trug einen Gürtel und räumte unaufgefordert sein Zimmer auf. Sie wusste auch, warum: Er wollte sie unbedingt glücklich machen. Er lebte in ständiger Angst, etwas Falsches zu sagen oder zu tun. Oder sie zum Weinen zu bringen. Besonders hier, vor allen, die sie kannten.
    Die Bankreihen im Gerichtssaal füllten sich rasch. Sobald Lexis Verhaftung und Anklage bekannt worden waren, waren alle darauf erpicht gewesen, dem Prozess beizuwohnen. Schon vor Tagesanbruch hatten die Leute Schlange gestanden, um einen Platz zu bekommen. Dieser Fall ließ niemanden kalt: Die einen betrachteten Lexi als Opfer, die anderen als Gefahr für die Gesellschaft. Es gab auch einige, die Jude und Miles Vernachlässigung der Aufsichtspflicht und unpädagogisches Verhalten vorhielten – das waren vor allem Eltern, die schworen, ihre Kinder würden niemals Alkohol trinken. Ein paar Fanatiker behaupteten gar, wenn man erst mit achtzehn Alkohol trinken dürfte, wäre das nicht passiert.
    Die hiesige Presse und ein, zwei Journalisten überregionaler Medien bevölkerten den Gang. Jude sah sich nicht um, wollte keinen der Freunde sehen, die sie im Laufe der Jahre auf Pine Island gefunden hatte, keine der Frauen, mit denen sie sich bei Klassenfesten, auf dem Schulparkplatz oder an der Supermarktkasse unterhalten hatte. Viele von ihnen riefen sie regelmäßig an, und sie ging auch ans Telefon, aber die Anrufe dauerten meist nicht lange. Jude wusste einfach nicht mehr, was sie sagen sollte. Es war ihr auch gleichgültig, dass Vertreterinnen der MADD noch just an diesem Morgen eine Pressekonferenz abgehalten und eine Gefängnisstrafe für Lexi gefordert hatten.
    Lexi.
    Allein der Name löste bei Jude schon Wut oder Verzweiflung aus. Sie bemühte sich nach Kräften, nicht an das Mädchen zu denken, das die Tragödie

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