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Wie Blüten im Wind: Roman (German Edition)

Wie Blüten im Wind: Roman (German Edition)

Titel: Wie Blüten im Wind: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Hannah
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interessiert’s.«
    »Früher«, sagte Lexi und bei diesem einen Wort begriff sie, dass ihr ganzes Leben nun in zwei Teile geteilt war: in den, bevor sie ihre beste Freundin getötet hatte, und in den danach.
    Die Abschlusszeremonie war für Jude eine einzige Tortur. Den ganzen Tag hatten Geister sie heimgesucht, ein fehlendes Gesicht, falsche Mädchen …
    Als die Feier endlich zu Ende war, fühlte sie sich wie ein Häufchen Elend. Sie versuchte, Zach zu überreden, zur Party mit seinen Freunden zu gehen. Du wirst dich immer daran erinnern können , sagte sie matt, aber beide wussten, dass das nicht stimmte. Vom Verstand her wusste sie, dass sie ihn überreden und so tun sollte, als ginge sein Leben einfach weiter, aber ihr Gefühl sagte etwas anderes.
    Also waren sie schweigend heimgefahren. Sie lehnte den Kopf gegen das Beifahrerfenster und zitterte vor Kälte, obwohl die Sitzheizung auf höchste Stufe gestellt worden war. Hinter ihr saß Zach, trommelte mit den Fingern auf ihrer Kopfstütze und stürzte, kaum dass sie zu Hause angekommen waren, aus dem Wagen ins Haus. Zweifellos wollte er sich mit Videospielen ablenken.
    »Lexi war da«, sagte Miles später, als er und Jude allein in der Küche waren.
    Jude spürte, wie Wut in ihr aufstieg. Die gesunde, unversehrte Lexi, die aus jener Nacht nur einen gebrochenen Arm zurückbehalten hatte.
    »Die hat Nerven. Ich hoffe, Zach hat sie nicht gesehen.«
    »Doch, hat er«, erwiderte Miles und blickte sie an. »Lass das, Jude. Du machst es nur noch schlimmer.«
    »Schlimmer? Soll das ein Witz sein? Wie soll es denn noch schlimmer werden?«
    »Zwing Zach nicht, zwischen dir und Lexi zu wählen. Er liebt dich, das weißt du. Er hat immer alles getan, damit du stolz auf ihn bist. Nutz das jetzt nicht aus. Er und Lexi haben einiges zu klären.«
    Jude seufzte schwer, marschierte zum Schlafzimmer und schloss die Tür.
    Die nächsten achtundvierzig Stunden verbrachte sie im Bett. Mal schlief sie, mal weinte sie. Stundenlang lag sie mit geschlossenen Augen da und dachte Komm zu mir, Mia, sprach mit ihrer Tochter, aber nichts geschah. Kein Luftzug auf ihrem Gesicht, der der Atem ihrer Tochter hätte sein können, kein Flackern der Nachttischlampe. Nichts. Aber eigentlich glaubte sie auch nicht, dass Mia sie hören konnte.
    Als sie schließlich aus dem Bett kroch, sah sie aus wie eine neunzigjährige Obdachlose, die auf der Straße ein Designerkleid gefunden und es wochenlang getragen hatte. Sie wusste, dass Miles sie nicht verstand. Am Abend zuvor hatte er wieder geseufzt – aus Verzweiflung oder Resignation –, weil sie kein Nachthemd anziehen konnte. Er verstand einfach nicht, wie zerbrechlich sie sich fühlte. Sie hatte Angst, wenn sie ihre Arme heben würde, könnten sie brechen.
    Jetzt zog sie sich einen alten Jogginganzug an. Ohne zu duschen oder sich auch nur die Zähne zu putzen, verließ sie, angelockt vom Kaffeegeruch, das Schlafzimmer.
    Miles saß an der Granittheke der Küche und trank Kaffee. Als sie hereinkam, richtete er sich auf und warf ihr vor lauter Erleichterung ein so strahlendes Lächeln zu, dass ihr eigentlich warm ums Herz hätte werden müssen.
    Der Fernseher lief. Bevor Jude noch etwas sagen konnte, hörte sie den Nachrichtensprecher verkünden: »… tötete nur eine Woche vor dem Schulabschluss ihre beste Freundin durch Fahren unter Alkoholeinfluss.«
    Jude sah zum Fernseher, obwohl sie wusste, dass das ein Fehler war. Ihr wurde speiübel, als sie den zusammengeknautschten Mustang mit der zersprungenen Windschutzscheibe sah. Dieses Bild hatte sie noch nicht gesehen … und dann erschien Lexis strahlendes Gesicht auf dem Bildschirm. »Die Vorsitzende des hiesigen Vereins Mothers Against Drunk Driving …«
    Miles drückte auf die Fernbedienung, und der Bildschirm wurde schwarz.
    Jude spürte, wie wieder Wut in ihr aufkam und alles andere verdrängte. Sie bekam mit, dass Miles zu ihr sprach, aber sie hörte nur das Rauschen des Blutes in ihrem Kopf. Sie schenkte sich einen Kaffee ein und verließ die Küche.
    Wie sollte sie das überleben? Wie sollte sie Lexi eines Tages auf der Straße begegnen, ohne umzukippen?
    Lexi konnte ihr Leben weiterleben …
    Jude stand zitternd im Wohnbereich und fragte sich, was sie tun sollte. Sollte sie wieder ins Bett zurück?
    Sie schloss die Augen und versuchte, das Bild von Zachs Wagen aus ihrem Kopf zu verbannen …
    Zuerst meinte sie, ihr Herz klopfen zu hören, und dachte komisch , dann aber erkannte sie, dass es

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