Wie Champagner in den Adern
bewusst.
„Ich bin so schmutzig", stellte sie fest. „Ich weiß, ich rieche scheußlich, und mein Haar ist so verknotet, ich wünschte, ich hätte wenigstens einen Kamm!"
Rafi schaute ihr in die Augen. „Für mich duftest du, und dein Haar ist eine Pracht." Zara erschauerte.
„Aber da du unglücklich bist..." Rafi neigte sich ein wenig zur Seite und fasste mit der Hand in seine schwarze Jeans, über der er ein weites Hemd trug. Er trug auch die gleiche weißen Keffieh, wie Jalal und seine Männer sie sich um den Kopf gewickelt hatten.
Er hatte eine kleine Samtschachtel in den Händen. Die hielt er ihr hin.
Zara musterte sie verwundert. „Was ist denn das?"
„Das ist für dich", antwortete er. „Nimm es."
Sie griff danach und freute sich über die samtene Glätte unter ihren Fingern. So etwas Angenehmes hatte sie schon seit Tagen nicht mehr gefühlt.
In der Schachtel befand sich ein Ring. Ein Traumring, wie man sich ihn nur wünschen konnte. Ein großer, tiefgrüner Smaragd umgeben von glänzenden, funkelnden Diamanten, Rubinen und Saphiren.
Er fing das Licht der Kerze ein, vergrößerte und intensivierte es, so dass Zara das Gefühl hatte, in einen sternenübersäten Himmel zu schauen.
„Oh!", hauchte Zara. Ihr fehlten die Worte. „Wie schön." Sie sah Rafi an. „Aber ..."
Rafi legte ihr einen Finger gegen die Lippen. „Das ist ein Zauberring", erklärte er. „Nicht mehr und nicht weniger. Wenn du den Ring reibst und dir etwas wünschst, bekommst du, was dein Herz begehrt."
Sie lächelte und war gebannt wie ein Kind. „Wirklich? Was immer ich mir wünsche? Angenommen, ich wünsche mir, befreit zu werden?"
„Bei manchen Wünschen dauert es länger als bei anderen, aber alle werden erfüllt", versicherte Rafi ihr. „Setz ihn auf, und wünsch dir etwas."
Er war groß, passte aber auf ihren Mittelfinger. „Was passiert, wenn ich ihn reibe? Erscheint dann ein Geist?"
„Der Geist ist schon da." Er verneigte sich vor ihr. „Reibt den Ring, Herrin, schließt Eure Augen und sagt mir Euren Wunsch."
Sie lachte laut auf, zum ersten Mal seit Tagen, und unterdrückte die Laute sofort, weil sie sich ihrer Umgebung bewusst wurde. Gelächter schallte weiter als jedes andere Geräusch. „Also gut!" Zara schloss die Augen und konzentrierte sich darauf, den Ring kräftig zu reiben. „Ich wünschte, ich hätte einen Kamm!"
Rafi hob beide Arme und schwang die Hände durch die Luft. „Abrakadraba! Ihr könnt die Augen wieder öffnen, Herrin."
In seiner Hand lag ein hübscher, breitzahniger Kamm. Zara schnappte erfreut nach Luft. „Du hast ja einen dabei! Woher wusstest du das?"
„Aber der Ring ist ein Zauberring, Herrin", wehrte er ab. Lie be und Humor lagen in seinem Blick.
„Ich selbst wusste nichts. Soll ich Euch das Haar kämmen?"
Fasziniert vom Ausdruck seiner Augen gab sie ihm den Kamm zurück, und er machte sich behutsam an die Arbeit.
„Madam, soll der Geist Euch eine Geschichte erzählen, während er Euer Haar auskämmt?"
Zara seufzte und spürte seine Hände in ihrem Haar. Ein Krib beln und Prickeln breitete sich auf ihrer Kopfhaut aus. Wie ihr Gefängnis sich doch verändert hatte. In diesem Moment hätte sie mit niemandem tauschen wollen, wenn Freiheit bedeutet hätte, sie würde Rafi nie wieder sehen.
„O ja, erzähl mir eine Geschichte!"
„Kehr mir bitte den Rücken zu", verlangte er. Sie kam der Aufforderung nach, hockte sich auf ihre Beine und zog den ge schlitzten Rock des ehemals weißen Kleides über ihre Hüften und Knie, während er begann:
„Vor langer Zeit lebte einmal ein großer König. Mahmoud von Ghazna hieß er. Dieser König hatte eine wunderschöne türkische Sklavin, Ayaz. Sie war eine treue und beliebte Sklavin, deren Haar eine besondere Pracht war. Es war lang und wellig und reichte ihr wie tausend schwarze Narzissenblüten den Rücken hinunter. Selbst das Kerzenlicht schienen die Locken einzufangen."
Seine Stimme klang hypnotisierend, so dass Zara nicht wusste, ob er von der Vergangenheit oder der Gegenwart sprach.
„Die Sklavin war dem König verboten, und der König wusste das. Er versuchte auch, sich daran zu halten. Doch eines Abends hatte der König mehr getrunken als sonst, und in seinem leic hten Rausch sah er ihr schwarzes Haar, Strähne für Strähne. Da erfasste ihn Verlangen. Er spürte die Gefahr und rief seiner Sklavin zu: ,Dein Haar führt mich vom Pfad der Tugend! Schneid es ab, damit es mich nicht mehr in Versuchung bringt.' Er
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