Wie Champagner in den Adern
Männer saßen, rauchten und Backgammon spielten. Bei seinem Eintritt schauten sie auf. Er ging rasch auf das Licht zu, damit sie ihn am Gesicht erkannten. Als sie ihren Anführer sahen, sprangen sie ein wenig alarmiert auf.
„Sollen wir Gavrosh satteln, Herr? Niemand hat uns Bescheid gesagt."
Ein Stall. Das war natürlich auch ein Grund für die viele Bewegung, die er beobachtet hatte. Sollte tatsächlich nicht mehr dahinterstecken? Nun, er musste alles auf eine Karte setzen. „Wer hält im Tunnel Wache?" Absichtlich sprach er mit rauer Stimme und hüstelte, als müsse er sich räuspern.
Beide Männer wandten sich dem Dunkel am anderen Ende des langen Raumes zu. Rafi schloss erleichtert die Augen. Also doch.
„Jehan, Ahmad und Zahir, Herr."
Er nickte, als sage ihm die Information etwas. Allmählich hatten sich seine Augen an das Dunkel gewöhnt. „Wann ist ihre Schicht zu Ende?" Seine Stimme klang immer noch rau.
Im selben Moment merkte er, dass er sich bereits im Tunnel befand. Der Boden senkte sich. Er schaute kurz in die Dunkelheit, die zu schwarz war, als dass die Augen sich daran gewöhnen konnten. Dann wandte er sich den Wachen zu.
Die beiden waren von der Frage überrascht, fingen sich aber und antworteten: „In ... um vier Uhr, Herr, wie immer."
Rafi nickte und kehrte zur Tür zurück. „Schickt Zahir zu mir, wenn er hochkommt."
„Soll ich ihn jetzt rufen, Herr?"
Sein Anführer warf ihm einen missbilligenden Blick zu. Der Mann entschuldigte sich hastig. „Ich werde es ihm ausrichten, Herr, wenn er hochkommt."
Rafi verließ den Raum. Im Halbdunkel des Vordaches machte er rasch ein paar Notizen für seine Brüder. Dann schritt er lässig über den Innenhof. Hier und da nickte er den Leuten zu oder sagte ein ermunterndes Wort, so wie er es auch bei seinen eigenen Männern machte.
Neben einem großen Kessel, der über einem Feuer hing, blieb er stehen und bat die Frauen, die den Eintopf rührten, ihn kosten zu lassen. Bereitwillig reichte ihm eine einen Löffel voll. Er lobte ihre Kochkünste, erntete jedoch Kopf schütteln. Der Eintopf war noch nicht fertig.
Das hielt ihn nicht davon ab, ihnen lachend zu versichern, er werde unwiderstehlich gut schmecken.
„Gebt auch den Wachen, die Dienst haben", befahl er ihnen. „Sie sollen auch etwas von dem Vergnügen haben."
Die Frauen nickten und versprachen ihm, das zu tun. „Wir geben ihnen zuerst", bot eine von ihnen an.
„Ausgezeichnet", erwiderte er und ging weiter.
Es dauerte nicht lange, da kündeten aufgeregte Rufen das Kommen des klapprigen Lieferwagens, beladen mit Obstkisten, an. Neben Mustafa, dem Fahrer, in eine schwere Keffieh gehüllt, erkannte er an den Augen seinen Bruder Karim.
Auch wenn es ihn nicht überraschte, so dachte er unwillkür lich, wie leichtsinnig von ihm. Rafi hob grüßend seine Hand.
Karim musterte ihn verwundert, richtete sich jedoch nach Mustafa, der sich respektvoll vor Jalal, dem Banditen, verneigte.
Flüchtig ließ Rafi seinen Blick über die Obstkisten schweifen, die sie abluden. Er nahm sich einen Apfel und legte dafür ein Stück Papier hin, das sofort in Karims Hand verschwand.
„Ist das euer bestes Obst?", fragte er Mustafa.
„Das beste, was wir liefern können", versicherte ihm der Händler und nickte eifrig. Er hatte Angst, dass der Fremde, den er anstelle seines Bruders mitgebracht hatte, erkannt werden würde und er und sein Bruder dafür büßen mussten.
Karim bemerkte vielsagend: „Ausgezeichnetes Obst, Herr! Jeder wird es essen wollen. Köstlich und besser als das, was bestellt war. Besonders diese Trauben schmecken gut!" Er hielt ihm einen Korb voll hin.
Der Anführer pflückte sich eine Traube. „Ausgezeichnet! Köstlich!", erklärte er jovial. Von der anderen Seite des Innenhofs musterte ihn verwundert die alte Frau, die Zara versorgte.
„Was ist mit unserem Gast, mein Sohn? Geht es ihm besser?", rief sie.
Mein Sohn. Rafi schluckte. War es möglich? Frauen benutzten diese Anrede zwar auch bei jungen Männern, mit denen sie nicht verwandt waren ... aber der Tonfall, in dem sie das sagte, war nicht der einer alten Frau ihrem Anführer gegenüber. Er mochte Jalals Gefolgsleute irreführen, aber seine eigene Mutter würde ihn bestimmt erkennen.
Auf dem Boden des Korbes, in dem die Trauben lagen, das wusste er, befand sich das Betäubungsmittel, das er in den Ein topf schütten wollte. Unschlüssig, da die alte Frau auf eine Ant
wort wartete, schaute er Karim an und erkannte,
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