Wie Champagner in den Adern
aus sah man nichts als Berge. Die Sonne ging gerade unter, der Mond war schon hoch über den Gipfeln im Nordosten zu sehen, die Luft war klar und frisch. Überall duftete es nach Blumen und - wie es schien - nach dem Schnee, der die Bergspitzen bedeckte.
Der Springbrunnen plätscherte vor sich hin. Ringsum war der Innenhof von einem Wandelgang umgeben wie bei einem mittelalterlichen Kloster. In jedem Bogen stand eine Pflanze.
Zara erschien es wie ein verzaubertes Schloss. Da hörte sie ein Geräusch hinter sich und wandte sich um. Der Prinz betrat ihr verzaubertes Schloss.
Er war im orientalischen Stil gekleidet, trug eine grüne Seidentunika, deren Ärmel vom Handgelenk bis zum Ellenbogen bestickt war und deren Kragen mit funkelnden Goldfäden und Edelsteinen verziert war, und dazu eine weite Hose. Er hatte sich frisch rasiert, doch sein dichter Schnäuzer zierte seine Oberlippe. Er erinnerte sie an den Abend des großen Festes in der Wüste.
Sie stand neben dem Springbrunnen und betrachtete Rafi lie bevoll. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht.
Rafi lächelte nicht. Er stand einen Moment reglos da und war zu bewegt, um zu lächeln. Zara war sein.
Er wusste es, ohne zu fragen, ohne es von ihr zu hören. Sie wäre nicht hier, sie würde ihn nicht anlächeln, wenn ihre Antwort Nein wäre. Er hatte die vergangenen vier Tage zwischen Hoffen und Bangen verbracht. Schließlich hatte er sich nicht mehr auf die Verhandlungen mit Jalal konzentrieren können und war von seinen Brüdern weggeschickt worden. Selbst Jalal hatte festgestellt, dass es sinnlos war, sich mit Rafi zu unterhalten, bevor er nicht das Jawort von seiner Geliebten bekommen hatte.
Vogelgezwitscher erklang. Der Mond wurde heller, und die Sonne verschwand. Die Dämmerung zog herauf und die ersten Sterne zeigten sich.
Rafi trat auf sie zu, blieb dicht vor ihr stehen und schaute ihr in die Augen. Er wusste so viel über sie und doch nicht genug. Er wollte sein Leben damit verbringen, Zaras Zauber zu entdecken, ihre Schönheit und ihre Liebenswürdigkeit zu ge nießen.
Er fasste nach ihrer Hand. Zara erschauerte merklich. Er hob ihre Hand und hauchte einen Kuss darauf. Sein dunkles Haar fiel ihm in die Stirn, und sie spürte, wie bewegt er war. Nie zuvor war sie einem Mann begegnet, der so offen, ehrlich, tapfer und großzügig war. Sie hatte noch nie jemanden so sehr geliebt. Da sie diese Gefühle nicht auszudrücken vermochte, gab sie ihm einen Kuss.
Er spürte ihre Lippen auf seinem Haar und hob den Kopf. Wie von selbst fanden sich ihre Lippen. Ein wilder Strom des Verlangens erfasste und durchflutete sie.
„Geliebte", hauchte er.
„Ich liebe dich, Rafi", gestand sie ihm.
„Ich werde dich mein ganzes Leben lieben und nie eine andere Frau nehmen", erwiderte er.
Er fragte sie nicht. Er wusste es. Und für Zara war es nicht anders. Konnte es da noch Zweifel oder Fragen zwischen ihnen geben?
„Ich will keinen anderen Mann als dich", sagte sie.
Sie machten einen Spaziergang durch den Garten, während der Mond höher stieg und der Himmel dunkler wurde. Das Vogelgezwitscher verstummte, und eine Blume verströmte ihren Duft, als wäre die Nacht ihr Geliebter. Sie unterhielten sich leise, berührten sich und fühlten sich von der Liebe umfangen.
Im Speisesaal wurden die Lampen entzündet, und die Diener huschten um den Tisch, um das Essen vorzubereiten. Schließlich gingen sie beide hinein.
Zwei Bedienstete wandten sich ihnen zu und verneigten sich.
Rafi nahm Zaras Hand in seine. „Hanifah, Hayat", sagte er und sprach die beiden Diener mit Namen an. Sie verneigten sich erneut. „Ich kenne euch als gute Gläubige."
Die Frauen verneigten sich noch einmal. „Das ist richtig, Herr."
„Seid meine Zeugen, dass ich eure Herrin zur Frau nehme", bat er und wandte sich lächelnd an Zara.
Er wiederholte das Gesagte in Englisch.
Die Frauen standen schüchtern und sprachlos da. Sie lächelten zwar, schienen aber überaus ehrfürchtig vor ihrem Herrn und ih rer schönen Herrin, die jetzt ihre Königin war.
„Wir sind jetzt Mann und Frau", erklärte er. „Was immer für eine Zeremonie wir später zum Wohle meines und deines Volkes haben werden, vor Gott sind wir beide von jetzt ab verheiratet. So ist es Sitte und Gesetz. Wir sind eins, und wir erklären das vor zwei Zeugen. Akzeptierst du das?"
Tränen schimmerten in Zaras Augen. „Ja, ich akzeptiere das", antwortete sie.
Rafi wandte sich erneut an Hanifah und Hayat und sprach ein paar Worte
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