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Wie der Soldat das Grammofon repariert

Wie der Soldat das Grammofon repariert

Titel: Wie der Soldat das Grammofon repariert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sasa Stanisic
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muss. Ob sich meine Mutter freut – auf Igalo oder auf überhaupt irgendetwas –, ist schwer zu sagen.
    »Familie, wir fahren dieses Jahr na-ach …«, rief letzte Woche mein Vater mit der Stimme eines enthusiastischen Fernsehmoderators und winkte mit den Hotelprospekten.
    »Ach, Papa, du sprichst doch nur, weil ich Herrn Fazlagić, Nicht-mehr-Genosse-Lehrer, beweisen soll, dass ich die Anführungsstriche beherrsche.«
    »Ja, und außerdem spreche ich nie mit der Stimme eines enthusiastischen Fernsehmoderators.«
    »… Igalo-o!«, sagte meine Mutter mit der Stimme einer müden Fernsehmoderatorin, die das Elend ansagt, an dem sie nichts ändern kann, und ging packen.
    Die wirklich schöne Reise hätte dieses Jahr stattfinden können, wenn Mister Spok hätte mitkommen dürfen. Eine schöne Reise für Mister Spok, den Chefgenossen der Stadtsäufer, der nie irgendwohin verreist. Wenn ich Mister Spok über die Straße torkeln sehe, muss ich an meinen Opa Rafik denken, was schwer ist, weil ich Opas Gesicht nicht erinnere, sondern nur eine Geschichte über einen Ertrunkenen kenne. Ein Frosch tut mir Leid, weil er nicht versteht, dass man ihn gerade
anzünden will, Onkel Bora tut mir Leid, weil er sich zwingt, eine Kniebeuge zu machen, es aber nie schafft, Sie, Herr Fazlagić, tun mir Leid, weil Sie bald verlernen werden, wie das Lachen funktioniert, wenn Sie nicht aufhören, so verbissen zu sein. Und Mister Spok tut mir Leid, weil er sagt: »Ich bin mieser dran als ein Köter, ich habe nicht mal ein Rudel. Alles um mich herum ist aus Stein – Straßen, Berge, Herzen, ich habe nie ein Meer bei mir.«
    Ich wollte Herrn Spok das Meer geben, das wäre die schönstmögliche Reise für ihn. Ich schrieb »Gewinnspiel« auf eine bunte Postkarte, »Mister Spok« und »Igalo«. Ich gratulierte Mister Spok, ohne ihm die Hand zu geben. Das war der schwierigste Teil. Ich lud Mister Spok zu uns ein, damit er duschen und sich kämmen konnte. Nach dem ersten Duschen bat ich ihn, noch einmal zu duschen. Den geduschten und gekämmten Mister Spok fragte ich, ob er wüsste, wie man sich rasiert, aber er wusste es nicht. Ich übergab ihm als Teil des Gewinns einen der zwei Anzüge aus dem Kleiderschrank meines Vaters und gleich vier Krawatten, weil ich wusste, wie sehr Vater Krawatten hasste. Ich zog mir die Hose an, die meine Eltern für meine beste hielten. So vorbereitet, geduscht, gekämmt und nüchtern warteten Mister Spok und ich im Wohnzimmer auf meine Eltern. Ich fragte Mister Spok, ob er auf Kommando weinen könne.
    Meine Mutter kam zuerst und fragte bloß, ob Mister Spok Vegetarier sei. »Ich esse alles«, antwortete er, und ich gab ihm einen Apfel, zwei Scheiben Brot und zwei Eier, die konnte er sich später kochen, dafür war jetzt keine Zeit, schon kam Vater durch die Tür. Mit der Moderatorenstimme rief ich: »Familie, wir fahren dieses Jahr nach Igalo, und zwar mi-it …« Ich zeigte auf Mister Spok, der daraufhin fürchterlich zu weinen begann. Bittend hob ich die Augenbrauen und umarmte meinen Vater, was uns sicher beiden sehr seltsam vorkam.
    »Aleksandar, in mein Atelier!«, befahl er, und Mister Spok hörte auf zu weinen. »Das ist wirklich sozial«, ließ er mich wissen, »leider ist es so, dass nur Familienangehörige in den
Genuss der Syndikatsangebote kommen. Herr Spoković kann nicht mit, es tut mir Leid.«
    »Könnt ihr nicht Mister Spok adoptieren? Das würde gleich zwei Probleme lösen: er könnte mit nach Igalo, und ich wäre nicht mehr Einzelkind.«
    »Das sind keine wirklichen Probleme, Sohn.«
    »Das ist auch kein wirkliches Gespräch, Vater.«
    »Grüß mir Herrn Fazlagić.«
    »Mach ich.«
    »Das Thema hast du trotzdem verfehlt.«
    »Aber formal habe ich alles richtig gemacht.«
     
    Aleksandar Krsmanović

Wie man verschwindet
    I m besseren Deutschland ist eine Wand umgefallen und ab jetzt gibt es nur noch das schlechtere Deutschland. Der Wand musste das früher oder später passieren. Sagen alle. Onkel Bora, der Gastarbeiter, wie ihn jede Familie braucht, sagt: das schlechtere Deutschland sei für ihn eh besser, weil es ihn bezahlt und weil es da hundert gleiche Häuser in einer Reihe gibt, so dass niemand neidisch ist, und eine übersichtliche Verkehrsführung gibt es, und die Ampeln stehen nicht nur da, sondern können wirklich Grün, und es gibt Lothar Matthäus und Tanpons, die Tante Taifun passen. Das sind kleine Wattestäbchen, die schiebt sich Tante Taifun in den Arsch, um sich ein bisschen zu

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