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Wie der Soldat das Grammofon repariert

Wie der Soldat das Grammofon repariert

Titel: Wie der Soldat das Grammofon repariert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sasa Stanisic
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sie?
    Katarina, sage ich lauter als beabsichtigt, Katarina Krsmanović,
Zucker und Diabetes, stottere ich, in letzter Zeit kann sie nicht mehr, versuche ich zu erklären, bemerke dann eine Veränderung im Gesicht des Busfahrers. Sein Blick wechselt von aufdringlich zu neugierig. Er lässt mich ausreden und drückt, nach einem letzten kurzen Zug, die Zigarette mit der Schuhsohle aus.
    Kennst du Miki Krsmanović?, fragt er.
    Ja, das ist mein Onkel.
    Onkel, so? Boris sieht sich um, zieht seine Hose hoch und setzt eine riesige Sonnenbrille auf. Er greift nach meiner Tasche, ich ziehe die Hand zurück und mache einen Schritt in den Warteraum. Wir haben den gleichen Weg, sagt er.
    Müssen Sie nicht weiter?
    Schon, sagt er, aber ich fahre ungern mit leerem Magen. Komm, ich helfe dir mit der Tasche.
    Geht schon, ist nicht schwer, sage ich und nehme ihm die Tasche aus der Hand. Sie kennen meinen Onkel?
    Nein, sagt er und spuckt durch die Zähne, Gott sei Dank nicht.
     
    Ich habe Listen gemacht. Beinamen. Der mit dem unbeherrschten Bein. Zylinderhut. Mein Trauriger. Der Dreipunktemann. Taifun. Der singend ins Gebirge stieg und niemals wieder zurückkam. Walross und Marienkäfer. Kartoffel-Aziz. Massaker. Der mit Gold im Mund.
     
    Boris und ich kommen am Fußballstadion vorbei, Jugendliche trainieren den Kopfball, ich denke an Kikos Stirn. Ein Mann mit langem Zopf wirft ihnen Bälle zu, die sie in die Maschen köpfen. Der Mann trägt Anzug und Seidenschal. Einen Torwart gibt es nicht. Boris und ich laufen schweigend nebeneinander, hinter uns das Klatschen des Balles gegen das Gebälk. Boris zuckt mit den Schultern. Wir überqueren die Brücke über den Rzav, von der Edin und ich am Tag des Soldatenreigens die Fische mit Spucke gefüttert haben. Der Fluss ist seicht, weiße Schauminseln treiben mit der Strömung.
Ich spucke. Die Brücke hat alle Hochwasser ausgehalten.
     
    Ich habe Listen gemacht. Barbe, Döbel, Frauennerfling, Gründling, Hasel, Huchen, Karpfen, Moderlieschen, Wels mit Brille und Schnurrbart.
     
    Über Onkel Miki sprechen wir nicht mehr, auf meine Nachfrage winkt Boris ab und redet von anderen Dingen. Er lenkt mich von den Farben und den Gerüchen der Stadt ab, fragt, wie alt ich damals gewesen sei, wo genau ich in Deutschland gelebt habe, ob ich ihm ein Visum besorgen könne und was dran sei an den Gerüchten über Madonna und Guy Ritchie. Zum Abschied, vor dem Hochhaus, in dem Oma Katarina lebt, sagt er dann: nichts für ungut. Weißt du nichts, bist du ein Idiot. Weißt du viel und gibst du es zu, bist du ein gefährlicher Idiot. Višegrad weiß immer genau, wie viel es wissen darf und verraten soll.
    Im Hof vor dem Hochhaus spielen sechs schwarzhaarige Jungs Fußball, Schulranzen als Pfosten, der Ball rollt mir vor die Füße; ich stelle die Tasche ab. Sie greifen nach einer ersten Verlegenheit an, wer ist bei mir?, rufe ich, wer ist bei mir? Einer läuft sich auf links frei, Čiko!, ruft er, ich passe ihm in den Lauf, er hat nur noch den Torwart vor sich und täuscht an.
    Im Treppenhaus brennt kein Licht, die Lichtschalter sind rausgerissen. Drähte ragen aus den Löchern, dünne, kopflose Hälse, blau und rot. Die Gänge enger, die Treppen kürzer als damals, und die Luft trägt so schwer Brot, als würden alle im Haus gleichzeitig backen. Kein Name am Klingelschild, wo Teta Amela, die beste Brotbäckerin der Welt, gewohnt hat. Meine Oma hustet hinter der geschlossenen Tür, an deren Klingelschild »Slavko Krsmanović« steht. Es klingelt nicht, kein Strom, ich klopfe.

     
    Ich habe Listen gemacht. Die Moscheen. Eine der beiden soll wieder aufgebaut werden. Es gibt konkrete Pläne dafür und konkrete Proteste dagegen. An den Kastanien, nicht weit von dem Platz, wo das Minarett der größeren Moschee in den Himmel wies, hängen wie früher die Todesanzeigen. Die grün umrandeten mit arabischen Schriftzeichen und die schwarz umrandeten mit dem Kreuz. Es steht vierzehn zu eins für die toten Christen. Nur wenige Muslime sind in ihre Häuser zurückgekehrt.
     
    Aleksandar, sagt Oma Katarina, ich habe Brot gebacken, gleich setze ich die Milch auf.
    Die Umarmung ist kurz. Oma reicht mir bis zum Hals, am Hals küsst sie mich, ich erschrecke vor ihr, und ich erschrecke auch vor mir selbst, weil ich mich ein wenig vor ihrem feuchten Mund und den kitzelnden Härchen an ihrer Oberlippe ekle. Komm, sagt sie, du bist müde, lass dich ansehen. Ja, dein Opa.
    Omas Haar ist schwarz gefärbt, an der Wurzel zieht das

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