Wie deutsch ist das denn?!
Grundstein des heutigen britischen Kleingartenwesens gelegt– auch wenn damals von 615 000 Acres eingezäunten Grundbesitzes tatsächlich nur magere 2200 für Kleingärten abfielen.
Weil das beim besten Willen kein Glanzlicht war, erließ die britische Regierung in der Folgezeit eine Reihe weiterer Gesetze. Als wichtigstes ist der Allotment Act von 1887 zu nennen, der alle Gemeinden verpflichtete, bei vorhandenem Bedarf Grund und Boden für Kleingärten zur Verfügung zu stellen. 1907 und 1908 schlossen sich verfeinerte Bestimmungen an, die das Kleingartenwesen– ähnlich wie später in Deutschland– Schritt für Schritt auf eine stabile Rechtsgrundlage stellten. In den zwei Weltkriegen erwiesen sich die allotments aufgrund knapper Nahrungsmittel für viele Briten sogar als überlebenswichtig. Nach überstandener Blood-Sweat-and-Tears-Zeit ließ das Interesse an der Gärtnerei allerdings stark nach; nur in den Siebzigerjahren des vorigen Jahrhunderts erlebte es noch einmal eine kurze Renaissance. Heute haben die britischen Kleingartenvereine insgesamt noch rund hunderttausend Mitglieder.
Auch die deutsche Kleingärtnerei dürfte von jenseits des Kanals inspiriert worden sein– ihre Ursprünge hat sie jedoch, will man historisch korrekt sein, in Dänemark. Im seinerzeit dänischen Kappeln nämlich, das heute zu Schleswig-Holstein gehört, entstanden 1806 die ersten sogenannten » Armengärten « als Vorläufer der heutigen Kleingärten. Wie der Name sagt, waren diese Einrichtungen von einem Freizeithobby noch weit entfernt. Hinter ihnen stand vielmehr die dringende Notwendigkeit, dem hungernden Prekariat eine Möglichkeit zur Selbstversorgung zu bieten. Es war der Landgraf Carl von Hessen-Kassel, königlich dänischer Statthalter der Herzogtümer Schleswig und Holstein, der die Initiative ergriff und auf dem » Dothmarker Feld « 32 Parzellen an Bedürftige zur Bewirtschaftung vergab. Nach seinem Vorbild stellte später auch der Pastor der Gemeinde Kappeln einen Teil der Kirchengrundstücke » Lütjefeld « und » Scheunefeld « als Gartenland zur Verfügung. Insgesamt waren es 48 Parzellen, die für geringes Geld gepachtet werden konnten.
Diese beiden Kleingartenkolonien waren bereits vereinsmäßig organisiert, hatten vier gewählte Vorsteher und eine festgeschriebene Ordnung. Die im Pachtvertrag vom 28. April 1814 enthaltenen Bedingungen und Vorgaben sind im Wesentlichen sogar in das Bundeskleingartengesetz eingeflossen und bilden damit noch heute die Grundlage des deutschen Kleingartenwesens.
Im Jahr 1900 entstand die Idee zu einer weiteren Initiative, diesmal nach französischem Vorbild. In jenem Jahr reiste der preußische Regierungsrat Alwin Bielefeldt zur Weltausstellung nach Paris, wo er den Jesuitenpater Felix Volpette traf. Volpette hatte in der Stadt St. Etienne ein interessantes soziales Projekt in Form von Kleingärten für Arbeiter (jardins ouvriers) verwirklicht. Bielefeldt als Gartenfreund war davon begeistert, tat sich mit dem Roten Kreuz zusammen und gründete 1901 die » Arbeitergärten « in der Berliner Jungfernheide, mit zunächst 84 Parzellen. Der Grund und Boden dafür wurde vom Land Berlin bereitgestellt. Bielefeldts Idee kam über die Maßen gut an und machte auch andernorts Schule. Zehn Jahre später gab es in ganz Deutschland schon rund 30 000 Arbeitergärten.
Die sogenannten Schrebergärten wiederum gehen auf eine ganz andere Wurzel zurück. Sie tragen zwar den Namen des Leipziger Arztes und Hochschullehrers Dr. Daniel Gottlieb Moritz Schreber (1808 – 1861), aber er hat sie, wie eingangs erwähnt, weder erfunden noch initiiert. Schrebers Ziel war es vielmehr, den Leipziger Großstadtkindern im Schatten der Mietskasernen angemessene Sport- und Spielmöglichkeiten zu verschaffen. Erreicht wurde es allerdings erst postum: 1864 griff der Reformpädagoge und Schuldirektor Ernst Innozenz Hauschild die Idee auf und fand dafür im Leipziger Bürgertumüber 250 Mitstreiterinnen und Mitstreiter. Gemeinsam mit ihnen gründete er einen Verein, den er zu Ehren seines verstorbenen Kollegen » Schreberverein « taufte, und legte eine Spielwiese am Leipziger Johannapark an– den heute nicht mehr vorhandenen » Schreberplatz « .
Erst vier Jahre danach begann die Idee einer Gartenanlage zu keimen, wie man sie heute üblicherweise mit dem Namen Schreber verbindet: 1868 pachtete der Schreberverein vier brachliegende Äcker, auf denen der Oberlehrer und Hobbygärtner Heinrich Karl Gesell
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