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Wie deutsch ist das denn?!

Wie deutsch ist das denn?!

Titel: Wie deutsch ist das denn?! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Ahrens
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gemeinsam mit seinen Schulkindern kleine Beete anlegte. Allerdings musste er die Erfahrung machen, dass Kinder kaum die Geduld aufbringen, Pflanzen beim Wachsen zuzusehen. So verloren die Kleinen bald die Lust an der Gärtnerei. Umso mehr Interesse zeigten dagegen die Eltern. Sie halfen bei der Bepflanzung und Pflege mit, übernahmen die Gärten schließlich ganz und zäunten ihre Grundstücke nach und nach ein. Ein Jahr später umfasste die Kolonie schon rund hundert Parzellen, die nun » Schrebergärten « genannt wurden.
    In den Folgejahren entstanden in Leipzig weitere Schreberanlagen nach dem Vorbild der ersten, also Spielplätze im Verbund mit Kleingärten. 1921 organisierten sich alle Schrebervereine gemeinsam mit den Arbeitergärten im neu gegründeten » Reichsverband der Kleingartenvereine Deutschlands « , dem Vorläufer des heutigen BDG . Die historische Kleingartenanlage » Dr. Schreber « , die im Mai 1876 eingerichtet wurde, steht heute unter Denkmalschutz und beherbergt seit 1996 das Deutsche Kleingärtnermuseum.
    In den mageren Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg wurden in vielen Ländern Europas neue Kleingartengebiete ausgewiesen und Vereine gegründet, um die Versorgungslage der Bevölkerung mit frischen Lebensmitteln zu verbessern. Die weitaus meisten von ihnen gehören heute dem Office International du Coin de Terre et des Jardins Familiaux an, das 1926 gegründet wurde und– wen wundert’s– seinen Sitz im Kleingartenmekka Luxemburg hat. Als größte europäische Dachorganisation von Kleingartenverbänden bildet das Office International die Interessenvertretung für rund drei Millionen Kleingärtner und Kleingärtnerfamilien aus insgesamt 15 Ländern: Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Luxemburg, den Niederlanden, Norwegen, Österreich, Polen, der Slowakei, aus Schweden, der Schweiz und Japan (dessen Verband Association for Japan Allotment Garden seit 2006 angeschlossen ist).
    Nun könnten wir Deutschen natürlich einen Trick anwenden, um uns in diesem Feld doch noch an die Spitze zu katapultieren: Zählen wir einfach die ostdeutschen Datschen mit– dann ist uns der Titel des Gartenweltmeisters kaum zu nehmen. Allenfalls von den Russen.

Skat
    Spielend gelungene Integration
    » Skat ist das Beste von all Germany « ,lässt Theodor Fontane 1893 seinen radebrechenden » Mister Robinson « in dem Roman Frau Jenny Treibel sagen. Und der legendäre Humorist Heinz Erhardt hat dem deutschen Leib-und-Magen-Spiel in den Fünfzigerjahren des letzten Jahrhunderts mit seiner » Skat-Polka « sogar ein musikalisches Denkmal gesetzt:
    Was wär’ das Leben ohne Skat?
    Es wäre öd und blöd und fad.
    Wir dreschen Karten, daß es kracht,
    bis in die Nacht, bis in die Nacht.
    Diese Zeilen werden auch viele seiner heutigen Landsleute mit Sicherheit unterschreiben. Was soll man auch sonst machen, wenn man (Mann!) zu dritt zusammenhockt, es nichts Neues gibt, aber ein Set mit 32 Spielkarten verfügbar ist? Klar, ein paar Runden Skat kloppen– ein urdeutscher Reflex, der allen, die das Spiel beherrschen, ein weitgehend langeweilefreies Leben garantiert. Und Politikern, die ihre Skatleidenschaft öffentlich zelebrieren, nebenbei den zuverlässigen Ausweis von Volksnähe.
    Aber auch wenn Skat für viele » das Beste « sein mag– made in Germany ist es nur teilweise. Das Deutsche an ihm beschränkt sich auf die um 1813 erstmals aufgestellten Regeln; fast alles andere ist im Lauf der Zeit zu uns eingewandert.
    Schon der Name » Skat « hat keine germanischen, sondern mediterrane Wurzeln. Sein direkter Vorläufer ist das italienische Wort scarto, was so viel wie » Wegwerfen « oder » Ablegen « (von Spielkarten) bedeutet. Die ursprüngliche Form des Lehnworts hat sich in der noch heute in Tirol gebräuchlichen Zusammensetzung » Scartkarte « erhalten. Geht man noch weiter in der Historie zurück, dann kommt man über das italienische carta zum lateinischen charta, auf Deutsch » Papier « . Dieses wiederum geht auf das griechische chártēs ( » Papyrusblatt « ) zurückundstammt wohl in letzter Konsequenz aus Ägypten .
    Heiliger Pharao! Das Beste von all Germany kommt also in Wirklichkeit vom Nil?
    Es sieht ganz so aus– und nicht nur, was das Wort betrifft. Auch das Kartenspiel als solches ist (wie so viele Kulturgüter) aller Wahrscheinlichkeit nach aus dem fernen Morgenland nach Europa gelangt. Araber oder Ägypter könnten es importiert haben, vielleicht auch

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