Wie deutsch ist das denn?!
als solcher. So war die 1921 eröffnete schnurgerade Berliner AVUS (Automobil-Verkehrs- und Übungsstraße) noch keine echte Autobahn, sondern eher ein Luxusspielplatz für betuchte Herrenfahrer mit Rennambitionen. Als kühne Zukunftsvision empfand man es denn auch, als der italienische Ingenieur Piero Puricelli 1922 den Plan zur ersten wirklichen Autostrada entwickelte, genauer, zu einer » nuova strada riservata esclusivamente al traffico a motore « – einer neuen Straße ausschließlich für den motorisierten Verkehr. In ganz Italien gab es damals nur knapp 90 000 Kraftfahrzeuge, was das Projekt als reichlich überzogen erscheinen ließ.
Da die Kosten (schon damals!) über eine Maut finanziert werden sollten, wurde der Bau trotzdem beschlossen. Bereits zwei Jahre später– am 21. September 1924– konnte das weiße Band zerschnitten werden, und Europa hatte zwischen Milano und Varese seine erste Autobahn, oder besser Kraftfahrzeugstraße. Sie besaß zwar nur eine Spur in jede Richtung, aber bereits beim Folgeprojekt wurde dieses Manko korrigiert: Die 1927 eröffnete, 92 Kilometer lange Autobahnumgehung von Rom (Tangenziale) war ebenso vierspurig wie ihre drei Jahre später entstandenen Verlängerungen nach Neapel im Süden und Florenz im Norden. Der Vorläufer der berühmten Autostrada del Sole, deren Name bei jedem Nordlicht sehnsuchtsvolle Gefühle weckt, war geboren.
Und was ist nun mit uns Deutschen? Gemach, wir reisen zunächst wieder nach Amerika, diesmal in die Karibik: Zwischen 1927 und 1931– also Jahre vor Eröffnung der ersten deutschen Autobahn– entstand unter dem kubanischen Diktator Gerardo Machado nach dem Vorbild der USA die erste autobahnähnliche Straße Lateinamerikas. Die noch heute existierende, inzwischen vier- bis sechsspurige Autopista Nacional (ursprünglich Carretera Central ) zwischen Havanna und Taguasco ließ allerdings wichtige Städte buchstäblich links oder auch rechts liegen: Ihr Hauptzweck war es, den Zuckerbaronen einen komfortablen Transportweg für ihre süße und teure Fracht zu verschaffen.
Aber nun sind endlich wir dran. Und immerhin besitzen wir für unsere Fernstraßen ein eigenes Wort, auch wenn das Urheberrecht den Italienern gebührt: Um 1929 prägte der Berliner Bauingenieur Robert Otzen, Vorsitzender des Fernstraßenprojekts Hamburg-Frankfurt-Basel (Ha-Fra-Ba), erstmals den Begriff » Autobahn « . Für die Entwicklung des Autobahnnetzes wurde allerdings wiederum Piero Puricelli herangezogen– schließlich brachte er als Pionier die meiste Erfahrung mit. So trugen wesentliche Züge des deutschen Konzepts seine Handschrift, etwa die Trennung der Fahrtrichtungen durch einen breiten Grünstreifen und die Verwendung von Betonplatten als Fahrbahnbelag. Jahre später kam es deswegen zu einem erbitterten Streit zwischen Puricelli und dem deutschen Ingenieur Fritz Todt, der als Generalinspekteur für das deutsche Straßenwesen die Autobahnen zu » Straßen des Führers « erklärte, während Puricelli sie (mit größerer Berechtigung) für sein Idol Benito Mussolini reklamierte. Duce hin, Führer her– auf jeden Fall war mit den deutschen Plänen der Kreis zu Italien geschlossen, vom 20. Jahrhundert bis zurück zum Römischen Kaiserreich. Und nimmt man Kuba und die USA hinzu, ist die Autobahn ein Multikulti-Produkt reinsten Wassers.
Am 6. August 1932 war es dann so weit: Der damalige Kölner Oberbürgermeister Konrad Adenauer eröffnete das erste deutsche Autobahnteilstück zwischen Köln und Bonn. Die zwanzig Kilometer lange Strecke– hier noch mit schmucklosem Farb- statt Grünstreifen in der Mitte– war auf die damals abenteuerliche Geschwindigkeit von 120 km/h ausgelegt, was schon eine leise Vorahnung auf den ungebremsten Vorwärtsdrang der heutigen PS -Ritter vermittelt. Immerhin: Wo sonst könnte ein Ferrarista oder Porschefahrer zeigen, was seine Bodenrakete drauf hat, wenn nicht in Deutschland?
So bleibt uns beim Thema Autobahn zumindest ein Trost: Wir Deutschen sind zwar nicht die Ersten oder Einzigen, aber nach wie vor die Schnellsten.
Bier
Ein Prost auf Ninkasi
Bier ist ein ganz besonderer Saft und ganz besonders für uns Deutsche. Selbst unseren Sprachgebrauch überschwemmt es ja tagtäglich in Gestalt der Redensart » Nicht mein Bier / nicht dein Bier « , die den Gerstensaft scheinbar zum Gleichnis für sämtliche Facetten des menschlichen Daseins erhebt. Gemeinsam kommen beide Varianten immerhin auf die süffige Zahl von fast 900 000
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