Wie deutsch ist das denn?!
sich um die gleiche Zufallsähnlichkeit wie zwischen Schweden und Schwerin. Tatsächlich hat nie ein Teutone seinen Fuß in den Teutoburger Wald gesetzt: Die nördlichste Stelle Westdeutschlands, die von den Teutonen auf ihrer Wanderung durch Europa je erreicht wurde, liegt zwischen Spessart und Odenwald.
Der Teutoburger Wald erhielt seinen heutigen Namen erst 1616 von dem deutschen Geografen und Historiker Philipp Clüver. Zuvor hieß dasGebirge Osning, was möglicherweise– wie Osnabrück– von dem alten Flussnamen Osna abgeleitet ist. Als » Teutoburger Wald « übersetzte Clüver eine Ortsangabe des römischen Geschichtsschreibers Tacitus, der den Schauplatz der berühmten Varusschlacht mit haud procul teutoburgiensis saltu ( » unweit des Teutoburger Waldes « ) umschreibt. Teutoburgiensis soll sich nach dieser Lesart aus der romanisierten germanischen Wurzel theot und dem lateinischen burgus zusammensetzen– was in Kombination so viel wie » Volksburg « bedeuten würde. Vielleicht, denn das ist nur eine Interpretation. Und ob mit saltus tatsächlich » Wald « gemeint ist, steht ebenso wenig fest. Es kann auch ein schlichtes Flächenmaß sein und würde damit nur die Ausdehnung des fraglichen Gebietes bezeichnen. Über diese Finessen werden sich Sprach- und Geschichtsforscher vermutlich noch länger streiten– treten wir das Thema hier also nicht breiter als nötig.
Aber wer waren nun die geheimnisvollen Teutonen, mit denen wir uns heute so lustvoll-selbstironisch identifizieren?
Dass sie der germanischen Sprachfamilie angehörten, wurde schon gesagt. Mit dem heutigen Deutschland verbindet sie dagegen nur der äußerste Nordzipfel. Legt man antike Quellen zugrunde, dann lässt sich ihre Heimat in etwa auf die Halbinsel Jütland eingrenzen– also den Festlandsteil des heutigen Dänemark und das heutige deutsche Bundesland Schleswig-Holstein. Dort lebten sie » am Rand der bewohnten Welt « , wie Tacitus schreibt, in enger Nachbarschaft zum gleichfalls germanischen Volksstamm der Kimbern.
Im Jahr 120 v. Chr. verließen die Kimbern dieses Gebiet und brachen zu einer insgesamt siebentausend Kilometer langen Odyssee in den Süden Europas auf. Was sie dazu trieb, ist bis heute nicht zweifelsfrei geklärt: Der Grund könnte eine gewaltige Sturmflut gewesen sein, die ihre Lebensgrundlagen zerstörte (der römische Geschichtsschreiber Titus Livius berichtet von mehreren solcher Naturkatastrophen). Möglicherweise waren es aber auch Missernten oder ganz einfach das harte, von ständigem Hunger geprägte Leben im Norden, das sie zum Auswandern zwang. Die Teutonen schlossen sich diesem Exodus an, und so dürfte es ein gewaltiger Zug von rund 150 000 Menschen gewesen sein, der da auf der Suche nach neuen Nahrungsquellen unterwegs war– durch Schlesien, Böhmen und das heutige Österreich bis ins gallische Rhonedelta und nach Katalonien. Dabei machten sie der römischen Bezeichnung barbari alle Ehre: Die Krieger der beiden Stämme gingen alles andere als zimperlich vor und schreckten weder vor Plünderung noch vor Mord zurück.
Im antiken Noreia, das längst von der Landkarte verschwunden ist und wahrscheinlich in der heutigen Steiermark oder in Kärnten lag, trafen Kimbern und Teutonen im Jahr 113 v. Chr. erstmals auf römisches Militär. Zwar waren ihre Krieger den Legionen zahlenmäßig unterlegen, aber dafür verbanden sie Brutalität und körperliche Stärke zu einer Kampfkraft, die für die Römer in einem Blutbad endete.
Der Raubzug ging weiter durch das heutige Bayern und Baden-Württemberg, dann am Nordwestrand der Alpen entlang ins heutige Südfrankreich. 105 v. Chr. kam es in Arausio (dem heutigen Orange) zu einem erneuten Aufeinandertreffen der beiden Stämme und einer römischen Armee, und auch diesmal erlebten die Römer ein gnadenloses Gemetzel. Gefangene wurden nicht gemacht. Wer überlebte, den hängten die Germanenkrieger kurzerhand an Bäumen auf. Damit begann in Gallien eine Schreckensherrschaft, die das ohnehin von inneren Konflikten geschwächte Römische Reich in höchste Angst versetzte– man erinnerte sich an Hannibal, dessen Invasion ein Jahrhundert zuvor fast das Ende des Imperium Romanum bedeutet hätte.
Später trennten sich Teutonen und Kimbern: Erstere blieben in der Provence, wo es 102 v. Chr. dem römischen Feldherrn Gaius Marius endlich gelang, sie bei Aquae Sextae (dem heutigen Aix-en-Provence) vernichtend zu schlagen. Zehntausende teutonischer Männer sollen dabei ums Leben
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