Wie deutsch ist das denn?!
lang Glanz und Ruhm des Reiches verkörperten– ganz besonders natürlich als Ausweis deutscher Ingenieurskunst und Innovationskraft. Noch heute beeindrucken moderne Nachbauten, auch wenn sie in der Regel deutlich kleiner ausfallen, und von den Originalen wird meist mit nostalgischer Ehrfurcht gesprochen– nicht nur bei uns, sondern rund um die Welt. » Zeppeline « heißen die Wunderwerke nach ihrem Urheber Ferdinand Graf von Zeppelin, wobei dieser Begriff ausdrücklich starr gebauten Luftschiffen vorbehalten ist. Alle anderen, die lediglich aufgeblasene Hüllen sind, tituliert der Kenner mit leiser Verachtung als Blimp, was im Englischen auch » Fettsack « bedeutet. So etwas kann halt jeder bauen– ein Zeppelin dagegen ist solide deutsche Wertarbeit wie ein Mercedes. Oder?
Nein, dagegen ist so weit nichts einzuwenden, bis auf eine kleine Korrektur: Graf von Zeppelin hat den » Zeppelin « nicht erfunden, sondern nur weiterentwickelt. Die Ehre des Erfinders gebührt vielmehr einem Amateurbastler jüdisch-ungarischer Herkunft, der tatsächlich das erste real existierende und flugfähige Starrluftschiff der Welt konstruierte– mehr als drei Jahre vor Zeppelin. Doch dazu später.
Als kleines Aperçu sei angefügt, dass auch der Name Zeppelin nicht deutscher Herkunft ist, sondern auf slawische Wurzeln zurückgeht. Ursprung ist wahrscheinlich das Wort cepel, das im Alttschechischen » Klinge « und im Russischen » Schäufelchen « bedeutet. 1246 wird erstmals ein kleines ostdeutsches Dorf mit dem daraus abgeleiteten Namen Cepelin urkundlich erwähnt. Aus dieser Ansiedlung im heutigen Landkreis Rostock ging wenig später das gleichnamige Adelsgeschlecht hervor, als dessen erster schriftlich belegter Namensträger Heinrich von Cepelin (Heynricus de Cepelin) bekannt ist. Die 440-Seelen-Gemeinde schreibt sich inzwischen Zepelin, beim Namen der Familie kam im Lauf der Geschichte noch ein zweites » p « hinzu.
Sechs Jahrhunderte und viele Generationen später: Als württembergischer Vertreter der Zeppelin-Ahnenreihe betritt der in Konstanz geborene Ferdinand Adolf Heinrich August Graf von Zeppelin (1838 – 1919) die Bühne. Nach Realschule, Polytechnikum und Kadettenausbildung dient er ab 1858 zunächst als Leutnant in der württembergischen Armee, doch noch im gleichen Jahr nimmt er Urlaub vom Militär und studiert in Tübingen Staatswissenschaft, Maschinenbau und Chemie. Ein Jahr später zwingt ihn die vorsorgliche preußische Mobilmachung wegen des Krieges zwischen Österreich und Sardinien zum Abbruch des Studiums und zur Fortsetzung des Militärdienstes. 1863 wird er abermals für ein Jahr beurlaubt und nimmt auf Seiten der Nordstaaten als Beobachter am Amerikanischen Bürgerkrieg teil. Dort soll er Gelegenheit bekommen haben, mit einem Ballon aufzusteigen, wofür es allerdings keine Zeugen gibt. Aber wie immer es sich abgespielt haben mag– diese Art Luftfahrt fasziniert den technisch nach wie vor interessierten Grafen. Und er denkt das Prinzip auch gleich weiter. Die Vision eines starr konstruierten, lenkbaren Luftschiffs beginnt sich in seinem Kopf abzuzeichnen. Am 25. April 1874 macht er sich dazu die erste Notiz in seinem Tagebuch. Aber erst 1891, nach seiner endgültigen Verabschiedung aus dem Militärdienst, wird er sich ernsthaft mit entsprechenden Bauplänen befassen.
Zu jener Zeit gibt es längst motorisierte, bemannte und lenkbare Luftschiffe, die auch tatsächlich funktionieren. Allerdings besitzen sie nur eine aufblasbare Hülle ohne Trägerstruktur, wie ein Ballon, was aerodynamisch noch nicht der Weisheit letzter Schluss ist. Für die Premiere dieses Bauprinzips zeichnet der Pariser Ingenieur Henri Giffard (1825 – 1882) verantwortlich, ein Spezialist für Dampfmaschinen und erfolgreicher Tüftler auf diesem Gebiet. 1851 meldet Giffard ein Patent auf die » Anwendung des Dampfes in der Luftschifffahrt « an. Gleich darauf setzt er die Idee in die Tat um und baut gemeinsam mit zwei Mitarbeitern ein zigarrenförmiges, 44 Meter langes Luftschiff mit der schlichten Bezeichnung Dirigeable ( » Lenkbar « ). Am 24.September 1852 hebt seine Konstruktion, angetrieben von einer drei PS starken Dampfmaschine, erstmals ab und legt die knapp 28 Kilometer lange Strecke von Paris bis Élancourt in drei Stunden ohne Probleme zurück. Leider ist die Motorleistung aber viel zu schwach, um gegen den Wind eine Rückkehr zum Startpunkt zu ermöglichen. Mehr PS wiederum würden die Antriebsmaschine zu schwer
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