Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten (German Edition)
Methoden und körperlicher Gewalt dazu gezwungen haben, in der Gruppierung zu verbleiben. Als sich ein Legionär selbst davon nicht abschrecken ließ und trotz aller Drohungen aus der Legion 81 ausstieg, soll R. nach Aussage des LKA eine »Todesschwadron« aus seinen Männern aufgestellt haben. Ihr Auftrag: Findet und tötet den Verräter. Ob das auch geschah, ist unbekannt.
Die Behörden warfen den Männern der Legion 81 vor, fortlaufend an Schießereien und Schlägereien im Rocker- und Rotlichtmilieu beteiligt zu sein und zudem Menschenhandel, Erpressung und die Förderung der Prostitution zu betreiben. Das kriminelle Treiben des Anführers endete nach der Razzia vorerst im Gefängnis. Zusätzlich beschlagnahmten die Einsatzkräfte zahlreiche Schusswaffen. Ein hoher Vertreter des LKA begründete das Vorgehen der Behörden vor zahlreichen Pressevertretern wie folgt: »Zusammen mit der Staatsanwaltschaft setzten wir mit diesem Schlag die Null-Toleranz-Strategie im Kampf gegen kriminelle Motorradgruppen und ihre Unterstützer fort.«
Der Staat nahm nun immer häufiger und in kürzeren Abständen die neuartigen polizeilichen Herausforderungen an.
Steffen R. sollte nur ein Jahr später im bundesweiten Fokus von Polizei, Medien und Hells Angels stehen, aber seine neue Rolle war für niemanden vorherzusehen (siehe Kapitel 12, »Der Boss der Bosse«).
Das Ruhrgebiet brennt
Im größten Ballungsraum Deutschlands mit über fünf Millionen Einwohnern, dem Ruhrgebiet, stand die erbitterte Rivalität zwischen den Hells Angels und dem Bandidos MC unter veränderten Vorzeichen. Andernorts war der Konflikt meist in einem von den Höllenengeln dominierten Gebiet eskaliert, als Bandidos sich dort ansiedelten und die Angels deren aggressive Expansion auf das von ihnen reklamierte Territorium abzuwehren versuchten, etwa in Berlin, Norddeutschland und in Bremen. Als der Bones MC 1999 im Hells Angels MC Germany aufging, verfügte hingegen keiner der beiden Clubs auch nur über eine einzige Zweigstelle im Ruhrgebiet.
Seit dem Patchover der gelben Ghostrider’s im November 1999 dominierte die Bandido Nation schlagartig mit sieben Chaptern das Ruhrgebiet: Dortmund, Duisburg, Bochum, Dinslaken, Essen, Wuppertal und das mächtige Gründungs-Chapter Gelsenkirchen mit der Führungsfigur Leslav »Les« H. Die ebenfalls ehemaligen Ghostrider’s-Chapter Aachen und Köln und die drei im Jahr 2001 übertretenden Chapter des Free Eagles MC (Münster, Osnabrück und Hamm) untermauerten scheinbar unumstößlich die Vorrangstellung der Bandidos im Westen der Republik. Im Ruhrgebiet und dessen Umland rekrutierten Bandidos ein Chapter nach dem anderen: Bochum East, Dortmund Steelside, Herne, Herne East, Kleve, Leverkusen, Leverkusen City, Menden, Mülheim an der Ruhr, Oberhausen, Recklinghausen, Siegen, Steinfurt und Unna.
Dieser Streitmacht schlossen sich nach und nach über drei Dutzend Supporter-Clubs allein im Ruhrgebiet an, beispielsweise die MCs Caballeros, Chicanos, Diablos, Escuderos, Gringos, Guerrilleros, Iron Dragons, La Honra, Los Aliados, Vatos Locos, um nur ein paar zu nennen. Zusätzlich rekrutierten acht größere Bandidos-Chapter im Pott noch Männer für ihre unmittelbaren Nachwuchsorganisationen, die X-Teams. Im Ruhrgebiet verfügte der Bandidos MC nun über eine wahrlich beeindruckende Streitmacht. Insgesamt 80 Chapter, Supporter-Clubs oder X-Teams standen für allen erdenklichen Ärger Gewehr bei Fuß. Die Dominanz des Bandidos MC im Ruhrgebiet belegt auch ein Blick auf die zur Verfügung stehenden Supporter-Clubs. Von den über 111 offiziell Farbe bekennenden Unterstützergruppen der Bandido Nation befinden sich knapp 40 im Ruhrgebiet. Von den deutschlandweit 61 Chaptern der Red Devils (Stand Juli 2012) befindet sich kein einziges im Ruhrgebiet. Der »Pott« war unumstritten Bandidos-Land.
Nach dem gescheiterten Versuch mit einem Düsseldorfer Charter begann der Hells Angels MC Germany, am 6. November 2002 wieder offiziell am Rande des Ruhrgebiets Fuß zu fassen. Das neue Charter Midland, das in Solingen residierte, soll maßgeblich von Ex-Mitgliedern der 2001 verbotenen Düsseldorfer Ortsgruppe gegründet worden sein. Das Hells-Angels-Charter Gummersbach in rund 80 Kilometer Entfernung zum Ruhrgebiet wurde am 22. Februar 2003 in das rot-weiße Netzwerk aufgenommen. Noch 20 Kilometer weiter gründete sich genau fünf Jahre später, am 22. Februar 2008, das Charter Siegen. Das Charter Bielefeld untermauerte ab dem 6. Juni
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