Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten (German Edition)
um einen Mord aufzuklären, »folge dem Sperma oder dem Geld«, traf in diesem Fall doppelt zu.
Die Gruppe vom Balkan hatte sich durch diesen kaltblütigen Mord gehörig Respekt im Milieu verschafft. Sie schreckte auch nicht davor zurück, weitere Hells Angels zu bedrohen. Vor Gericht wurde bekannt, dass die Mörder nach der Tat den Freundeskreis von Miko massiv terrorisierten und einschüchterten. Einige Handys erreichte folgende SMS: »Euer Gott ist tot. Falscher Glaube wird bestraft.«
Dejan und Dragutin J. verurteilte das Landgericht Karlsruhe im Mai 2005 zu lebenslanger Haft und stellte eine besondere Schwere der Schuld fest, die eine Freilassung der beiden Hauptangeklagten nach 15 Jahren Haft verhindert. Die zwei montenegrinischen Staatsbürger, die Brüder Boris und Tomica C., wurden wegen ihrer Tatbeteiligung zu sieben Jahren und sechs Monaten beziehungsweise zwei Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. Im Gegensatz zu den Brüdern J. waren deren Cousins im Verfahren geständig.
Dem Todesschützen gelang zunächst die Flucht in seine Heimat. Der 28-jährige Täter, nach dem mit internationalem Haftbefehl gefahndet wurde, ging den Ermittlern nach 3,5 Jahren im Juli 2007 in Montenegro ins Netz.
Bremen – die Hells Angels greifen an
Norddeutschland reklamierten die Hells Angels im Jahr 1999 seit weit über zwei Jahrzehnten als ureigenstes Territorium. Den Grundstein legte bereits 1973 die Hamburger Niederlassung, damals das erste Charter der Bruderschaft in Deutschland. Doch trotz des schon beschriebenen Verbots der als Verein organisierten Gruppe, das sich jedoch lediglich auf das Tragen des Schriftzuges »Hells Angels« und des Deathhead bezog, agierte die Big Red Machine unter der Bezeichnung Harbour City wieder ganz offen in der Hansestadt. Die Höllenengel dominierten weiterhin einen Teil der umsatzstärksten Amüsiermeile der Republik. Ein wenig weiter südwärts beherrscht das mitgliederstärkste und mächtigste Charter Deutschlands, Hannover, ganz Niedersachsen und sogar Teile NRWs wie eine uneinnehmbare Festung. Die dritte Säule des Herrschaftsanspruchs in Norddeutschland stellt das am 15. Januar 1999 gegründete Bremer Charter West Side dar, die fünftälteste Dependance in Deutschland.
Die Stellung der Hells Angels war in diesen Gegenden so dominant, dass sie trotz bewusst forcierter Expansion nicht jeden Bewerber aufnahmen. Ein neuer Bewerber muss gemäß den Statuten einvernehmlich von allen Mitgliedern angenommen werden. Viele sich zu Höherem berufen fühlende Rocker wurden abgelehnt und so jäh auf den Boden der Tatsachen geholt. Einige der verprellten Männer gründeten wie schon in Skandinavien eigene Clubs oder heuerten direkt bei der Konkurrenz an.
Einer dieser Männer soll der Dachdecker Heino B., 47, gewesen sein. Die Absage der Bremer Hells Angels muss ihn tief gekränkt haben. Aber wie sagt der Volksmund so passend: »Man sieht sich immer zweimal im Leben.« In der eng vernetzten Welt der Bikersubkultur ist ein zweites Aufeinandertreffen geradezu unvermeidbar.
Fortan engagierte sich Heino B. bei dem ebenfalls 1999 in Bremen gegründeten Blazes MC, der den Bandidos nahestand. Die Sympathien bestanden jedoch nur in der Hansestadt selbst, die anderen Chapter des Blazes MC fahren bis heute selbstständig und mit eigenem Color durchs Land.
Die Bremer Hells Angels verdankten ihre Schlagkraft wesentlich dem Patchover des Free Eagles MC Bremen, der zu diesem Zeitpunkt die Bremer Bikerszene beherrschte. Entgegen ihrer Bremer Rockerfreunde schlossen sich drei andere Chapter der Free Eagles 2001 der Bandido Nation an. Die verbliebenen 13 Chapter des Free Eagles MC Germany haben nach wie vor hauptsächlich im Nordwesten der Republik ihren Sitz. In der sich rasant und fundamental ändernden deutschen Clublandschaft bildeten sich Fronten mitten durch jahrelang bestehende Motorradclubs.
In der Nacht des 13. Februar 2000 erreichten die ersten handfesten Vorboten des weltweiten Rockerkrieges zwischen Hells Angels und Bandidos Deutschland, genauer gesagt Bremen. 20 Rocker griffen mit Baseballschlägern und Messern bewaffnet eine Kneipe und deren Wirt Heino B. im Bremer Steintor an. Neun Männer aus dem Umfeld der Bremer Blazes wurden schwer verletzt, einer entging nach einem Nierenstich nur knapp dem Tod.
Da keiner der Verletzten mit der Polizei sprach, blieb der schwerwiegende Angriff ohne juristische Konsequenzen. Die Behörden ermittelten zwar mehrere Männer der Bremer Hells Angels als
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