Wie die Tiere
können, das war überhaupt keine Ausrede dafür, dass er sich nicht bewegt hat. Aber es war eine praktische Ausrede vor dem Schmalzl. Weil der hätte ihn normalerweise schon längst hinausschmeißen müssen, was soll das für ein Detektiv sein, der da tagelang nur in seinem Zimmer sitzt, mit einer alten Decke über dem Rücken das polnische Mädchen von der Arbeit abhält und seine eigene Arbeit überhaupt vollkommen vergessen hat
Du wirst sagen, die Mali hat sich selber gestellt, die Hundekeksstreuerin ist gefunden, da könnte der Schmalzl ja zufrieden sein. Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Weil die Mali hat ihre Hundekekse aus Labelloverschlüssen gebastelt. Und die Hundekekse am Tisch der Hartwig waren natürlich nicht aus Labelloverschlüssen gebastelt. Und das hat der Brenner dem Schmalzl dummerweise erzählt, wie er aus dem Polizeigefängnis heimgekommen ist. Das war natürlich Musik in den Schmalzl-Ohren. Der war so frustriert, dass er durch das Mali-Geständnis um den Dank der Öffentlichkeit gebracht worden ist, dass er gleich wieder ein neues Ziel formuliert hat, sprich: Die Hartwig bringst du mir auch noch.
Aber der Brenner hat nicht im Traum daran gedacht. Der hat nicht einmal reagiert, wie die Magdalena ihm erzählt hat, der kleine Berti hätte während seiner Gefängnistage einmal zurückgerufen.
«Das ist ganz ein netter Mensch», hat die Magdalena jetzt wieder angefangen.
Aber der Brenner keine Reaktion. Normalerweise hätte er die Magdalena zusammenschimpfen müssen, und was fällt dir ein, dass du meine Ermittlungen durcheinander bringst. Aber dem Brenner war es egal. Interessant, dass man durch die Magdalena durchschauen kann, fast wie durch ein Gitterbett, hat er überlegt. Einziger Nachteil, das war ein sprechendes Gitterbett.
«Er hat gesagt, an deiner Stelle würde er sich Sohn von Frau Summer anschauen.»
Der Brenner hat sich aber nur den Kamillentee angeschaut.
«Die hat nämlich Sohn gehabt.»
Wie soll ich ihn mir denn sonst anschauen, hat der Brenner jetzt innerlich doch ein bisschen zurückgemault. Da haben sich letzte Spuren von Leben in seinem inneren Grant gezeigt, aber das war auch schon alles. Nur gut, dass sie nicht gesprochen hat, während sie lackiert oder entfernt hat. Das waren herrliche Ruhepausen. Aber nach jedem Nagel wieder eine Meinung, immer abwechselnd, nie gleichzeitig. Auch das ein bisschen wie bei einem Gitterbett, wo sich Zwischenraum und Gitterstab immer abwechseln, da ist auch immer entweder das eine oder das andere, nie beides gleichzeitig.
«Sohn war natürlich nicht begeistert, dass sie ganze Erbe Hund gegeben hat. Ich kann das verstehen.»
Okay, jetzt redet sie eben kurz, aber gleich wird sie wieder lackieren, hat der Brenner sich getröstet. Der Geruch hat ihn gar nicht mehr so gestört. Das Gerede hat ihn gestört. Weil die Magdalena hat nicht und nicht mit dem nächsten Finger anfangen wollen:
«Sohn hat komplett neues Leben angefangen. Unter neuem Namen. Herr Berti weiß aber neuen Namen auch nicht.»
Großartiger Tipp, hat der Brenner sich gedacht. Weiß nicht einmal den Namen, aber groß herumtelefonieren, dass ich ihn mir anschauen soll.
Im Nachhinein muss ich sagen, schon ein kleines Wunder, dass ihn der Schmalzl nicht hinausgeschmissen hat. Aber das ist immer wieder interessant. Die brutalsten Menschen sind oft in Kleinigkeiten tolerant, genau so, wie die sanftesten Menschen oft bei Kleinigkeiten keine Gnade kennen. Jetzt hat der Schmalzl den Brenner in Ruhe seine Wunden lecken lassen, und wenn er ihn gegrüßt hat, ganz neutral, nicht mit diesem motivierenden Unterton, mit dem Chefs gern grüßen, quasi, ich zähle auf dich. Weil da hat der Schmalzl so seinen Instinkt gehabt, dass man auf einen Brenner in dem Sinn nicht zählen kann.
«Decke ist fein?»
Der Magdalena hat es gefallen, dass der Brenner so eine Freude mit ihrer alten polnischen Decke gehabt hat. Weil die Magdalena hat gespart, das glaubst du gar nicht, die hat sich nichts gekauft in Wien, außer jede Woche ihren Nagellack, ihre Zeitschrift und ihr Handy. Das ganze Geld heimgeschafft, und was sie zum Leben gebraucht hat, hat sie von daheim mitgenommen. Nur damit du verstehst, warum die ihre alte Decke dagehabt hat.
Der Brenner hat nichts gesagt. Nicht einmal genickt. Sonst sagt sie wieder, Decke von meiner Omi in Polln. Weil die Polen selber sagen nicht «Polen», sondern «Polln», das dürfte sprachliche Gründe haben, und die Geschichte über ihre Omi aus Polln hat
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