Wie die Welt endet: Roman (German Edition)

Titel: Wie die Welt endet: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will McIntosh

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flatterte im Wind, während sie stürzte.
    Ich war als Erster bei ihr. Sie war in einem ausgetrockneten Abflusskanal gelandet, auf der steinigen Uferböschung. Ich nahm ihren Kopf in die Arme und hielt ihn. Die anderen brachen einzeln und zu zweit durch den Bambus. Sie weinten, fluchten oder fragten Deirdres leblosen Körper: » Warum?«
    Sebastian kam als Letzter. Er hatte sich den Arm mit weißen Strümpfen verbunden.
    » Pack deine Sachen zusammen und verschwinde«, fuhr ich ihn an.
    » Sie hätte bloß noch ein bisschen abwarten müssen«, sagte Sebastian.
    » Hau ab!«, schrie ich.
    Achselzuckend wandte Sebastian sich ab. » Tut mir wirklich leid«, sagte er und verschwand im Bambus.
    Ich spürte eine Hand auf der Schulter. Es war Ange. Ich legte meine Hand auf ihre und drückte sie. Jemand klopfte mir auf die andere Schulter. Cortez.
    » Hört mal her!« Colin rief uns von der Veranda der Villa. » Ich glaube, das Baby kommt!«
    » Geh nur«, sagte Cortez. » Ich kümmere mich um Deirdre.« Er drückte meine Schulter ganz fest und gab mir dann einen Schubs in Richtung Haus.
    Ich rappelte mich hoch. Mit wackligen Beinen ging ich zur Villa zurück.
    Jeannie lag auf dem Sofa im Wohnzimmer, und Colin kniete neben ihr und hielt ihr die Hand. Er schaute auf. » Kannst du mir helfen?«
    Ich hätte ihm gern entgegengehalten, dass ich von Geburtshilfe keine Ahnung hatte, aber an seinem Gesicht sah ich, dass er mich nicht bat, weil er mich für einen Fachmann hielt, sondern weil er mich einfach an seiner Seite haben wollte.
    Ich kniete mich neben das Sofa.
    Ange fasste Colin am Handgelenk, zog ihn hoch und führte ihn zu Jeannies Kopf. » Dein Job ist hier oben. Und wir kümmern uns um das andere Ende.«
    Sie schaute mich an. » Fertig?«
    » Was sollen wir denn machen?«, fragte ich. Ich war völlig durcheinander. Ich brauchte Zeit, um das, was gerade geschehen war, zu verarbeiten.
    Ange zuckte die Schultern. » Das werden wir schon sehen.«
    Ich drehte mich um. Hinter uns kniete Sophia. Ihre Wangen waren tränennass. » Kannst du mit Jean Paul ein Feuer machen? Und Wasser zum Kochen bringen?«
    » Hast du das schon mal gemacht?«, fragte Jean Paul.
    » Ich kümmere mich darum«, sagte Cortez mit einem wütenden Blick auf Jean Paul. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass er ins Haus zurückgekommen war.
    » Und sucht auch ein paar saubere Handtücher«, wies Ange sie an. » Wenn ihr keine findet, nehmt saubere Klamotten.«
    Ich glaube, wir hatten einfach Glück. Der Kopf des Babys zeigte genau nach unten, und wir brauchten gar nicht viel zu tun, sondern den Kleinen bloß aufzufangen, als er herausglitt.
    Colin und Jeannie hatten einen Sohn. Ich beneidete sie und bedauerte sie gleichzeitig. Wie mochte das wohl sein, wenn man ständig krank vor Sorge war, dass dem eigenen Kind etwas Schreckliches zustoßen könnte?

8
    Schweinedieb
    Sommer 2033
    (ZweiMonatesp ‰ ter)
    Ange schaukelte uns sacht, stieß sich immer wieder mit einem Fuß vom Holzboden der Veranda ab, während sie den anderen auf den Sitz hochgezogen hatte. Von unserer Hollywoodschaukel aus konnten wir einen Teil der Innenstadt von Swainsboro überschauen– ein Modegeschäft, der Antiquitätenladen und das Pfandleihhaus schmiegten sich in einer Reihe roter Backsteingebäude aneinander, die diese Stadt täuschend klein und altmodisch wirken ließen.
    Im Musikgeschäft auf der anderen Straßenseite stöberten Leute herum; durch die kaputten Schaufenster hörten wir ihre Stimmen und das Geklapper von Gegenständen. Ich überlegte, rüberzugehen und zu fragen, ob sie Neuigkeiten hätten, fand dann aber, dass es sich nicht lohnte. Wahrscheinlich wussten sie nichts, was wir nicht auch schon wussten.
    In den vergangenen Jahren waren die Menschen scharenweise vom Land in die Sicherheit der Großstädte geflohen. Doch inzwischen waren selbst die großen Städte nicht mehr sicher. Andererseits gab es auch im Umland nichts zu essen. Man konnte nirgendwo mehr hin.
    Auf den breiten weißen Stufen zum Gerichtsgebäude ruhten sich fünf oder sechs Leute aus. Sie hatten die Köpfe auf ihre Rucksäcke gelegt und ließen eine Flasche Wasser herumgehen. Weil sie so jung waren, erinnerten sie mich an unsere Sippe in der Anfangsphase des Niedergangs.
    In der Ferne plärrte Musik. Sie kam mir bekannt vor. Als sie lauter wurde, erkannte ich einen klassischen Rocksong von den Young Mozarts: » Carry My Heart Around With You«. Für meinen Geschmack war das Stück zwar etwas zu