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Wie die Welt endet: Roman (German Edition)

Wie die Welt endet: Roman (German Edition)

Titel: Wie die Welt endet: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will McIntosh
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Jeannie auf, alle anderen ebenso, und wir gingen schlafen. Ich betrat mein dunkles, leeres Zimmer und setzte mich auf die Reste des Teppichs, zwischen die Einzelteile eines zerschlagenen Fernsehers. Die Zeit kurz vor dem Einschlafen war immer am schlimmsten. In den ersten beiden Monaten nach Anges Tod hatte ich ständig Flashbacks gehabt– Bilder, über die ich mit niemandem sprach. Sie waren seltener geworden, aber ich vermisste Ange immer noch sehr. Ich vermisste unsere Gespräche, vermisste ihre Nähe. Ich hatte sie nie richtig geliebt und sie mich auch nicht, aber unsere Freundschaft war unglaublich tief gewesen.
    Colin klopfte an den Türrahmen. » Na, was meinst du?«
    » Ich finde, wenn die anderen nichts dagegen haben, sollten wir sie einladen, sich uns anzuschließen. Sie hat niemanden, und sie ist ein guter Mensch.«
    Colin nickte. » Ich frage die anderen.« Ich war sicher, dass er die Niedergeschlagenheit in meiner Stimme gehört hatte. » Aber mehr ist nicht?«
    Er brauchte seine Frage nicht weiter zu erklären, denn ich wusste, worauf er hinauswollte. » Ist dir mal aufgefallen, dass Liebesgeschichten nie in Konzentrationslagern spielen? Und ich glaube, dafür gibt es einen Grund.«
    Colin nickte. » Aber in ein paar Monaten empfindest du vielleicht anders. Man kann nie wissen.«
    Ich zuckte die Achseln. » Das bezweifle ich.«
    Colin ließ mich allein. Ich starrte die Wand an. Das Gelächter von ein paar Nachzüglern, die gerade den Parkplatz verließen, drang in mein Zimmer. Ich hörte ein tiefes Brummen und spürte einen Druck auf den Trommelfellen. Ich wollte schlafen, war aber nicht müde.
    Der Morgen war heiß und stickig, und im hohen Gras um den Parkplatz herum summten die Mücken.
    Cortez schaute in mein Zimmerfenster. » Wir haben abgestimmt. Wir möchten, dass Phoebe mit uns kommt. Willst du sie fragen?« Verschlafen holte ich einmal tief Luft, dann nickte ich.
    Als ich das Zimmer von Colin und Jeannie betrat, erzählte Phoebe den beiden gerade, was sie über Athens gehört hatte. Anscheinend hatten die Doctor-Happy-Leute schon Tausende von Menschen angeworben. Vielleicht konnten sie einen Brückenkopf errichten, um die Situation in der Gegend wieder zu stabilisieren– wer konnte das wissen? Solange sie mir mit ihren Spritzen nicht zu nahe kamen, hatte ich nichts dagegen.
    » Ich gehe ein bisschen frische Luft schnappen«, sagte Phoebe nach einer Weile. Sie griff nach ihrer Strickjacke und ging auf den Parkplatz hinaus.
    » Sie ist so ein Schatz«, sagte Sophia. » Ich bin gestern Abend noch in ihr Zimmer gegangen, um nach ihr zu sehen, und wir haben uns lange unterhalten. Ich habe zu Jean Paul gesagt, wenn wir sie nicht mitnehmen, bleibe ich auch hier.« Jean Paul lächelte sardonisch.
    » Ich gehe sie jetzt fragen«, sagte ich.
    Mit zusammengedrückten Knien und nach innen gerichteten Füßen saß Phoebe draußen auf einer Betonstufe und las in einem alten, von der Feuchtigkeit aufgequollenen Buch.
    » Man trifft heutzutage nicht mehr viele Leute, die lesen«, sagte ich.
    » Die wissen gar nicht, was ihnen entgeht«, erwiderte Phoebe. Es musste um die dreißig Grad sein, doch sie trug trotzdem ihre Strickjacke.
    » Liest du viel?«
    » Ich lese dauernd. Bin schon immer eine Leseratte gewesen.«
    » Und was liest du da?« Sie schaute in ihren Schoß, legte einen Finger auf die Stelle, wo sie gerade war, und hob das Buch hoch, damit ich den Titel sehen konnte: Mitternacht im Garten von Gut und Böse .
    » Es spielt in Savannah, damals in den Achtzigerjahren des letzten Jahrhunderts.«
    » Tatsächlich? Ist es gut?«
    Phoebe wackelte mit dem Kopf. » Es geht so. Ich habe es schon mal gelesen– mir gefällt, dass ich die meisten Schauplätze darin kenne.«
    » Hm. Vielleicht kannst du’s mir ja leihen, wenn du es ausgelesen hast.«
    Phoebe zog die Stirn kraus.
    » Wir möchten gern, dass du zu uns stößt, wenn du willst.«
    Ihre Augen füllten sich mit Tränen. » Das ist wirklich lieb von euch.« Sie schaute mich direkt an, was nicht oft geschah. » Danke«, sagte sie. » Ich habe gehofft, dass ihr mich fragen würdet. Es ist schwer, sich hier draußen allein durchzuschlagen.«
    Wir aßen eine teuflische Mischung aus bitterem Gras, wilden Zwiebeln und Minzeblättern, die ich geerntet hatte, nachdem wir den Bambusdschungel hinter uns gelassen hatten und die Artenvielfalt größer geworden war. Nach dem Essen ruhten wir uns auf dem Parkplatz aus. Cortez ließ sich auf der Heckklappe eines

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