Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wie die Welt endet: Roman (German Edition)

Wie die Welt endet: Roman (German Edition)

Titel: Wie die Welt endet: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will McIntosh
Vom Netzwerk:
rufen, damit die mich wieder runterholen.«
    Ich lachte. » Ja, die würden dich ganz schnell runterholen. Mit einem Hochleistungsgewehr.«
    Beim Klettern erhaschte ich einen Blick auf Phoebes weiße Wade, und ich erinnerte mich an ihre langen Beine und ihre schönen Knie, als ich sie an dem ersten Tag im Motel in Shorts gesehen hatte. In unserer Gegenwart trug Phoebe jetzt keine Shorts mehr, nur noch Jeans.
    Ich musste ihr gut zureden, bevor sie wirklich rutschte. Anfangs klammerte sie sich an den Seiten der Rutsche fest und bremste ständig, aber als der erste steile Abschnitt kam, war das nicht mehr möglich, und die Schwerkraft siegte.
    Phoebe hielt ihren Hut fest, damit er nicht wegflog. Mit ihrem rostroten, im Wind flatternden Haar sah sie aus wie eine Frau aus einem Roman von Jane Austen.
    Ihre Sittsamkeit, die bis zur Prüderie ging, hatte etwas, das ich sehr sexy fand. Das konnte ich nicht leugnen. Aber der Gedanke an den emotionalen Anteil dabei, der Gedanke an Liebe, an die Verständigung darüber, was den körperlichen Aspekt anging… das alles konnte ich jetzt nicht ertragen, deswegen wollte ich gar nicht erst versuchen, die Grenze zwischen einer freundschaftlichen Umarmung und einem Kuss zu überschreiten.
    Kreischend sauste Phoebe die dritte und steilste Abfahrt hinunter. Es war so seltsam. Genau das hatte ich mir doch immer erhofft, oder? Ich war mit einer witzigen, attraktiven Frau zusammen, und wir verstanden uns prächtig. Wir hatten uns erst vor wenigen Wochen wiedergetroffen und waren schon eng befreundet.
    Ich rutschte hinter Phoebe her, während sie mir eine unverständliche Mischung aus Ermutigungen und Sticheleien zurief. Als ich das steilste Stück hinunterraste, spürte ich ein Kribbeln im Bauch, wie beim Fallen. Es war ein tolles Gefühl, gaukelte mir Emotionen vor, die ich lange nicht mehr gehabt hatte.
    » Wollen wir uns › Die kleinste Frau der Welt‹ anschauen?«, sagte Phoebe, als ich wieder festen Boden unter den Füßen hatte. » Meine Eltern wollten mir nie die drei Dollar für den Eintritt geben. Sie haben immer gesagt, das wäre Betrug.«
    » Ich bezweifle, dass sie zu Hause ist«, sagte ich.
    » Trotzdem, ich würde gerne ihre winzige Kommode durchstöbern und mir ihre winzigen Schuhe ansehen.« Phoebe führte mich.
    Das Zelt der kleinsten Frau der Welt war ein Reinfall. Nur eine leere Hülle– keine winzige Kommode, keine winzigen Küchengeräte.
    » So ein Mist aber auch«, sagte Phoebe und ließ die Eingangsplane zufallen.
    Ich fragte mich, ob unser Jahrmarktsbesuch in einer anderen Epoche einer dieser zauberhaften, romantischen Nachmittage hätte sein können, die man niemals vergisst.
    » Was ist mit dir?«, fragte Phoebe. » Du bist auf einmal so still.«
    » Nein, alles klar. Ich musste bloß an etwas denken, was vor langer Zeit passiert ist«, wehrte ich ab.
    » Und an was, wenn ich fragen darf?«
    » Lass uns eine Pause machen und essen, dann erzähle ich es dir.«
    Wir setzten uns in eine Kutsche auf dem Karussell und aßen Pilze und Nesseln. In die Seiten unseres Gefährts waren Engelchen mit silbernen Windeln und Frauen in fließenden weinroten Gewändern eingeschnitzt. Die Schnitzereien waren sehr detailliert, allerdings fehlten an der zum Himmel gestreckten Hand eines Engels die Finger. Während wir aßen, erzählte ich Phoebe von meiner ersten Begegnung mit Rumor, als ich mit Ange und Uzi unterwegs gewesen war. Es war das Erste, was mir einfiel, um zu verbergen, was ich tatsächlich gedacht hatte.
    Phoebe streckte die Hand aus und streichelte einen Huf des Pferdchens, das ihr am nächsten war. Es hatte im Galopp die Vorderbeine angezogen, das Maul war aufgerissen, und zwischen den Zähnen hing die Zunge heraus.
    » Ich verstehe, dass dich das verfolgt, auch nach all den Jahren noch. Die schlimmen Erlebnisse werden ins Gehirn eintätowiert, nicht wahr? Sie sind zwar längst vergangen, aber es kommt einem vor, als würden sie immer noch irgendwo passieren.«
    » Ja«, pflichtete ich ihr bei. » Ich wünschte, ich könnte einfach drei oder vier Tage aus meinem Leben herausschneiden. Dann würde es mir viel, viel besser gehen.«
    Abwesend streichelte Phoebe den Huf des Holzpferdchens. » Ich weiß, welche Tage das bei mir wären.« Ihr Blick wanderte auf den Kirmesplatz hinaus, das Gesicht hatte sie von mir abgewandt.
    » Und welche wären das? Oder möchtest du es lieber nicht sagen?«
    Phoebe schwieg lange.
    » Ich habe es noch niemandem erzählt«, flüsterte

Weitere Kostenlose Bücher