Wie die Welt endet: Roman (German Edition)
Ja, so ein kleiner Erkundungsausflug ist wohl in Ordnung.«
» Und vielleicht schnell die Riesenrutsche runterrutschen.«
Wir konnten tatsächlich eine Riesenrutsche sehen. Sie hatte drei große Absätze, einer immer höher als der andere. » Dann komm«, sagte ich.
Wir fingen bei einem Imbissstand an. » Liebesäpfel– Eisgetränke– Popcorn– Zuckerwatte– Softeis«, versprach er, war aber ganz leer geräumt. Die Stände mit den Spielen waren größtenteils mit Rollläden verschlossen. Einen davon öffneten wir: Die Preise hingen noch von der Decke herunter. Trügerisch dick behaarte, aber eigentlich dünne Trolle waren als Wurfziele aufgereiht. Ich schwang mich über den Tresen, und Phoebe folgte mir. Darunter stand eine riesige Kiste mit abgegriffenen Gummibällen.
» Sieht aus, als hätten sie sich mitten in der Nacht davongemacht«, sagte ich. » Der Transport hätte zu viel gekostet, also haben sie die Sachen einfach stehen lassen.«
» Ja.« Phoebe hielt schon in jeder Hand einen Ball. Was ich da sagte, schien sie nicht besonders zu interessieren. Sie kletterte zurück über den Tresen. » Geh aus dem Weg.«
Phoebe konnte hart werfen. Ihre Arme waren lang und spindeldürr, aber sehnig. Auf ihrem Trizeps bildete sich ein kleiner Knoten, als sie mit dem Ball ausholte und ihn auf einen Troll feuerte. Der Ball streifte die Behaarung, ohne jedoch den dünnen Körper des kleinen Wichtels zu treffen.
» Verdammt«, wisperte Phoebe.
» Du bist eine gute Sportlerin«, sagte ich.
Sie lächelte. » Auf der Highschool hab ich Leichtathletik gemacht und Softball gespielt. In Softball war ich grottenschlecht, aber in Leichtathletik ganz gut.« Sie warf den nächsten Ball in die Luft und fing ihn wieder auf, um ein Gespür dafür zu bekommen. » Ich leg euch alle um«, rief sie den Trollen zu. » Ich hab hier ganz viele Bälle, die kosten mich keinen Cent. Ihr könnt nicht weglaufen, denn ihr habt keine Füße, und verstecken könnt ihr euch auch nicht, eben weil ihr keine Füße habt.« Lachend pfefferte sie den Ball auf die Trolle. Er flog genau zwischen zweien hindurch. » Mist!«, rief sie, immer noch lachend. Sie wischte sich eine Träne von der Backe.
» Du weinst beim Lachen«, sagte ich. » Nicht nur, wenn du dich kaputtlachst, sondern immer.«
» Halt den Mund«, sagte sie und lachte noch mehr. » Stimmt doch gar nicht.« In ihren Augenwinkeln sammelten sich neue Tränen und rollten ihr über die Backen.
» Stimmt wohl!« Ich zeigte auf ihre Wangen. » So was habe ich noch nie gesehen, das ist ja wie bei diesen Vögeln, die jedes Mal piepen müssen, wenn sie mit den Flügeln schlagen.«
Phoebe kugelte sich vor Lachen, während ihr die Tränen über die Backen liefen. » Lügner!«, rief sie und tupfte sich das Gesicht mit dem Strickjackenärmel ab.
» Wollen wir zur Rutsche?«, sagte sie schließlich ganz atemlos.
» Ja, komm.« Mit einer Handbewegung ließ ich der Dame den Vortritt. Es war so schön zu lachen, vergnügt zu sein und herumzualbern. Phoebe war geistig so wach. War sie das damals, als wir uns kennengelernt hatten, auch schon gewesen? Ich erinnerte mich nicht daran, aber wir hatten natürlich auch nur ein paar Stunden zusammen verbracht.
» Bist du als Kind oft auf der Kirmes gewesen?«, fragte ich, während wir uns einen Weg durch den früheren Mittelgang suchten.
» Immerzu. Aber ich kann mir kaum noch vorstellen, dass es mal eine Zeit gab, wo alles so einfach war. Man hat gearbeitet, Lebensmittel eingekauft, die Kinder mit auf die Kirmes genommen.« Phoebe schüttelte den Kopf. » Wie in einer Märchenwelt.«
Sie packte eine Sprosse der Leiter und schaute nach oben. » Mir war nicht klar, dass das so verdammt hoch ist.« Phoebe schaute sich nach mir um, während sie die Sprosse umklammert hielt. » Ich habe Höhenangst. Vielleicht würde es genauso viel Spaß machen, auf den Karussellpferden zu sitzen, was meinst du?«
» Aber die bewegen sich doch nicht mehr, die stehen bloß da«, sagte ich.
» Das macht ja nichts. Sie sind schön, und ich trommle das Hufgeklapper dazu.«
Lachend zeigte ich auf die Leiter. » Du hast versprochen, dass wir rutschen, und die Rutsche ist das Einzige, was noch richtig funktioniert.«
» Ich habe nichts versprochen, ich habe es bloß vorgeschlagen.«
» Es war ein implizites Versprechen.«
Phoebe schmollte. Sie packte auch mit der anderen Hand eine Sprosse und schaute wieder nach oben. » Also gut, aber vielleicht musst du die Feuerwehr
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