Wie die Welt endet: Roman (German Edition)
verzogene Stahlträger herum, manche zu Haufen aufgestapelt. » Hier ist es«, sagte Cortez. » Der Kerl heißt B-Bob oder so ähnlich.« In der Ferne tutete ein Schlepper. Über uns flog eine Fledermaus wild flatternd Achten um einen Laternenpfahl.
Ich folgte Cortez durch die Tür in einen großen, dunklen, leeren Raum. In einer Ecke hinten schimmerte Licht, dort brannten Dutzende von Kerzen in allen Regenbogenfarben. B-Bob saß auf einem Hocker hinter einer Theke, mit dem Rücken vor der Ziegelmauer des angrenzenden Gebäudes. An der Mauer lehnte eine junge Frau mit einer Schultertasche. Sie hatte die Arme hinter dem Rücken gekreuzt und unterhielt sich mit B-Bob.
» Bei ihr in der Wohnung ist die totale Katastrophe«, sagte sie gerade, als wir näher kamen. Ich erkannte sie wieder: Tara Cohn. Wir waren zusammen zur Schule gegangen. Sie war in einer anderen Clique gewesen, aber sie war nett. Hatte ständig Kaugummi gekaut.
» Hände hoch!«, sagte Cortez. Er hielt eine Pistole in der Hand. Tara kreischte. B-Bob kippte fast von seinem Hocker. Cortez machte einen Satz, schnappte sich die Maschinenpistole, die auf der Theke lag, und steckte sie sich in den Gürtel.
» Nimm sie ruhig, nimm sie mit«, sagte B-Bob mit hochgehaltenen Händen. » Wir wollen keinen Ärger.«
» Aber wir machen euch Ärger«, sagte Cortez. » Pack alles auf den Tisch. Sofort.«
Mit zitternden Händen zog B-Bob Stapel von Tütchen und bunten Pillen hinter der Theke hervor und legte alles oben drauf. Dann hob er wieder die Hände.
Cortez schob die Drogen zu einem Haufen zusammen, zog eine kleine Dose Flüssiganzünder aus der Tasche und spritzte ihn darüber.
Mit großen Augen schaute B-Bob auf den Haufen. » Was soll das denn? Willst du einfach alles abfackeln?«
» Ich bin kein Dieb.« Cortez fischte Streichhölzer aus der Tasche. » Wo ist der Bambus? Den will ich auch.«
» Welcher Bambus? Ich hab keinen Bambus.«
» Verarsch mich nicht«, sagte Cortez.
» Ich bewahre nur manchmal welchen auf und gebe ihn dann weiter. Im Moment habe ich keinen.«
» Aber euer Scheißbambus hat dem Falschen das Haus kaputt gemacht«, sagte Cortez. » Ihr ganzen beschissenen Blutsauger, Ihr richtet die Stadt zugrunde. Aber hier ist mein Zuhause, verdammt noch mal.«
» Ich verkaufe nichts an Kinder«, sagte B-Bob. » Ich tue nichts Böses, ich helfe den Leuten nur, mal ein Weilchen in eine andere Welt abzutauchen. Für die meisten hier ist das der einzige Urlaub, den sie sich leisten können.«
Ich hörte ein Klicken. » Lass die Waffe fallen.« Es war eine Männerstimme, hinter Cortez.
Er hob langsam die Hände und begann, sich umzudrehen. Bevor ich kapierte, was vor sich ging, trat er dem Mann von der Seite in die Achselhöhle und nach einer kompletten Drehung noch einmal voll gegen den Unterkiefer und warf ihn zu Boden. Cortez war unfassbar schnell.
Aus dem Augenwinkel sah ich, dass Tara in ihrer Schultertasche kramte.
» Pass auf!«, rief ich Cortez zu. Als er herumfuhr, hielt Tara mit beiden Händen eine Pistole umklammert und zielte auf ihn.
» Nicht!«, brüllte Cortez. » Leg sie weg!« Nun zielte er selbst. Tara zögerte, dann kniff sie ein Auge zusammen, als übe sie an einem Schießstand.
Cortez schoss ihr zweimal in den Bauch.
Mit einem Ächzen sackte sie zusammen und blieb auf dem Boden sitzen. Ungläubig starrte sie auf das Blut, das im Kerzenschein schwarz aussah.
Sie schaute zu Cortez hinauf. » Du nervst mich.«
» Tut mir leid«, sagte Cortez. » Warum hast du nicht auf mich gehört? Ich wollte keinem wehtun.«
Ich schwamm in einer Traumwelt, unfähig zu begreifen, was sich da gerade vor mir abspielte.
» Bobby«, wimmerte Tara. » Ich brauche Hilfe. Jetzt tut es weh.« Sie kotzte. Blut sickerte aus ihrem Mund und über ihr Kinn. Bobby hockte sich neben sie und zog ihren Kopf an seine Brust.
Cortez packte mich am Arm und zerrte mich mit. Ich stolperte, fiel fast hin. » Lauf«, befahl er. Ich ließ mich von ihm ziehen, während ich zurückschaute. B-Bob hielt Tara an die Brust gedrückt, als wären die beiden erstarrt. Dann huschte der Türrahmen an mir vorbei, und ich sah sie nicht mehr.
» Lauf!«, rief Cortez. Ich rannte los. Noch nie war ich so schnell gerannt.
Endlich blieb ich stehen, nicht, weil ich außer Atem gewesen wäre, sondern weil ich vor Tränen nicht mehr sehen konnte, wo ich hinlief. In einem menschenleeren Gässchen drückte ich das Gesicht gegen eine Ziegelmauer. Cortez lehnte an der Mauer mir
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