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Wie die Welt endet: Roman (German Edition)

Wie die Welt endet: Roman (German Edition)

Titel: Wie die Welt endet: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will McIntosh
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Sie ging zwei Schritte hinter uns.
    » Hey, das ist ein ganz geheimes Männergespräch. Da dürfen Mädels gar nicht zuhören.«
    » Ich verspreche euch, dass ich es keinem anderen Mädel weitersage. Ich nehme eure Geheimnisse mit ins Grab.«
    » Na, dann darfst du weiter zuhören.« Colin grinste.
    Ich entdeckte eine essbare Pflanze. » Wartet mal eben.« Ich lief den Bahndamm hinunter, hockte mich unter einen Laubbaum und prüfte die Blätter des Krautes.
    » Was ist das?«, rief Ange von oben.
    » Eine Brennnessel. Die kann man essen«, antwortete ich. Ich fasste den Stängel nah am Boden an, wo sich keine Brennhaare mehr befanden, und zog.
    » Sieht aber gar nicht essbar aus. Sieht aus wie ein widerliches wildes Unkraut.«
    » Kommt einfach darauf an, wie man sie kocht.« Behutsam verstaute ich den Stängel in einer meiner Westentaschen. Ich hatte mich vor allem auf Heilkräuter spezialisiert, konnte jedoch auch die essbaren Pflanzen identifizieren. Dieses Wissen würden wir wahrscheinlich gut gebrauchen können. Nicht mehr lange, und wir würden verzweifelt nach Nahrung suchen. Also achtete ich nicht nur auf Heilpflanzen, sondern auch auf Kermesbeeren, Löwenzahn, Sauerampfer, Pfeilwurz, wilde Zwiebeln und Pilze.
    Wir kamen an einem verlassenen Lagerhaus mit der Aufschrift Southern Pecan Company vorbei, dann pries ein grünes Raco -Tankstellenschild bleifreies Benzin. Die Preisanzeige war jedoch schwarz, bis auf die 9 am Ende. Etwas weiter ragte ein McDonald’s -Schild aus dem weiten grünen Meer.
    » Sieht aus, als hätte euer Bambus sogar größere Städte plattgemacht«, sagte ich zu Sebastian.
    » Das war nicht der Bambus, sondern der Treibstoffmangel«, entgegnete Sebastian. » Ich weiß, dass Statesboro Rhizomsperren hatte und dass der Bambus in der Stadt ausgerottet war, aber solche Städte sind eben nicht autark. Ohne eine billige Verkehrsverbindung nach Atlanta oder Savannah sind sie geliefert. Ihre einzige Chance wäre es gewesen, sich ganz schnell auf Lebensmittelproduktion umzustellen, aber die Leute haben eben geglaubt, sie brauchten bloß abzuwarten und könnten ihre chemischen Reinigungen und ihre Sonnenstudios weiter betreiben, bis irgendwann die große Wende käme. Inzwischen sind die meisten wahrscheinlich weggezogen und suchen anderswo Nahrung und Arbeit. Und wenn nicht mehr genug Leute da sind, um den Bambus einzudämmen…« Sebastian machte eine Geste, als würde etwas explodieren.
    Er schien auf alles eine Antwort zu haben, zumindest, wenn es um die monströsen Pflanzen ging, die er und seine Freunde in die Welt gesetzt hatten. » Weißt du, seit ihr diesen gottverdammten Bambus verbreitet, frage ich mich, warum ihr ihn nicht so gezüchtet habt, dass man ihn essen kann.«
    Ein langes Schweigen entstand. Ich schaute Sebastian an. Hatte er mich überhaupt gehört?
    » Das ging nicht«, sagte er schließlich.
    » Quatsch.«
    » Nein, wirklich nicht. Ein Teil der Weltbevölkerung muss sterben– die Ressourcen, die wir hier auf der Erde noch haben, können die derzeitige Bevölkerung auch nicht annähernd ernähren.«
    » Also habt ihr ihn mit Absicht ungenießbar gemacht?« Ich stolperte, hielt mich an einem Büschel Bambus fest, um nicht zu stürzen, fiel dann aber doch, wobei der sich neigende Bambus mich in einem komischen Zeitlupentempo zu Boden gleiten ließ. Ich war über einen Bordstein gestolpert. Manchmal erkannte man erst, wo die Straße war, wenn man sie unter den Füßen hatte.
    » Willkommen in Statesboro«, sagte Sebastian. » Und um deine Frage zu beantworten, ja, sie haben absichtlich ungenießbaren Bambus gezüchtet. Ich sage ja immer, dass ein oder zwei Milliarden Menschen sterben müssen, bevor das hier vorbei ist. Aber wir wollen dafür sorgen, dass es nicht vier oder fünf Milliarden werden.«
    » Für mich klingt das nach reiner Demagogie«, sagte ich, dann verfiel ich in zorniges Schweigen.
    Wir kamen an einem Mann in einer Hängematte vorbei, der entweder schlief oder tot war. Er machte die Augen nicht auf, um zu sehen, wer da vorbeiging, also konnte er tot sein. Andererseits war er weder bleich noch zeigte er Spuren von Verwesung, was dafür sprach, dass er schlief.
    Ange suchte eine alte Südstaatenvilla an der Main Street als Übernachtungsquartier für uns aus. Sie liebte alte Häuser. Die Villa hatte eine breite grüne Veranda, und im Vorgarten wuchs eine riesige Magnolie. Das ganze Anwesen lag im Schatten des städtischen Wasserturms, eines dicken Kessels mit

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