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Wie Du Mir

Wie Du Mir

Titel: Wie Du Mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Dunne
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offensichtlich froh, seine Karriere als Schutzengel zu beenden, hatte sich sofort von seinem Posten am Küchentisch mit Blick auf den kleinen Fernseher erhoben. Liams Fragen über ihr Ziel oder den Grund des Treffens hatte er mit Schulterzucken beantwortet. Ihm war nichts anderes übrig geblieben, als abzuwarten und auf das Beste zu hoffen. Hanlon vertraute ihm. Das hier hatte nichts zu bedeuten.
    Der Treffpunkt lag abseits der Seven Mile Straight. Als sie die Zufahrtsstraße entlangholperten, dröhnte ein Flugzeug über sie hinweg. Die Büsche am Straßenrand gaben den Blick auf das Haus erst in letzter Minute frei. Strahlend weiß, zweistöckig. Nicht zu bäuerlich, aber auch nicht der seelenlose 80er-Backstein von der Stange. Es konnte mühelos drei Familien beherbergen.
    Die Straße endete auf einem ungeteerten Wendeplatz. Eoin rollte in den blickgeschützten Innenhof, eingerahmt vom Haupthaus, einem Futtersilo, einer Scheune mit Wellblechdach und einem vom Hauptgebäude abgetrennten Häuschen – offenbar der ehemalige Bauernhof.
    Vor dem halb geöffneten Eingang stand ein Mann, dessen Segeltuchjacke, rehbraune Schuhe und Küchenscheren-Frisur genau zur Teilnahmslosigkeit von Eamonn Flynns Stimme passten. Er kaute an einem angebissenen Sandwich, am Boden neben sich eine Zweiliterflasche Cola.
    „Das ging ja schnell.“ Die fehlenden Höhen und Tiefen in Flynns Stimme wurden mit vollem Mund noch offensichtlicher. „Sie sind da drin. Die Tür rechts.“
    Am Hinterausgang des Hauptgebäudes lehnte dieses abstoßende Wiesel von Rooney und rauchte. Er nickte Liam über den Hof hinweg zu. Sein Lächeln war schwer zu interpretieren, doch auf keinen Fall verhieß es Gutes.
    Vier Sekunden einatmen, fünf Sekunden ausatmen. Irgendwo hatte er gelesen, dass das ungemein beruhige. Vier ein, fünf aus. Dies war keine Verhaftung. Nicht am Tag nach Rorys Beerdigung.
    Niemand reagierte auf das Jammern der Tür, als er eintrat. JR, der halb abgewandt von ihm saß, zuckte nicht einmal. Nur seine hinter der Rückenlehne gefesselten Arme schienen ihn auf seinem Stuhl zu halten. Seine Haut war kaum dunkler als sein Hemd. Gestern am Friedhof hatte Liam ihn noch im selben Anzug gesehen. Hanlon hatte keine Zeit verloren.
    „Sieh mal, wer da ist“, sagte Hanlon, der direkt vor JR hockte, als wollte er überprüfen, ob er noch atmete. „Vielleicht willst du deine Geschichte noch einmal wiederholen und ihm dabei ins Auge sehen.“
    „Sie ist wahr“, sagte JR künstlich beherrscht. Endlich drehte er den Kopf, schnaubte schwach, als wäre Liams Anblick bloß die jüngste in einer Reihe böser Überraschungen, und wandte sich wieder ab. Seine Lippen hatten das unterkühlte Blau von Kindern, die zu lange im Wasser spielten.
    Liam wollte schlucken, doch seine trockene Kehle hinderte ihn daran.
    „Also nicht? Dabei haben wir so lange daran gearbeitet.“ Brian seufzte und erhob sich. In seiner Wirbelsäule knackte es. „Dann lass mich noch mal deine Version der Wahrheit rekapitulieren.“ Die Hände in seiner Jacke vergraben, umkreiste er JRs Stuhl. „Du hast Operation Florida Drive nicht ausgeführt, weil du dich für die großzügige Menschlichkeit dieses Besatzers erkenntlich zeigen wolltest, die er dir in Castlereagh hat angedeihen lassen. An der toten Frau war natürlich Lucky schuld und nicht du. Er hat dich bekniet, ihn vor Pat nicht in Misskredit zu bringen, und du hattest keine Lust auf einen anderen Partner, also hast du ihn gedeckt. Operation Jaffa Street hast du wiederum nicht mitgemacht, weil du plötzlich dein Gewissen entdeckt hast und außerdem lieber deine Frau mit einer amerikanischen Hure betrügen wolltest. Die wiederum nichts mit den Besatzern zu tun hat. Trotzdem hat sie dir diese Nummer eines dir unbekannten Detectives zugesteckt. Du arbeitest nicht als Informant für ihn, sondern wolltest nur dein Gewissen bei ihm erleichtern.“ Hanlon hielt eine Visitenkarte in die Luft und klatschte in die Hände. „Was für eine originelle Geschichte. So viel Fantasie traut man dir kaum zu.“
    „Es ist wahr.“ Nur mit Übermacht disziplinierte JR seine Stimme zur Zimmerlautstärke. „Das ist alles, was ich weiß.“
    „Dann lass uns mal deine Gedächtnislücke stopfen.“ Hanlon streckte seine Hand mit der Visitenkarte aus. „Liam, weißt du, wer diese Frau ist?“
    Beide fixierten sie ihn – Hanlon erwartungsvoll, JR hilfesuchend.
    Liam schüttelte den Kopf.
    „Sagt mir nichts.“
    Die Visitenkarte wendete

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