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Wie Du Mir

Wie Du Mir

Titel: Wie Du Mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Dunne
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Pfund auf die Waage gebracht. Seit März hatten jedoch Cadbury und McVitie’s die von Jenny hinterlassene Lücke notdürftig gestopft, Chips, Nüsse und Bier ihren Platz vor dem Fernseher eingenommen. Er hatte einfach nicht den Nerv, sein neu hinzugewonnenes Laster zu bekämpfen. Bei 200 Pfund war außerdem seiner Waage – Jennys Geschenk zu seinem 49. vor zwei Jahren – die Batterie ausgegangen und er hatte es dabei belassen. Problem gelöst.
    Asketen wie O’Toole hatten von so etwas natürlich keine Ahnung und deshalb steckte er jetzt in diesem Folterwerkzeug fest.
    „Schönes Stück, ist der neu?“
    „Gail meinte, ich soll ihn zu mir nehmen, denn zu Hause bin ich sowieso nie.“ Er warf Will einen prüfenden Blick über seine randlose Brille hinweg zu, senkte dann seine Augen wieder auf das Papier vor ihm.
    „Wie geht’s dir so? Du siehst müde aus.“
    Will dachte an vergangene Nacht. Er war erst eingeschlafen, nachdem er die eineinhalbfache Dosis Schlaftabletten genommen und Jennys Mörder alle Fingernägel rausgerissen hatte. Einzeln, Stück für Stück.
    „Es geht schon. Die Turner-Sache beschäftigt mich noch ein wenig.“
    O’Toole sah ungläubig auf.
    „Der Brandstifter Turner? Den Fall solltet ihr bald gelöst haben.“
    „Haben wir auch. Er beschäftigt mich nur.“
    Will und O’Toole schienen zwei verschiedene Sprachen zu sprechen. Für O’Toole war emotionale Anteilnahme ein Fremdwort. Fälle waren Problemstellungen, die es so schnell wie möglich zu lösen galt, Menschen waren Aktenvermerke. Will hatte noch nie eine einzige Wolke der Sorge auf seiner Stirn gesehen. Immer nur rationale Analyse.
    Seine Ansichten darüber, wie ein Kriminalpolizist seiner Arbeit nachzugehen habe, unterschieden sich so grundsätzlich von Wills, dass sich Diskussionen kaum lohnten. Einsatz-Briefings über zehn Minuten hielt er für Zeitverschwendung, persönliche Gespräche langweilten ihn. Er war präzise, effizient und seelenlos wie eine Maschine.
    „Superintendent Freeman hat mich gebeten, eines seiner Teams mit unseren Ressourcen zu unterstützen.“
    Die gute Seite. Er kam schnell zum Punkt.
    „Seit der MI5 die Oberaufsicht hat, mischen sich hier immer mehr Schlipsträger aus London ein. Du kannst dir vorstellen, dass die bei den Leuten hier genau so viel ausrichten.“ Sein Daumen und sein Zeigefinger formten einen Kreis. „Sobald die einen Yorkshire-Akzent hören, ist nichts mehr zu machen, und erfahrene Leute im Special Branch sind knapp. Freeman sagt, er brauche Kriminalisten mit ‚psychologischem Geschick‘“, mit den Zeige- und Mittelfingern kratzte O’Toole Anführungszeichen in die Luft, „die langfristig denken.“
    Will nickte langsam. Er wusste nicht, ob ihm die Richtung des Gespräches gefiel. Das war es also, was Hugh gestern erwähnt hatte. Er sollte für den Special Branch arbeiten. Antiterror. Die geheime Welt, in der alles möglich war. Wahrscheinlich sah O’Toole die Anfrage des Special Branch vor allem als Möglichkeit ihn loszuwerden.
    Er hatte Wills Verhörmethoden stets als ineffizient abgetan. Zu langsam, zu viel Verständnis für mögliche Motive eines Terroristen. Psychologie war ein Schimpfwort für ihn, sofern sie nicht in kürzester Zeit zum Erfolg führte. Gewaltanwendung während eines Verhörs hatte er immer schon befürwortet. Nicht zuletzt durch den Druck der Medienberichte gehörten systematische Misshandlungen in Castlereagh jedoch schon jahrelang der Vergangenheit an.
    Ein beklagenswerter Zustand, wie O’Toole immer wieder bei Sitzungen bemerkte. Wir haben Berge von Problemen und keine Zeit, sie mit einer Feile abzutragen.
    Viele waren seiner Meinung. Auch Hugh und seine Kollegen des Special Branch, die nichts dabei fanden, im Kampf gegen die IRA dieselben schmutzigen Methoden anzuwenden wie die Terroristen.
    „Warum will der Special Branch plötzlich, dass jemand vom CID mitmischt? Sonst haben sie unsere Nasen doch auch nicht gerne in ihren Angelegenheiten.“
    „In der Not werden sie eben katholisch.“ Ungeübte würden diese Aussage vielleicht als Scherz interpretieren, doch O’Toole verzog über die Doppeldeutigkeit keine Miene. „Wir wollen uns nichts vormachen. Mit dem MI5 an der Spitze entscheidet letztendlich London, was hier geschieht, und dort ist geheim noch geheimer als bei uns. Freeman hat mich um Ressourcen für eines seiner Teams gebeten, die an den West-Belfaster Einheiten dran sind. Ich habe dich und Oliver Owens zugesagt. Was ihr dort

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