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Wie Du Mir

Wie Du Mir

Titel: Wie Du Mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Dunne
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Vorgarten hörte, begannen seine Finger eigensinnig vor sich hin zu tremolieren. Dabei gab es keinerlei Grund zur Beunruhigung. Es war Punkt 20 Uhr, und er hatte mit eigenen Augen verfolgt, wie Hugh seine Enduro den Florida Drive entlanggelenkt und direkt vor dem Küchenfenster abgestellt hatte. Kein Provo, so weit das Auge reichte.
    Seinen Motorradhelm unter dem Arm, überquerte Hugh o-beinig die Straße. Seine Männlichkeit so markig wie möglich zu präsentieren war ihm schon immer ein Anliegen gewesen.
    „Ich hab interessantes Material für dich, sehr interessantes Material“, wiederholte er seine Ankündigung von ihrem Telefonat am Nachmittag, in dem er zugegeben hatte, dass er Freeman beeinflusst hatte, Will vorübergehend für den Special Branch auszuleihen; zu den Gründen später mehr.
    „Schönen Abend auch, Hugh. Ich dachte, ich erfahre alles in der morgigen Besprechung.“
    Hugh hielt einen großen, braunen Umschlag in die Luft.
    „Nichts wirst du erfahren. Wir sind beim Geheimdienst, schon vergessen? Das wirklich Interessante ist da drin.“
    Er ließ den Umschlag rascheln. Dann fiel sein Blick auf Wills Hand.
    „Bist du deswegen in Behandlung?“
    „Das geht wieder vorbei. War schon schlimmer …“
    Hugh sah ihn strafend an.
    „Mann Will, du weißt, dass du was gegen diese posttraumatische Stress-Scheiße machen musst, sonst kriegst du die nie wieder los. Hast du sonst noch Symptome?“
    Schlaflosigkeit, Albträume, Reizbarkeit, spontane Verzweiflungsanfälle, Selbstmordgedanken – was hätten Sie denn gerne? In Wills Feuermal kribbelte es, als hätte er soeben ein Pflaster davon abgerissen. Er hasste es, wenn es sich mit noch mehr Blut vollsog und grell wie ein Alarmsignal von seiner Verlegenheit, Wut oder Anstrengung zeugte.
    „Verdächtigst du mich eines Verbrechens? Falsche Zeugenaussage oder was?“
    „Sachte, sachte“, beschwichtigte Hugh und wedelte mit den Händen, „wollte einfach nur wissen, wie’s dir geht. Ich mache mir Sorgen, das ist alles.“
    „Ist schon klar, tut mir leid.“
    Eine Pause entstand. Hughs erwartungsvolle Haltung, seine stumme Aufforderung, ihn endlich zu fragen, was er herausgefunden habe, lähmte Will. Unschlüssig blieb er vor Hugh stehen, der es sich auf Jennys Platz bequem gemacht hatte. Sie hatte dort immer zusammengekauert gehockt, das Kinn auf die Knie gestützt und die Arme um die Schienbeine geschlungen, als wollte sie sich so klein wie möglich machen. Platz lassen für Will und seine Berichte aus dem Leben eines Belfaster Kriminalpolizisten. Er hatte selten etwas erzählt und wenn nur zusammenhanglose Details. Jenny hatte nie wirklich über seine Tätigkeit Bescheid gewusst. Zu ihrer beider Schutz, so die Direktive, sollte Jenny lieber nicht wissen, welche Rolle ihr Ehemann genau im RUC spielte.
    „Wolltest du mir etwa ’n Pint anbieten?“, grinste Hugh schließlich.
    Wills Hand verhielt sich merklich ruhiger, als wollte sie Zustimmung signalisieren.
    Kühlschrank auf, Flasche raus, Kronkorken entfernen, eingießen – die tröstliche Routine alltäglicher Handgriffe. Er beschloss, sich auch selbst ein Pint Smithwicks zu gönnen. Als er mit vollen Händen ins Wohnzimmer zurückkehrte, hatte Hugh sich aus seiner Motorradjacke geschält und den Umschlag auf den Couchtisch gelegt.
    „Besten Dank.“
    Will fixierte den Umschlag.
    Hugh hatte bereits die erste Hälfte seines Pints hinter sich, kreierte mit den Daumen Schlangenmuster auf der beschlagenen Außenseite des Glases.
    „Warum schauste nicht rein? Es ist interessantes Material.“
    Für die stets flirtbereite Jenny hatte der alte Macho Hugh immer eine Schwäche gehabt. Mal ganz abgesehen von der Besessenheit, mit der er Terroristen aufspürte.
    Will hatte diese Kapitän-Ahab-Mentalität nie verstanden. Bis jetzt. Er nahm einen Schluck aus seinem Glas, setzte sich schräg gegenüber von Hugh hin, griff nach dem Umschlag.
    Ein durch eine dicke Büroklammer zusammengehaltenes Bündel aus Papier glitt heraus, so gleichmäßig gestapelt, wie es nur Kopien sein konnten. Wills Finger umklammerten die glatte Oberfläche. Das hier war der entscheidende Augenblick. Einen Schritt vor – und kein Zurück mehr.
    Ganz oben auf dem Stapel war das Brustbild eines toten Mannes geheftet, rötlich-blond, ausladender Brustkorb, kindliche Speckwangen. An der rechten Wange ein schwarzer Bluterguss, blutverkrustete Haare an der Schläfe.
    Wills Blick flüchtete sich zum nüchternen Schwarz auf Weiß der

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