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Wie Du Mir

Wie Du Mir

Titel: Wie Du Mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Dunne
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ins Badezimmer geführt hatte, dort so lange gewartet hatte, bis sich der Brechreiz über den bittersüßen Geschmack von menschlichem Fleisch in seinem Mund wieder gelegt und er sich das Blut vom Gesicht gewischt hatte. Der danach gemeinsam mit ihm eine Handvoll Zigaretten geraucht und geredet hatte. Warum ausgerechnet er und nicht der Glatzkopf? Der erste und einzige Polizist, der ihn wie einen normalen Menschen behandelt hatte.
    Für solche Fragen war es zu spät. Sympathie mit einem Bullen auch bloß anzudeuten kam sowieso Hochverrat gleich. Schnauze halten, Befehle ausführen. Das war alles, was man von ihm erwartete.
    „Was ist, JR? Was nicht in Ordnung?“
    Woher kam bloß diese Unsicherheit in Luckys Stimme? Daran war garantiert Chief Dohertys Standpauke während der Operationsbesprechung schuld. Bald werde Rory Sullivan ihn als zweiten Schützen ersetzen, wenn Lucky weiterhin solche lausigen Leistungen während des Trainings abliefere, hatte der Chief da gedonnert. Seitdem war Lucky seltsam kleinlaut. Doch Dally war nicht in Stimmung für seelische Streicheleinheiten.
    „Alles bestens, okay?“, brummte er, ohne den Blick zu heben.
    Lucky wandte sich ebenfalls ab, entsicherte dünnlippig seine Pistole – eine Browning, genauso wie Dally.
    Er musste sich zusammenreißen. Der Detective war ein legitimes Ziel. Keine Fragen, er war ein legitimes Ziel.
    „Hey, ihr Pfeifen, los geht’s.“ Rooster walzte voran, vorbei an den Blumentöpfen, die in exakt einer Linie im Vorgarten aufgestellt waren, den kleinen Rammbock aus Metall in beiden Händen. Der Knall der berstenden Tür.
    „Irisch Republikanische Armee.“ Das war Luckys Part. Er trainierte ihn sogar manchmal vor dem Spiegel. „Weg von der Tür, und dir passiert nichts.“
    Jetzt erst sah Dally das blonde Mädchen im Nachthemd. War das etwa die Frau des Detectives? Die hatte bei der Operationsbesprechung niemand erwähnt. Schon gar nicht, dass sie davonlief. Eigentlich sinnlos. Aber in der Panik taten Menschen eben Dinge, die entweder sehr klug waren oder sehr dumm. Deshalb hörte sie auch nicht auf Luckys Warnungen.
    Alle machten sie einen Schritt vorwärts – die Frau, um zu entkommen; Dally, um sie einzuholen; Lucky, um sie aufzuhalten. Am schnellsten war Luckys Browning. Der beste Schuss in Luckys Karriere – Doherty hätte gestaunt. Ein Bein in Bewegung zu treffen, das schaffte nicht jeder. Deswegen war anfangs auch trotziger Stolz in Luckys Blick gewesen, als er dem entsetzten von Dally begegnet war.
    Was haste denn, jemand musste sie doch aufhalten oder?
    Dass die Frau tot war, erfasste Dally erst, als der Detective ihn bereits als Abschaum bezeichnete. Im Augenwinkel sah er Lucky bei der Treppe hocken und hilflos zu ihm herüberstarren, neben ihm ein ausgestreckter Unterschenkel. Er schien zu nichts anderem fähig. Die Achseln zucken und starren.
    Ich wollte das nicht. Was soll ich tun? Dally, sag mir, was ich tun soll.
    Dann begann noch der Detective auf ihn einzureden mit seinen psychologischen Tricks von wegen sich nicht schuldig machen. Als könnte er Gedanken lesen. Als er endlich den Mund hielt, war Lucky immer noch zur Salzsäule erstarrt, flehte stumm um Rat. Liam war nicht da. Dally war der erfahrenste Schütze. Er musste entscheiden.
    Mit einer Geste schickte er Lucky nach draußen. Sichtbar erleichtert nahm der das Angebot an. Ein paar Sekunden blieb Dally zurück, den entsicherten Lauf der Browning auf den Hinterkopf des Detectives am Boden gerichtet. Ihn zu verschonen würde Probleme bedeuten. Sie würden das erklären müssen. Doherty würde sie im besten Fall für Versager halten, im schlechtesten für Verräter. Er betrachtete den zischelnden Fernseher, in dem gerade die Werbepause lief. Den Detective unter sich, stimmlos vor sich hin murmelnd, die Stirn auf die übereinandergefalteten Hände gestützt, als spiele er Verstecken. Er keuchte unter der Last seiner Angst. Er hatte sich kaum verändert in den zehn Jahren. Augen, die jedes Detail ihrer Umgebung aufzunehmen schienen, fleckige Haut, trotz seines Alters immer noch erkennbar rötlich-blondes Haar, die plumpe Gestalt, das Feuermal immer noch ein verzerrtes Südamerika – alles wie damals. Nur war jetzt seine Frau tot.
    Tu’s nicht, Junge.
    Dally hob seine Browning wieder an, wandte sich vom Detective ab und folgte Lucky hinaus auf den Florida Drive.

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    Kate hatte sich selbst übertroffen. Auf dem runden Eichentisch, der die Grenze zwischen Kates

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