Wie, du stillst nicht
beweist jedoch, dass vorbeugende Maßnahmen sehr wichtig sind.
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Körperliche Nähe durch Tragen
Im Vergleich zu neugeborenen Pferden, Affen und Elefanten ist ein neugeborenes Kind vergleichsweise hilflos und benötigt den Körperkontakt, um gesund reifen zu können. Wenn wir uns andere Säuger, z. B. die Katzenmutter, anschauen, so gehört ihr Junges zum Typus Nesthocker (die Jungen werden zeitweise in einem sicheren Versteck von der Mutter zurückgelassen). Die Milch der Katze ist hochkalorisch und fettreich und sättigt die Jungen über Stunden hinweg, damit sich die Katzenmutter entfernen und auf Nahrungssuche gehen kann. Das Pferd dagegen ist ein Nestflüchter. Das neugeborene Fohlen kommt weit entwickelt auf die Welt und kann sofort hinter der Mutter herlaufen. Das ist bei den Herdentieren sehr wichtig. Wir Menschen sind weder Nestflüchter noch Nesthocker, wir sind von dem Biologen Bernhard Hassenstein 1970 dem Jungentypus Tragling zugeordnet, wo die Mutter selbst das »Nest« bildet.
Die Natur verlangt den engen Körperkontakt zur Mutter, um die körperliche und geistige Weiterentwicklung zu fördern und Babys Bedürfnisse zu befriedigen. Eigentlich können wir uns an unseren nächsten Verwandten orientieren: den Menschenaffen. Sie tragen ihre Kinder mit sich herum und stillen sie nach Bedarf. Wir sind ihnen biologisch sehr ähnlich. Die wesentlichen Bedürfnisse sind befriedigt, wenn das Baby
■ körperliche Nähe spürt,
■ Wärme spürt,
■ vertraute Stimmen und den vertrauten Herzschlag hört,
■ bekannte Gerüche wie den der Mutter wahrnimmt,
■ Bewegung spürt,
und auf diese Weise an Erfahrungen, die es aus dem Mutterleib kennt, anknüpfen kann. Unsere Kinder sind darauf gepolt, dass wir sie tragen, halten, wärmen und stillen. Wird eines dieser elementaren Bedürfnisse, in diesem Fall das Stillen, nicht erfüllt, ist es von großer Bedeutung, zumindest seine anderen elementaren Bedürfnisse voll und ganz zu stillen. Das Tragetuch ist eine Möglichkeit, das biologisch vorgegebene Verhalten bei der Pflege von Neugeborenen, Säuglingen und Kleinstkindern umzusetzen.
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Das Tragen des Säuglings hat viele Vorteile
Wird ein Baby getragen, stillt man eines seiner Grundbedürfnisse. Der Tragende selbst hört nicht nur aus der Distanz, wie es dem Kind geht, sondern nimmt dessen emotionalen Zustand ganzheitlich wahr. Die Kommunikation läuft zwischen Bezugsperson und Baby sehr viel effektiver ab.
Getragen zu werden, heißt für einen Säugling aber auch, dass er die ihn betreuende Person ganzheitlich wahrnehmen kann:
■ Über Bewegungsreize: Das proprio-vestibuläre System (Gleichgewicht-Bewegungssinn/Beschleunigungssinn) ist bereits weit vor der Geburt voll entwickelt. Die Bewegungswahrnehmung ist eine besonders wirkungsvolle beruhigende Komponente und wurde mithilfe von Wiegen über Jahrhunderte ausgenutzt.
■ Durch Hautkontakt: Die Bedeutung des intensiven Körperkontaktes gilt für die gesamte Kindheit. Ein Mangel an Körperkontaktmöglichkeiten in den ersten Kindheitsjahren wird heute mit einem geringen Körperbewusstsein in Verbindung gebracht und auch in Erklärungen für Hauterkrankungen einbezogen.
■ Über den Geruch: Neugeborene können bereits wenige Tage nach der Geburt den Geruch ihrer Mütter von anderen unterscheiden.
■ Über Blickkontakt: Auf der Hüfte oder in face-to-face-Orientierung getragen, ist es dem Säugling möglich, Blickkontakt mit der tragenden Person aufzunehmen, deren Stimmung und Reaktionen an ihrer Mimik abzulesen.
■ Durch das Gehör: Bereits vor der Geburt funktionsfähig, trägt die Wahrnehmung von bestimmten Geräuschen zum Wohlbefinden bei, in manchen Neugeborenen-Stationen werden den Säuglingen Herztöne vorgespielt, die eine allgemein beruhigende Wirkung haben. Neugeborene können bereits früh in einem Test ihrer Mutter die richtige Stimme zuordnen.
Die Buchautorin Evelin Kirkilionis (»Ein Baby will getragen sein«) ist der Meinung, dass intensive Nähe die Vertrautheit fördert:
Ist ein Stillen nun nicht möglich oder vorgesehen, ist es umso wichtiger, dem Baby auf andere Weise viel Körpernähe und Geborgenheit zu gewähren, um ihm zu diesen intensiven Zeiten der Zweisamkeit anderweitig zu verhelfen. Eine Möglichkeit ist, ein Baby zu tragen. Denn während des Tragens werden, bis auf den Geschmackssinn, alle Sinne eines Babys angesprochen, während es den beruhigenden Kontakt zur
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