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Wie ein Blütenblatt im Sturm

Wie ein Blütenblatt im Sturm

Titel: Wie ein Blütenblatt im Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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sich doch kaum vor mir fürchten. Es kostet Sie nichts, zuzuhören.«
    Er nahm einen Stuhl, der näher bei ihr stand und sagte so leise, daß sie es sich hätte einbilden können: »In einer Hinsicht haben Sie unrecht, Madame Sorel. Ich fürchte mich durchaus vor Ihnen.«
    Sie war unglaublich erleichtert - sie hatte also recht gehabt. Jeder Austausch zwischen ihnen fand auf mehr als nur einer Ebene statt. Doch bevor sie ihre eigenen Zwecke verfolgen konnte, mußte sie ausführen, was sie ursprünglich hergeführt hatte. »Beträchtliche Mühen sind in Kauf genommen worden, um hinter diese Verschwö-
    rung zu kommen, und man kam zu dem Schluß, daß Sie zu der Handvoll möglicher Drahtzieher gehören, die die Intelligenz, die Fähigkeiten und das Motiv dafür haben.«
    »Sie schmeicheln mir«, sagte er trocken. »Aber erklä-
    ren Sie mir, warum ich so etwas tun sollte.«
    »Es ist bekannt, daß Sie Frankreich und alles Französische hassen. Sie haben zwei französische Offiziere in Duellen getötet. Sie haben ebenfalls wiederholt verkündet, daß die vorgeschlagenen Einigungen zu gemäßigt sind. Wenn Wellington oder Castlereagh sterben, was wird dann mit dem Abkommen geschehen, das kurz vor der Unterzeich-nung steht?«
    Der Oberst zog überrascht die Brauen hinauf. »Ich beginne zu verstehen. Wenn einer von beiden getötet wird, sind die Stimmen der Gemäßigten nicht mehr relevant, und ganz Europa wird Genugtuung verlangen. Frankreich würde arm und unbedeutend.«
    »Gefällt Ihnen der Gedanke, Oberst von Fehrenbach?«
    »Möglich, aber ich bin Soldat, kein Mörder«, erwiderte er. »Ich habe zwei französische Offiziere getötet, die sich rauflustig auf junge, alliierte Offiziere gestürzt haben. Das ist von einer Verschwörung gegen Ihr Land ziemlich weit entfernt. Meine Pflicht besteht darin, den Befehlen meines Herrschers zu folgen, nicht, ein Land zu stürzen.«
    »Ich glaube Ihnen, und das ist ein Grund, warum ich hier bin.« Sie blieb still, ohne mit der Wimper zu zucken, sitzen, während er sie mit neuem Interesse musterte. Nun begann er wirklich, ihr zuzuhören, und das hatte sie be-zwecken wollen.
    »Gibt es noch andere Gründe, weshalb ich unter Verdacht stehe?« fragte er nun. »Ich bin doch kaum der einzige, der Frankreich haßt.«

    »Es gibt noch einen Grund, vielleicht ein wenig weit hergeholt, doch ziemlich stark: Wir haben erfahren, daß der Mann hinter der Verschwörung Le Serpent genannt wird.«
    »Noch einmal: Was hat das mit mir zu tun?«
    »Die Klugheit einer Schlange, der Mut eines Löwen«, zitierte sie, ohne sein Gesicht aus den Augen zu lassen.
    Er zog scharf den Atem ein. »Natürlich. Das Motto meiner Familie. Interessant, aber wie Sie schon sagten, ziemlich weit hergeholt. Ziemlich viele Familienwappen enthalten Schlangen. Eigentlich«, - er dachte einen Moment nach -, »muß ich mich nicht einmal auf Wappen beziehen.
    Es gibt einen französischen General, der den Spitznamen Le Serpent erhielt, und soweit ich weiß, wird der Pariser König der Diebe genauso genannt.«
    Ohne den letzten Satz noch zu hören, fragte Hélène mit plötzlicher Erregung: »Welcher General?«
    Der Oberst warf ihr einen harten Blick zu. »Michael Roussaye. Ein Freund von mir versuchte, ihn und eine kleine Abteilung französischer Soldaten nach der Schlacht von Leipzig gefangenzunehmen. Roussaye entglitt ihnen wieder und wieder, fast wie eine Schlange. Er ist ein guter Soldat.«
    »General Roussaye ist ein weiterer Hauptverdächtiger.«
    »Was würde es ihm nützen, wenn Frankreich durch den Abbruch der Friedenskonferenz zu Schaden kommt?«
    fragte von Fehrenbach aufgebracht. »Das ist absolut unlo-gisch, Madame.«
    »Ein Revolutionär könnte ein Abkommen zu schätzen wissen, das Frankreich so zornig macht, daß es erneut zu den Waffen greift.«
    Hélènes Worte hatten eine augenblickliche Wirkung auf von Fehrenbach. Seine Miene verschloß sich, und er schien ihre Anwesenheit nicht mehr wahrzunehmen. Nach einer Weile richtete sich sein Blick schließlich wieder auf sie. »Warum erzählen Sie mir das? Wenn ich wirklich verdächtigt werde, warum hat Wellington mich dann nicht einfach verhaften lassen?«
    »Das wäre politisch unklug«, erwiderte sie. »Marschall Blücher würde garantiert wütend werden, wenn ein geschätzter Mann von seiner Seite wegen derart schwacher Verdachtsmomente eingesperrt werden würde. Es gibt ja auch tatsächlich keine Beweise, sondern nur Vermutungen. Und das ist ein Grund, warum

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