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Wie ein Blütenblatt im Sturm

Wie ein Blütenblatt im Sturm

Titel: Wie ein Blütenblatt im Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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diese Sache mit höchstmöglicher Diskretion behandelt wird. Wenn bekannt würde, daß man von einer so gewaltigen Verschwö-
    rung ausgeht, würde das fast genauso viel Aufruhr verursachen, wie ein tatsächliches Attentat.«
    »Möglich«, antwortete der Oberst widerwillig. »Aber wie Sie schon sagten, gibt es keine Beweise - was nicht überrascht, da ich nämlich nichts getan habe. Was bringt Sie überhaupt auf den Gedanken, daß eine Verschwörung existiert?«
    Hélène zuckte die Achseln. »Gerüchte und seltsame kleine Unstimmigkeiten, die vor Gericht aber niemals standhalten könnten. Der einzige handfeste Beweis ist der Angriff auf Lord Castlereagh, der als Unfall getarnt worden ist. Zudem vermuten wir, daß ein britischer Agent ge-tötet wurde, weil er Le Serpent zu nah gekommen ist.«
    »Oder weil er sich wegen einer Frau geschlagen hat…
    Ich habe noch nie davon gehört, daß Spione ehrenvoll handeln.« Von Fehrenbachs Blick bohrte sich in sie. »Was uns direkt zu Ihnen führt, Madame Sorel. Sie haben mir alle Fragen beantwortet, bis auf die, warum ausgerechnet Sie zu mir gekommen sind, um mich anzuklagen.«
    Nun würde die Unterhaltung erst richtig schwierig werden. Mit feuchten Händen nahm Hélène sich zusammen.
    »Ich stehe in inoffizieller Verbindung mit dem britischen Nachrichtendienst und habe bei den Nachforschungen mitgeholfen.«
    »Also ist die Lady ein Spion«, sagte er mit Verachtung.
    »Oder ist das ein Widerspruch in sich? Spionieren ist nur eine andere Form der Prostitution, und ich vermute, daß weibliche Spione sich in vieler Hinsicht verkaufen.«
    Hélène hatte gewußt, daß etwas in dieser Art kommen würde, aber es tat dennoch weh. »Ich habe mich niemals in irgendeiner Form verkauft, Oberst, und ich nehme kein Geld für das, was ich tue«, erwiderte sie scharf. »Es hätte auch jemand anderer kommen können, um Sie zu befra-gen, aber ich wollte es tun.«
    »Warum?« Er beugte sich in seinem Stuhl vor und blickte sie feindselig an. »Ich frage noch einmal: Warum Sie?«
    »Sie wissen warum, Oberst.« Sie sah ihn mit aller Wär-me und Aufrichtigkeit an, die sie besaß.
    Wenn seine Augen auch das kalte Blau von Polareis hatten, so konnte sie darin dennoch blanke Pein erkennen.
    Mit einem gemurmelten deutschen Fluch riß er seinen Blick von ihr los und stand auf. Ihr den Rücken zukehrend, drehte er sich zu seinem Bücherschrank um. Von ihrem Platz aus konnte Hélène einige Titel erkennen. Es handelte sich zum großen Teil um Werke der Geschichte und Philosophie, dazwischen einige griechische und römische Texte. Der Oberst war ein Mann mit vielfältigen Interessen.
    Ohne sie anzusehen sagte er: »Sie sprechen in Rätseln, Madame Sorel.«
    »Ich spreche sehr deutlich, aber es ist wohl keine Sprache, die Sie verstehen wollen.« Sie stand auf, ging auf ihn zu und blieb wenige Schritte von ihm entfernt stehen.
    »Auch wenn Sie es nicht zugeben, gibt es zwischen uns etwas, das schon da war, als wir uns zum ersten Mal trafen.«

    Er wirbelte herum und sah sie wütend an. »Also gut, ich gebe es zu. Sie erregen mich wie eine heiße Stute einen Hengst erregt. Sie wissen es genau, sonst würden Sie sich jetzt nicht hier vor mir zur Schau stellen. Sind so viele Franzosen gefallen, daß Sie im weiteren Umfeld nach Zuchtpartnern suchen? Soll ich Sie hier auf dem Teppich nehmen, Ihnen antun, was meiner Meinung nach die Alliierten mit Frankreich tun sollten?«
    Hélène wurde bleich. Sie hatte erwartet, daß er ähnlich reagieren würde, und sie begriff, daß seine Grausamkeit ein Maß für seine Gefühle zu ihr war. Dennoch trafen seine Worte sie zu heftig ins Herz, als daß sie sie ignorieren konnte. »Wenn mein Ziel Hurerei gewesen wäre, dann hät-te ich mir nicht ausgerechnet einen Mann ausgesucht, der mich beschimpft.«
    »Warum sind Sie dann hier, Madame?« Seine Worte waren tonlos, sein Gesicht eine Maske.
    »Ich will, daß Sie mich einmal ansehen, ohne daran zu denken, daß ich Französin bin und Sie Preuße sind.«
    Der Oberst blickte sie einen langen Moment an. Dann jedoch wandte er sich abrupt ab. »Das, Madame, ist nicht möglich.«
    Als er eine sichere Distanz zu ihr erreicht hatte, wandte er sich wieder zu ihr. »Wenn ich Sie sehe, sehe ich mein abgebranntes Haus, meine ermordete Frau, meinen Sohn, meine Schwester, ermordet durch Franzosen, Madame, durch Ihr Volk, vielleicht durch Ihren Bruder oder Mann.
    Ich kann nicht vergessen, daß wir Feinde sind.«
    »Ich bin nicht Ihr Feind«,

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