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Wie ein Blütenblatt im Sturm

Wie ein Blütenblatt im Sturm

Titel: Wie ein Blütenblatt im Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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rechtzeitig eingetroffen wäre?«
    Rafe fand, daß Maggie ein wenig zuviel des Guten tat, aber von Fehrenbach betrachtete sie mit deutlicher Zufriedenheit.
    »Sehr klarsichtig von Ihnen, Gräfin. Wellington hatte dem Kaiser niemals zuvor gegenübergestanden, und es ist nicht unmöglich, daß Napoleon die Niederlage zu einem Sieg hätte machen können.«
    Rafe empfand leichten, patriotischen Ärger. Wellington war nie zuvor besiegt worden, und die Schlacht von Waterloo war bereits gewonnen gewesen, als Blücher gegen sieben Uhr abends eingetroffen war. Natürlich hielt er klu-gerweise den Mund.
    Maggie fuhr in dem bewundernden Tonfall fort. »Ich ha-be gehört, man hätte dem Marschall gesagt, er könne Wellington nicht mehr rechtzeitig erreichen, er solle es gar nicht erst versuchen.«
    »Das stimmt«, bestätigte der Oberst etwas lebhafter.
    »Aber der Marschall wollte auf dieses Gerede nicht hören.
    Obwohl er krank war, führte er seine Truppen an. Er hatte Wellington sein Versprechen gegeben und schwor sich, es einzulösen, ohne sich von Tod oder Teufel aufhalten zu lassen.«
    »Waren Sie dabei?«
    »Ich hatte die Ehre. Der Marschall ist ein Erleuchteter, ein wahrer Soldat und ein Mann vollkommener Integrität.« Von Fehrenbachs Augen wurden kalt. »Nicht wie diese verdammten, betrügerischen Franzosen.«
    Maggie machte eine leicht abwehrende Geste. »Nicht allen Franzosen mangelt es an Ehre.«
    »Nicht? Mit einem König, der aus seiner eigenen Hauptstadt flieht und sich im Gepäckzug der Alliierten wieder zurückschleicht? Mit Opportunisten wie Talleyrand als ihren Führer?« Die Worte des Oberst kamen nun in einem wütenden Strom hervorgesprudelt. »Frankreich hat sich erhoben, als dieser Korse von Elba zurückkam, und es muß bestraft werden. Das Land muß unter den anderen Nationen aufgeteilt, die Bevölkerung gedemütigt, sein Name von der Landkarte Europas gelöscht werden!«
    Rafe war verblüfft von der Vehemenz der Worte. Der Preuße war mit Sicherheit ein gefährlicher Mann, der durchaus in der Lage war, jeden Franzosen zu vernichten, der ihm in die Quere kam.
    Weich sagte Maggie nun: »Haben wir denn in zweitau-send Jahren gar nichts gelernt? Muß denn immer Rache anstelle von Vergebung stehen?«
    »Sie sind eine Frau«, erwiderte der Oberst mit einem herablassenden Schulterzucken. »Man erwartet ja nicht, daß Sie solche Dinge verstehen.«

    Rafe fand, er habe lang genug geschwiegen. »In dieser Hinsicht leide ich nicht unter der Schwäche der Gräfin, aber ich teile ihre Meinung, daß Rache vielleicht nicht immer die beste Lösung ist. Gegner, die eine Niederlage ein-stecken mußten, auch noch zu demütigen, bedeutet, sie sich zu gefährlichen Feinden zu machen. Es ist besser, ihnen zu helfen, wieder aufzubauen und ihnen ihre Ehre zu lassen.«
    Die kalten blauen Augen glitten von Maggie zu Rafe.
    »Ihr Engländer seid besessen von Fairneß und sportli-chem Geist«, sagte Fehrenbach voller Verachtung. »Das ist ganz hübsch, wenn es sich um Boxen und Spiele handelt, aber wir reden hier von Krieg. Es waren die Franzosen, die mein Volk lehrten, was wir nun über Barbarei und Zerstörung wissen, und wir haben diese Lektion sehr gut verinnerlicht. Würden Sie auch noch so fair denken, wenn Ihre Ländereien niedergebrannt, Ihre Familie ermordet worden wäre?«
    Der Gefühlsausbruch des anderen Mannes ließ Rafe von dem Abstand nehmen, was er ursprünglich hatte sagen wollen. »Ich möchte gerne glauben, daß ich es versuchen würde, aber ich kann nicht mit Sicherheit behaupten, daß ich Erfolg hätte.«
    Die Spannung löste sich ein wenig, und von Fehrenbach zog sich wieder hinter seine undurchdringliche Maske zu-rück. »Es freut mich, daß Sie Ihre Zweifel zugeben. Jeder Brite in Paris scheint zu denken, er wüßte alle Antworten.«
    Rafe hätte es als Beleidigung auffassen können, aber er ließ die Bemerkung unkommentiert. Er berührte leicht Maggies Arm, um sie stumm zu fragen, wann sie weiter-gehen wollten.
    Bevor einer der drei sich jedoch bewegen konnte, gesellte sich eine Frau zu ihnen. Sie war klein und hatte ein hübsches Gesicht, das von weichen, braunen Locken umrahmt war. Ihr rundlicher Körper war eher sinnlich als anmutig, und ihr blaues Atlaskleid zeigte den unverkenn-baren Stil einer Französin.
    »Hélène, meine Liebe, du siehst umwerfend aus. Es ist lange her«, sagte Maggie herzlich.
    Nach einem kurzen Blick auf den Oberst küßte die Frau Maggie auf beide Wangen. »Ich bin froh, dich

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